IRIS (Bahnstandard)

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Mit dem Regelwerk IRIS (International Railway Industry Standard) hat die Union des Industries Ferroviaires Européennes (UNIFE) mit Sitz in Brüssel in enger Zusammenarbeit mit den führenden Bahnsystemherstellern eine international geltende Anforderung an die Qualitätsmanagementsysteme von Bahnherstellern und insbesondere deren Zulieferer von Ausrüstungskomponenten sowie an Engineering-Dienstleister – die auch eigene Zertifikate erhalten können – erarbeitet. IRIS setzt auf den Forderungen der ISO 9001 auf und enthält zusätzliche bahnspezifische Forderungen.

IRIS 00 wurde im März 2006 veröffentlicht, am 1. November 2007 erschien die Revision 01, die seit Januar 2008 die Zertifizierungsgrundlage bildete. Mit der Ergänzung (Addendum) vom 19. Juni 2008 werden auch Anforderungen an die Instandhaltung von Schienenfahrzeugen und Signaltechnik darin einbezogen. Am 18. Juni 2009 wurde die Revision 02 auf der Grundlage der ISO 9001:2008 veröffentlicht. In einer Übergangszeit bis 31. Dezember 2009 konnte auf der Grundlage der Rev. 01 oder 02 zertifiziert werden, ab 2010 kam nur noch die Rev. 02 zur Anwendung. Bestehende Zertifikate nach IRIS 01 blieben jedoch drei Jahre gültig.

Das IRIS-Regelwerk der Rev. 02 – im Verlauf ergänzt durch Corrigendums und Advisories, erschienen als Rev. 02.1 – führt die Unternehmensprozesse vom QMS (Qualitätsmanagementsystem) hin zum BMS (Businessmanagementsystem) und fordert umfangreiche Dokumentation: 16 Verfahren und 25 Prozesse müssen im angemessenen Umfang festgelegt und dokumentiert werden. Besonders hervorzuheben sind Prozesse wie „Projektmanagement“, „Konfigurationsmanagement“ und „Obsoleszenz­management“. Das Regelwerk legt 20 Geltungsbereiche (Scopes of Certification) fest, die den Lieferanten für die jeweilige Produktgruppe zugeordnet werden. Das Zertifizierungsaudit wird auf der Grundlage eines umfangreichen Anforderungskataloges durchgeführt, der von den Unternehmen auch für die Durchführung der internen Audits verwendet werden kann.

Das Ergebnis der Zertifizierung oder des internen Audits wird anhand eines Erfüllungsgrades gemessen. So können die Systemverbesserungen in den Folgejahren durch die Erhöhung des Erfüllungsgrades aufgezeigt werden. Nach der Zertifizierung sowie durch die Aufnahme in das UNIFE-Lieferantenportal stellen sich die Lieferanten ihren potenziellen Kunden in der Bahnindustrie auf der UNIFE-Website vor. Die Hersteller von Bahnsystemen verlangten bis 2009 die Zertifizierung nach IRIS von ihren A-Lieferanten.

Die Anforderungen von IRIS Rev. 02.1 basierten auf der ISO 9001:2008, die nach Veröffentlichung der ISO 9001:2015 mit dreijähriger Übergangsfrist am 15. September 2018 ungültig wurde. Zertifizierungen nach altem Standard konnten prinzipiell weiterhin durchgeführt werden, das Zertifikat galt dann jedoch nur eine verkürzte Zeit bis zum 14. September 2018.

Ein neuer IRIS-Standard auf der Grundlage von ISO 9001:2015 mit der neuen High Level Structure wurde im Mai 2017 als ISO/TS 22163 veröffentlicht. Ein umfangreicher Anforderungskatalog muss – wie bisher – im Ablauf eines Audits im geforderten Umfang erfüllt werden. Ein Transition Audit von IRIS Rev. 02.1 auf Rev.03 bzw. auf ISO/TS 22163 musste bis zum 14. September 2018 erfolgreich durchgeführt worden sein, um die IRIS-Zertifizierung aufrechtzuerhalten.

Für Unternehmen, die gültige Zertifikate nach ISO 9001:2015, AS 9100:2016 oder IATF 16949:2016 besitzen und ein Upgrade auf ISO/TS 22163 beabsichtigen, darf der Aufwand des Zertifizierungsaudits (Initial Audit) reduziert werden, wenn die Zertifizierungsgesellschaft aller dieser Zertifizierungen dieselbe ist. Die Zertifizierungsaudits der Rev.03 werden nach den IRIS Certification Rules 03:2017 von Auditoren akkreditierter Zertifizierungsgesellschaften wie z. B. Bureau Veritas, DQS, TÜV, SGS oder DEKRA durchgeführt. Auditoren müssen vom IRIS Management Centre qualifiziert und examiniert sein.

Sollte ein Unternehmen sowohl für die Bahnhersteller als auch für die Automobil- oder Luftfahrtindustrie Serienprodukte liefern wollen, wird neben der jeweiligen Zertifizierung eine organisatorische Trennung der Produktionsbereiche nicht zu vermeiden sein.

Weltweit sind 2130 Unternehmen nach ISO/TS 22163 (IRIS Rev.03) zertifiziert (Stand 12/2020).

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