Hotel Waldhaus (Sils)
Das Hotel Waldhaus ist ein historisches Hotel in Sils-Maria im Oberengadin in der Schweiz. Es ist eines der wenigen Fünfsternehäuser in der Schweiz, die seit der Eröffnung im gleichen Familienbesitz sind.[1]
Geschichte
Das Hotel Waldhaus in Sils-Maria wurde 1908 eröffnet. Es entstand im Auftrag des Hoteliers Josef Giger-Nigg und wurde vom jungen Architekten Karl Koller entworfen, der sich damals im Engadin gerade als Hotelarchitekt etabliert hatte. Sowohl in seiner äusseren Erscheinung als auch bei der Ausstattung zeigt sich im Waldhaus die Weiterentwicklung von der überschwänglichen Formensprache der Belle Époque zur schlichteren Ausprägung am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Das historische Waldhaus ist aussen und innen noch weitgehend im Originalzustand erhalten, inklusive des Mobiliars.[1] So steht noch heute das Welte-Mignon-Klavier im Musiksalon des Hotels, ein 1910 bei der Firma M. Welte & Söhne in Freiburg im Breisgau für 2100 Reichsmark erworbenes mechanisches Klavier, das mit Notenrollen gespielt wird.[2] Im Hotel Waldhaus befinden sich Gemälde der Malerin Clara Porges,[3][4] sowie Werke von Gottardo Segantini und des Fotografen Albert Steiner.
Zu den Gästen gehörten unter anderen Theodor W. Adorno, Thomas Bernhard, Joseph Beuys, Marion Gräfin Dönhoff,[5] Friedrich Dürrenmatt, Thomas Mann, Hermann Hesse, Fritz Stern und Luchino Visconti,[6] aber auch Gerhard Richter. Auch Emil Rathenau, Samuel Fischer (Verleger), Max Reinhardt, Albert Einstein, Otto Klemperer und Max Liebermann, alle mit jüdischen Familienhintergrund, weilten als Stammgäste im Waldhotel.[7]
Varia
200 Meter hinter dem Hotel im Wald steht die frühere «Villa Spitzer» («Villa Laret»), in der die junge Anne Frank 1935 und 1936 noch recht unbeschwerte Sommerferien bei ihrer wohlhabenden Pariser Tante Olga Spitzer verbrachte. An die Aufenthalte erinnert dort heute ein privat initiiertes Denkmal.[7]
1996 wurden hier Teile von Das Leben ist ein Spiel, dem fünfzigsten Film von Claude Chabrol, mit Isabelle Huppert, Michel Serrault und François Cluzet gedreht.[9]
Der Schweizer Theater-Regisseur Christoph Marthaler inszenierte 2008 das eigens dafür geschriebene Stück Das Theater mit dem Waldhaus im Hotel Waldhaus. Die Inszenierung wurde zum Berliner Theatertreffen 2009 eingeladen; Marthaler lehnte aber ab, weil das Stück nicht an einen anderen Ort übertragbar sei. Stattdessen wurde in Berlin eine filmische Dokumentation gezeigt.[10]
2013 fanden Dreharbeiten für den Film Die Wolken von Sils Maria von Olivier Assayas, mit Juliette Binoche, Kristen Stewart und Chloë Grace Moretz statt. Gedreht wurde unter anderem ein Nachmittagsteekonzert mit Musik von Georg Friedrich Händel. Das Hotel musste darauf achten, dass die Gäste nicht zu sehr gestört werden, weshalb die Dreharbeiten in die Nacht verlegt wurden.[11]
Der 2015 erschienene Roman Postskriptum von Alain Claude Sulzer spielt in den 1930er-Jahren im Hotel Waldhaus.[12] Der ebenfalls 2015 erschienene Roman Die Kur von Arno Camenisch spielt in einem Engadiner Fünf-Sterne-Hotel, das stark an das Hotel Waldhaus erinnert.[13]
MDR Figaro sendete am 30. Mai 2015 ein fast einstündiges Feature von Katrin Schumacher mit dem Titel Musikalische Stille – Von einem Philosophen, einem Hotel und der Musik am Ende der Welt, das auch das Hotel Waldhaus zum Thema hatte.[14][15]
Literatur
- Roland Flückiger-Seiler: Hotel Waldhaus Sils-Maria (= Schweizerische Kunstführer, Nr. 779/780, Serie 78). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2005, ISBN 978-3-85782-779-2.
- Zora del Buono: Waldhaus Sils. A family affair since 1908. Fotos von Stefan Pielow. Waldhaus, Sils-Maria 2008, ISBN 978-3-033-01546-3.
- Urs Kienberger: 111 Jahre Hotel Waldhaus Sils. Geschichte und Geschichten zu einem unvernünftigen Familientraum. Scheidegger & Spiess, Zürich 2019, ISBN 978-3-85881-634-4.
Weblinks
- Website des Hotels Waldhaus
- Hotel Waldhaus. In: Graubünden – Baukultur | Bauwerke. Kantonsbibliothek Graubünden, abgerufen am 17. Februar 2022 (Schweizer Hochdeutsch, Quelle: Kunstführer durch die Schweiz. Band 2. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Bern 2005).
Einzelnachweise
- ↑ Hochspringen nach: a b Roland Flückiger-Seiler: Hotel Waldhaus Sils-Maria. Schweizerische Kunstführer. GSK, ISBN 3-85782-779-3, S. 58.
- ↑ Roland Flückiger-Seiler: Hotel Waldhaus Sils-Maria. Schweizerische Kunstführer. GSK, ISBN 3-85782-779-3, S. 20
- ↑ Sergio Michels: Clara Porges – Die Malerin des Lichts. 1. Band. Michels Design Art Editions, Comano 2013.
- ↑ Sergio Michels: Clara Porges – Die Malerin des Lichts. 2. Band. Michels Design Art Editions, Comano 2015.
- ↑ Fritz Stern: Fünf Deutschland und ein Leben. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2009, ISBN 978-3-423-34561-3, S. 334, 358.
- ↑ Roland Flückiger-Seiler: Hotel Waldhaus Sils-Maria. Schweizerische Kunstführer GSK, ISBN 3-85782-779-3, S. 12.
- ↑ Hochspringen nach: a b Norman Ohler: Die Abgründe von Sils-Maria. In: Die Zeit. Nr. 52, 2014, S. 19 (zeit.de).
- ↑ Journal de Genève. 28. Mai 1908, letempsarchives.ch.
- ↑ A. T. Schaefer: Das Waldhaus. Verlag B. Kühlen, Mönchengladbach, ISBN 3-87448-192-1, S. 64.
- ↑ Berliner Festspiele: Das Theater mit dem Waldhaus.
- ↑ «Waldhaus Sils»: Der Filmstar unter den Hotels. G&G – Gesichter und Geschichten, SRF, 16. April 2021.
- ↑ Alain Claude Sulzer: Postskriptum. Roman - Perlentaucher. Abgerufen am 2. August 2022.
- ↑ Valerio Gerstlauer: Literatur - Szenen einer Ehe: Arno Camenisch erzählt von einer notorischen Nervensäge. Aargauer Zeitung, 27. August 2015, abgerufen am 2. August 2022.
- ↑ Informationen zur Sendung – mit Online-Nachhörmöglichkeit (Podcast)
- ↑ Manuskript zur Sendung (PDF)
Koordinaten: 46° 25′ 42″ N, 9° 45′ 40,5″ O; CH1903: 778506 / 144529