IUCN-Kategorie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das

IUCN Protected Areas Categories System

ist ein System der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN), in das sämtliche Schutzgebiete der Erde nach Schutzziel, Schutzmaßnahmen und dem Gebietsmanagement kategorisiert sind (IUCN-Kategorie). Das IUCN-System ist die internationale Referenz für die vielfältigen nationalen Klassifizierungen von Schutzgebieten.[1]

IUCN-Kategorien gibt es nicht nur für Schutzgebiete, sondern es gibt außerdem das Kategoriensystem der IUCN für die Rote Liste gefährdeter Arten und andere Rote Listen. Diese werden hier nicht behandelt, siehe dazu im Artikel Gefährdungskategorie (Naturschutz)

Geschichte

Die 1948 gegründete IUCN (International Union for Conservation of Nature) verfolgt neben dem übergeordneten Ziel, die Natur zu schützen, auch das Anliegen, einheitliche Kriterien für die Bewertung, die Entwicklung und den Schutz von Ökosystemen zu schaffen. Die Schweizer Nichtregierungsorganisation veranstaltete 1933 eine internationale Konferenz zum Schutz von Fauna und Flora in London. Dort wurden vier Kategorien von Schutzgebieten definiert. 1942 folgte ein weiterer Versuch Naturschutzgebiete einer gewissen Normierung zu unterwerfen. In der Folgezeit richtete die IUCN eine WCPA (World Commission on Protected Areas) ein. Diese stellte 1962 auf der ersten Weltkonferenz über Nationalparks in Seattle Richtlinien für die Einrichtung von Nationalparks und anderen, vergleichbaren Schutzgebieten vor.

In der Folgezeit wurden die Kriterien und Muster von verschiedenen Schutzgebietskategorien immer weiter entwickelt. So entstanden aus zunächst 4 Kategorien 6, später 10. Das heutige System wurde 1978 eingeführt und 1994 überarbeitet. Heute sind wieder 6 Kategorien maßgeblich. Das System findet inzwischen auch bei der Erstellung der UN List of Protected Areas durch das UNEP World Conservation Monitoring Centre Anwendung. Es ist auch weltweit verbreitet in der Planung und dem Design des Schutzzieles neuer Gebiete in Verwendung, wie auch in der Gestaltung rechtlicher Schutzklassen.

IUCN-Kategorien für die Schutzgebiete

IUCN Protected Area Categories System:[2]

  • Kategorie Ia / Ib:
    Strict Nature Reserve / Wilderness Area
    ()
    Schutzgebiet, das hauptsächlich für Zwecke der Forschung oder zum Schutz großer, unbeeinflusster Wildnisareale verwaltet wird
  • Kategorie II:
    National Park
    ()
    Schutzgebiet, das hauptsächlich zum Schutz von Ökosystemen und zu Erholungszwecken verwaltet wird
  • Kategorie III:
    Natural Monument or Feature
    ()
    Schutzgebiet, das hauptsächlich zum Schutz einer besonderen Naturerscheinung verwaltet wird
  • Kategorie IV:
    Habitat/Species Management Area
    ()
    Schutzgebiet, für dessen Management gezielte Eingriffe erfolgen
  • Kategorie V:
    Protected Landscape/Seascape
    ()
    Gebiet, dessen Management hauptsächlich auf den Schutz einer Landschaft oder eines marinen Gebietes ausgerichtet ist und der Erholung dient
  • Kategorie VI:
    Protected area with sustainable use of natural resources
    ()
    Gebiet, dessen Management der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ökosysteme und Lebensräume dient

Prinzip des Kategoriensystems

Das System stellt keine Hierarchie dar, sondern klassifiziert das Gebiet nach seinem Schutzzielen und des Managements, also der im Schutzgebiet getroffenen Maßnahmen und Verbote.[3] In der Praxis stellt sich aber eine grobe Korrelation zwischen Naturnähe und IUCN-Kategorie ein.[4]

Die letzteren beiden Klassen entsprechen nicht mehr dem Naturschutzgedanken im klassischen Sinne (Wildnisgedanke), sondern einem moderneren Biosphärengedanken, also Gebieten, in denen Ressourcenschonung als Habitat des Menschen zusammen mit der „restlichen“ Natur im Vordergrund steht. Hier werden insbesondere anthropogen geprägte Landschaften als Ökosystem einbezogen, die als Kulturlandschaften umrissen sind.[3] Außerdem fallen darunter Schutzgebiete, die im deutschsprachigen Raum unter Umweltschutz fallen (Schutz der Natur mit der Intention, Interessen des Menschen zu wahren), und ähnliche Schutzgebiete. Diese Trennung ist mit der zeitgenössischen Erkenntnis, dass Naturwerte, etwa die Erholungsfunktion, ebenfalls grundlegendes Interesse des Menschen darstellen, hinfällig geworden.

Die Klasse II (

National Park

) sorgt international für gewisse Verwirrung, sie entstammt dem US-amerikanischen Nationalpark-Konzept, trifft aber keinerlei Aussagen über den „nationalen“ Charakter eines Schutzgebiets:[5] Daher sind in vielen Ländern die Nationalparks – als Schutzgebiete nationaler Bedeutung – nicht in Kategorie II klassierbar. Typisches Beispiel ist der Schweizer Nationalpark, der nach IUCN Ia als Strenges Naturreservat klassiert ist.

Bestand

Die WDPA-Datenbank, die online-Version der UN List of Protected Areas, gibt folgende Zahlen (Stand Mitte 2014, Zahlen gerundet, mit Prozent des Gesamtbestandes).[6]

Anzahl %
Ia 10000 5
Ib 2900 1
II 5200 2
III 23600 11
IV 55300 26
V 28300 13
VI 8100 4
210100 100

Die Zahlen zeigen, dass klassische Naturschutzgebiete (IV) 14 aller Schutzgebiete weltweit ausmachen, immerhin 6 % strenge Schutzgebiete (Reservate, Ia und Ib) sind, und 16 aller Gebiete (II und V) zu Erholungszwecken vorgesehen ist.

Die geringe Zahl der Ressourcenschutzgebiete (VI) liegt daran, dass die Klasse zum einen jüngeren Datums ist, und zum anderen raumplanerische Gebiete und wirtschaftliches Interesse (wie Trinkwasserschongebiete, Laichzonen für Speisefisch, Hege-, Paarungs- und Brutschutz von Jagdwild, Lawinenschutzwälder und Überflutungszonen, oder urbane Grüngürtel) Mitte der 2010er noch nicht erfasst wurden.

Anmerkung: Die Datenbank ist bezüglich der IUCN-Einstufung recht lückenhaft, da sie auf Meldungen nationaler Naturschutzbehörden beruht, die teils (noch) keine Kategorie enthalten, manche Staaten fehlen gänzlich, und es gibt zahlreiche Klassen, die sich per se nicht in IUCN-Kategorien fassen lassen (etwa Natura-2000-Gebiete):
Not Reported: 47500; Not Applicable: 29300, zusammen 37 % (ebenfalls Stand Mitte 2014)

Literatur

Weblinks

Commons: Schutzgebiete der IUCN – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. IUCN Category II - National Park definition| Biodiversity A-Z. Abgerufen am 24. September 2020.
  2. IUCN Protected Area Categories System. IUCN.org (zuletzt abgerufen am 10. Februar 2013) – dort der englische Originaltext.
  3. a b European Environment Agency (Hrsg.): Protected areas in Europe – an overview. EEA Report No 5/2012. 2012, ISBN 978-92-9213-329-0, ISSN 1725-9177, 4.1.3 The IUCN categories for types of protected area management, S. 54 ff., insb. 55, Sp. 1 u. 2, doi:10.2800/55955 (pdf, eea.europa.eu).
  4. In Estland beispielsweise stellt aber die Kategorie VI eine wesentliche strengere Schutzklasse dar als Kategorie II. Das liegt darin, dass der Fokus des estnischen Naturschutzrechts – dem europäischen Natura-2000-Gedanken folgend – auf Wiederherstellung der Biodiversität liegt, während die Nationalparks reine Erholungsgebiete im Sinne eines Naturparks sind. Angabe nach Protected areas in Europe. EEA Report. 2012, S. 55, Sp. 1.
  5. European Environment Agency (Hrsg.): Protected areas in Europe – an overview. EEA Report No 5/2012. 2012, ISBN 978-92-9213-329-0, ISSN 1725-9177, 4.1.3 The IUCN categories for types of protected area management, S. 55, Sp. 1 u. 2, doi:10.2800/55955 (pdf, eea.europa.eu).
  6. protectedplanet.net: Suche, abgerufen am 7. Mai 2014.