Holzbrücke Rapperswil–Hurden (Rekonstruktion)

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Holzbrücke Rapperswil–Hurden
Holzbrücke Rapperswil–Hurden
Holzbrücke von 2001 mit Hurden im Vordergrund, Rapperswil im Hintergrund
Offizieller Name Holzsteg
Nutzung Schwabenweg
Querung von Zürichsee
Ort Rapperswil SG, Hurden
Konstruktion Jochbrücke
Gesamtlänge 841 m
Breite 2,4 m
Lichte Höhe 1,5 m
Baukosten 3'050'000 CHF
Baubeginn 9. August 2000
Eröffnung 6. April 2001
Lage
Koordinaten 704011 / 230868Koordinaten: 47° 13′ 14″ N, 8° 48′ 43″ O; CH1903: 704011 / 230868
Holzbrücke Rapperswil–Hurden (Rekonstruktion) (Stadt Rapperswil-Jona)
Höhe über dem Meeresspiegel 406 m ü. M.
Brückenverlauf von Rapperswil nach Hurden über den Obersee
Das Heilig Hüsli am ehemaligen historischen Brückenkopf in Rapperswil

Mit Holzsteg Rapperswil–Hurden wird die am 6. April 2001 eröffnete Rekonstruktion der historischen Holzbrücken zwischen Rapperswil und Hurden bezeichnet. Sie ermöglicht eine Fussgänger-Verbindung zwischen Rapperswil und Hurden auf dem Gebiet des oberen Zürichsees sowie die historische Wegführung des bei Jakobspilgern beliebten Schwabenwegs von Konstanz über den Etzelpass nach Einsiedeln.

Idee und Projektierung

Die gewaltige Zunahme des Verkehrsaufkommens auf dem Seedamm in den 1950er-Jahren bis zur Jahrtausendwende (23'830 Fahrzeuge täglich)[1] und die damit verbundenen Luft- und Lärmemissionen führten zu einer breiten Unterstützung eines neuen Projekts. Der direkt an der Schnellstrasse über den Seedamm führende, auch als Naherholungsgebiet beliebte Wanderweg, sollte in Anlehnung an die historische Wegführung des Schwabenwegs über die alte Holzbrücke, neu errichtet werden. In den frühen 1970er Jahren diskutierten der «Verkehrs- und Verschönerungsverein Rapperswil-Jona» (VVRJ) und der «Verband zum Schutz des Landschaftsbildes am Zürichsee» diese Idee. 1975 wurde ein Projektierungskredit von 10'000 Franken genehmigt, aber erst 1985 infolge anderer Prioritäten eine Projektstudie erstellt. Im August 1998 war die allen Beteiligten genehme Rechtsform eines Vereins gefunden.

Planung und Bau

Nun konnte die «Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Fussgänger-Holzsteg Rapperswil-Hurden» die definitiven Projektierungsvorgaben erstellen und organisierte die Mittelbeschaffung aus privaten Kreisen und in Zusammenarbeit mit den anliegenden Kantonen, Bezirken (See-Gaster und Höfe) sowie den Gemeinden Rapperswil-Jona und Freienbach. Die Planungs- und Baukosten von Fr. 3'050'000 wurden mehrheitlich durch Spenden finanziert. Für den Bau der neuen Holzbrücke übernahmen die Stadt Rapperswil und die Gemeinde Freienbach gemeinsam die Bauherrschaft und übertrugen sie einer Objektbaukommission. Im Frühjahr 2000 erteilten die für den Bau auf dem Gebiet des Obersees zuständigen Kantone St. Gallen und Schwyz die notwendigen Baubewilligungen.

Der Brückenschlag begann nach der Brutzeit von Fischen und Vögeln am 9. August 2000 mit der ersten Pfahlrammung durch ein Zürcher auf Holz- und Wasserbau spezialisiertes Privatunternehmen. Verbaut wurden 233 Pfähle mit 7 bis 16 Metern Länge, insgesamt 415 Kubikmeter Eichenholz, und 61 Tonnen Stahl. Mit wenigen Ausnahmen (Jochträger, Abschrankung, Verbindungsteile) besteht die Brücke aus unbehandeltem Eichenholz. Die lichte Höhe über dem Seepegel (406 m ü. M.) beträgt durchschnittlich 1,5 Meter; die Lebensdauer wird auf 50 bis 70 Jahre geschätzt.[2]

Ein Pilgersteg für den Schwabenweg

Am 6. April 2001 wurde die mit 841 Metern und einer Breite von 2,4 Metern längste neuzeitliche Holzbrücke der Schweiz eröffnet. Die Einweihung wurde durch Georg Holzherr vollzogen, den Abt des Klosters Einsiedeln. Wie in früheren Jahrhunderten wurde als erstes Lebewesen ein Geissbock über die Brücke gelassen. Die Brückenführung wurde dem eingangs erwähnten bronzezeitlichen Holzsteg und teilweise der historischen Wegführung (im Wesentlichen der Streckenführung von 1816) nachempfunden,[3] so dass der auch für Wanderungen beliebte Schwabenweg, von Konstanz über den Etzelpass nach Einsiedeln, in seiner frühesten Form begangen werden kann.

Im Mittelalter wurden hölzerne Brückenkapellen für die Pilger gestiftet: Das Heilig Hüsli hat die Jahrhunderte überdauert und wurde in die Linienführung der rekonstruierten Brücke einbezogen. Dieser historisch bedeutsame Überrest der alten Brücke steht unter Denkmalschutz und ist Eigentum der Ortsgemeinde Rapperswil-Jona. Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung 10 Jahre Holzsteg wurde eine Nachbildung der ursprünglichen Piéta in der Brückenkapelle von der Künstlerin Marlies Pekarek für den Innenraum der Kapelle gestaltet, eingeweiht und gesegnet am 7. April 2011, mit der Absicht, die Brückenkapelle ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückzuführen.[4]

Naturschutz und Naherholung

Die kleinen Inseln beim Heilig Hüsli in Rapperswil stehen seit 1979 unter Naturschutz: Das Schutzgebiet wurde mit dem Neubau auf die ganze westliche Seeoberfläche bis zum Dreiländerstein beim Seedamm, auf eine Gesamtfläche von rund einem Quadratkilometer, erweitert. Die mit Sträuchern, Bäumen und Schilf bewachsenen Inseln sind ein national bedeutendes Vogelbrutgebiet, zu dessen regelmässigen Bewohnern Haubentaucher, Höckerschwan, Stockente, Kolbenente, Reiherente, Eiderente, Blässhuhn, Lachmöwe, Schwarzkopfmöwe und Fluss-Seeschwalbe zählen. Auf der Kiesinsel zwischen Seedamm und Holzbrücke bildete sich seit 2001 eine Brutkolonie mit über 200 Paaren der Lachmöwe, bis zu 25 Paaren der Fluss-Seeschwalbe und bis zu vier Paaren der dort seltenen Schwarzkopfmöwe. Die Eiderente hat im Schutzgebiet das einzige regelmässige Brutvorkommen innerhalb Europas, die Schwarzkopfmöwe eines der wenigen in der Schweiz. Der Seedamm ist zudem eine Leitlinie im Vogelzug, dem insbesondere im Herbst Zugvögel vom Toggenburg her über die Höhenzüge folgen und die Halbinsel von Hurden respektive Lützelau und Ufenau auf ihrem Flug nach Süden überqueren.[5] Seit der Einweihung der rekonstruierten Brücke konnten keine auffälligen Veränderungen im Verhalten der Vögel und der Brutbestände beobachtet werden: «Die Gestaltung der Holzbrücke ist für Tiere und Menschen ideal».[6]

Die Rekonstruktion der historischen Brückenverbindung hat sich zu einer wichtigen lokalen und regionalen Attraktion entwickelt. In der Sommersaison 2002, nach der Neueröffnung, wurde sie von rund 115'000 Personen besucht, mehrheitlich Erholungssuchende aus der näheren Umgebung. Der Pilgersteg ist für viele ein attraktives Naherholungsgebiet, gleichzeitig auch ein beliebtes Ausflugsziel und hat positiv zur touristischen Entwicklung der Region beigetragen.[7]

Der Kanton St. Gallen klassifiziert die Brücke als Gemeindeweg 1. Klasse, im Kanton Schwyz wurde sie als Wanderweg in das kantonale Wanderwegnetz aufgenommen. Der Seeübergang ist Teil des Europäischen Fernwanderwegs E1 (Flensburg–Genua).[2]

Kulturgut von nationaler Bedeutung

Im Kontext mit der historischen Holzbrücke Rapperswil–Hurden sind der Seedamm, der Holzsteg sowie die prähistorischen und mittelalterlichen Brücken im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter von nationaler Bedeutung als Klasse-A-Objekte aufgeführt.[8]

Literatur

  • Jolanda Blum: Jakobswege durch die Schweiz. Ott Spezial Wanderführer, 7. Auflage. Verlag Ott, Thun 2007. ISBN 3-7225-0089-3
  • Arthur Krause: Europäischer Fernwanderweg E1. Kompass-Wanderführer. Kompass-Kt.-GmbH, Innsbruck 2007. ISBN 978-3-85491-707-6
  • Michael Turzynski: Auf dem E1 von Göteborg über Flensburg nach Genua. Book on Demand. BoD GmbH, Norderstedt 2007. ISBN 978-3-83349-275-4
  • Cornel Doswald: Brückenbau im historischen Kontext. Strasse und Verkehr Nr. 6, 2006.
  • Hans Rathgeb: Brücken über den See. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Fussgänger-Holzsteg Rapperswil-Hurden, Rapperswil 2001. ISBN 3-9522511-1-9
  • Dieter Trachsler: Pilgerwege der Schweiz: Jakobsweg; Schwabenweg: Konstanz – Einsiedeln, unter besonderer Berücksichtigung des Zürcher Oberlandes. Hrsg. Zürcher Wanderwegen (ZAW), 2. Auflage, Wetzikon 2000.

Weblinks

Commons: Holzsteg Rapperswil–Hurden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Tunnel-Skepsis ist nicht gewichen (Memento vom 2. Juni 2013 im Internet Archive), Website VCS, Ortsgruppe Linth
  2. a b Website Holzsteg Rapperswil, abgerufen am 24. Mai 2008
  3. 1816 erhielt die Seebrücke durch Ingenieur Hans Kaspar Stadler eine gerade Linienführung.
  4. Heilig Hüsli, auf ART-TV, abgerufen am 9. Februar 2012
  5. Informationstafel in Rapperswil
  6. Linth-Zeitung (5. April 2006): Positive Bilanz für den Holzsteg
  7. Silvia Stuppäck, Bernd Schubert, Karin Wolf: Die ökonomischen Auswirkungen des Holzsteges zwischen Hurden und Rapperswil. Schlussbericht zuhanden der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR), Forschungsstelle für Freizeit, Tourismus und Landschaft. Rapperswil im Mai 2003.
  8. KGS-Inventar: Kanton St. Gallen, A-Objekte. Abgerufen am 17. Januar 2020. (PDF; 249 kB)
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