Fraktion Identität und Demokratie

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Fraktion Identität und Demokratie
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Offizielle Abkürzung ID
Mitglieder
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Fraktions­vorsitzender ItalienItalien Marco Zanni
Gründung 12. Juni 2019
Vorgänger Europa der Nationen und der Freiheit
Aus­richtung EU-Skepsis
Nationalkonservatismus
Rechtspopulismus
Nationalismus
Rechtsextremismus
Europaparteien ID-Partei
Website idgroup.eu

Identität und Demokratie (ID) ist eine Fraktion rechtspopulistischer, nationalistischer und rechtsextremer[1][2] Parteien in der neunten Wahlperiode des Europäischen Parlaments (2019–2024). Sie wurde nach der Europawahl 2019 als Nachfolgerin der seit 2015 bestehenden Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) gegründet. Mit derzeit Mitgliedern ist sie die fünftgrößte Fraktion des Parlaments (Stand: 20. Februar 2022[3]).

Vorsitzender der Fraktion, deren Mitglieder aus neun Parteien stammen, ist Marco Zanni von der italienischen Lega. Stellvertreter sind Jordan Bardella (RN) und Gunnar Beck (AfD).[4]

Die größten Landesgruppen der Fraktion sind aus Italien (24 Abgeordnete) und Frankreich (21 Abgeordnete). Aus dem deutschsprachigen Raum sind die AfD mit neun Abgeordneten und die FPÖ mit drei Mitgliedern vertreten.

Geschichte

Vorgeschichte

Geschichte der extrem rechten Fraktionen im Europaparlament
Zeitraum Fraktion Wichtigste Parteien
1984–1989 Fraktion der Europäischen Rechten FN, MSI
1989–1994 Technische Fraktion der Europäischen Rechten FN, REP
2007 Identität, Tradition, Souveränität FN, PRM
2015–2019 Europa der Nationen und der Freiheit FN/RN
seit 2019 Identität und Demokratie Lega, RN, AfD

Auf Einladung des damaligen italienischen Innenministers Matteo Salvini (Lega) trafen sich am 8. April 2019 in Mailand Jörg Meuthen als Vertreter der deutschen AfD, Olli Kotro als Vertreter der Partei Perussuomalaiset (Die Finnen, PS) und Anders Vistisen von der Dänischen Volkspartei (DF).[5] Dort wurde die Gründung einer neuen Fraktion unter dem Namen European Alliance of People and Nations (Europäische Allianz der Menschen und Nationen), später dann European Alliance of Peoples and Nations (Europäische Allianz der Völker und Nationen), angekündigt.[6][7] In den folgenden Tagen kündigten die weiteren Parteien der bisherigen ENF-Fraktion ihre Beteiligung an der neuen Fraktion an.[8] Noch vor der Europawahl 2019 kündigten die slowakische Partei Sme rodina und die estnische EKRE an, sich der Fraktion anzuschließen. Da die Gruppierung eine Verwechslung mit dem European Anti Poverty Network EAPN (Europäisches Armutsnetzwerk) befürchtete, wurde frühzeitig eine Namensänderung angekündigt.[9]

Erklärtes Ziel der Beteiligten war die Gründung einer großen Fraktion aller rechten und nationalistischen Kräfte des Europaparlaments. Ziel waren über 150 Mitglieder in der Fraktion.[10] Insbesondere die polnische PiS (EKR-Fraktion) und die ungarische Fidesz (EVP-Fraktion) wurden von Salvini, Le Pen und Meuthen als potentielle Mitglieder der Fraktion genannt.[11][12] Beide verblieben nach der Wahl jedoch in ihren Fraktionen.

Gründung der Fraktion

Einige der angekündigten Beteiligten verpassten den Einzug ins Parlament: Sme Rodina und die Slovenska Nacionalna Stranka sowie die niederländische Partij voor de Vrijheid (PVV) (konnte jedoch einen Abgeordneten stellen, sobald das Vereinigte Königreich aus der EU ausgetreten war). Weitere Parteien lehnten den Beitritt zur ID ab, so Nigel Farages Brexit Party, deren Abgeordnete fraktionslos blieben, und die spanische Vox, die sich der EKR-Fraktion anschloss. Dieser Fraktion traten auch die Abgeordneten der Schwedendemokraten und des niederländischen Forum voor Democratie bei.[10]

Am 12. Juni 2019 wurde die Fraktion mit 73 Mitgliedern gegründet. Sie bestand schlussendlich nur aus den Abgeordneten der europäischen Partei „Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit“ und den drei im April angekündigten Parteien: AfD, DF und PS. Marco Zanni wurde zum Vorsitzenden gewählt.[13] Einen Tag später wurde die Fraktion unter dem neuen Namen „Identität und Demokratie“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Anfang Juli benannte sich die „Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit“ ebenfalls in Identität und Demokratie (ID-Partei) um.

Abgeordneten der ID bei Konstituierung nach vorheriger Fraktion
Alte Fraktion Europapartei Abgeordnete neu Nationale Parteien
Europa der Nationen und der Freiheit MENL 56
  • Vlaams Belang
  • Rassemblement National
  • Lega
  • Freiheitliche Partei Österreichs
Europäische Konservative und Reformer 03
  • Dänische Volkspartei
  • Perussuomalaiset
Europa der Freiheit und der direkten Demokratie 11
  • Alternative für Deutschland
neu im Parlament MENL 03
  • Estnische Konservative Volkspartei
  • Svoboda a přímá demokracie

Während der Legislatur

Datei:Identity and Democracy 2020 European MEPs.svg
Länder mit Abgeordneten
in der ID-Fraktion

Die ID war anfangs fünftgrößte Fraktion des EU-Parlaments. Nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU und damit der britischen Abgeordneten aus dem EU-Parlament am 1. Februar 2020 überholte die Fraktion die Grünen/EFA – die ID hatte selbst keine britischen Abgeordneten, vielmehr erhielt die niederländische PVV einen der zusätzlichen geschaffenen Sitze, der PVV-Abgeordnete schloss sich der ID an. Im Laufe der Wahlperiode traten einige Abgeordnete aus der ID-Fraktion und jeweils auch aus ihrer nationalen Partei aus, siehe Mitgliederliste. Unter anderem verlor die Lega fünf Abgeordnete an die Forza Italia und die Fratelli d’Italia (FdI). Dadurch rutschte die ID wieder hinter die Grüne/EFA.

Nach dem Austritt der Europaabgeordneten der ungarischen Fidesz aus der EVP-Fraktion gab es Bestrebungen für eine neue rechtsgerichtete Fraktion im Europäischen Parlament mit Fidesz, der Lega und der polnischen Partei PiS (bisher EKR-Fraktion).[14]

Vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich (April 2022) wechselten vier Abgeordnete der Partei RN zur Partei von Éric Zemmour und verließen die Fraktion.[15] Im Februar wurde Nicolaus Fest zum neuen Delegationsleiter der AfD-Gruppe gewählt. Der Vize-Vorsitzende der Fraktion Jörg Meuthen verließ daraufhin aus Protest die Fraktion – Fest hatte den Tod des damaligen Parlamentspräsidenten David Sassoli mit dem Satz „Endlich ist dieses Dreckschwein weg“ kommentiert.[16]

Programmatik

Die ID will den Einfluss „Brüssels“ in der EU deutlich zurückdrängen, die Mitgliedstaaten sollen wieder mehr Kompetenzen erhalten. Sie wollen die Union an „Haupt und Gliedern reformieren, aber nicht zerstören“, sagte Meuthen. Zudem solle der Kontinent zur „Festung“ ausgebaut werden, es müsse einen „machtvollen Schutz der Außengrenzen“ geben. Man sei sich außerdem einig, dass eine „Islamisierung“ drohe und bekämpft werden müsse.

Beim Gründungstreffen sagte Salvini, dass ihm auch bei unterschiedlicher Haltung der Parteien eine „nationalistische Internationale“ vorschwebt. Der AfD-Abgeordnete Jörg Meuthen sagte nach der offiziellen Fraktionsgründung im Juni 2019: „Wir sind hierher gekommen, um Stachel im Fleisch der Eurokraten zu sein. […] Uns schwebt ein Europa der Vaterländer vor, in dem nationale, regionale und kulturelle Eigenheiten geachtet und verteidigt werden“.[17]

Mitglieder

Folgende Tabelle enthält die Abgeordneten der Fraktion nach nationaler Partei:

Land Partei Abgeordnete
National Europapartei Anzahl Mitglieder
BelgienBelgien Belgien Vlaams Belang (VB, Flämische Interessen) ID
3/21
Gerolf Annemans, Filip De Man, Tom Vandendriessche
DanemarkDänemark Dänemark Dansk Folkeparti (DF, Dänische Volkspartei)
1/14
Peter Kofod
Deutschland Deutschland Alternative für Deutschland (AfD)
9/96
Christine Anderson, Gunnar Beck, Markus Buchheit, Nicolaus Fest, Maximilian Krah, Joachim Kuhs, Sylvia Limmer, Guido Reil, Bernhard Zimniok, Lars Patrick Berg (bis 11. Mai 2021), Jörg Meuthen (bis 13. Februar 2022)
EstlandEstland Estland Eesti Konservatiivne Rahvaerakond (EKRE, Estnische Konservative Volkspartei) ID
1/7
Jaak Madison
FinnlandFinnland Finnland Perussuomalaiset (PS, Wahre Finnen)
2/14
Teuvo Hakkarainen, Laura Huhtasaari
FrankreichFrankreich Frankreich Rassemblement National (RN, Nationale Sammlung) ID
16/79
Mathilde Androuët, Jordan Bardella, Nicolas Bay (bis 15. Februar 2022), Aurélia Beigneux, Dominique Bilde, Annika Bruna, Gilbert Collard (bis 24. Januar 2022), Catherine Griset, Jean-François Jalkh, France Jamet, Virginie Joron, Hélène Laporte (bis 28. Juli 2022), Gilles Lebreton, Julie Lechanteux (bis 28. Juli 2022), Joëlle Mélin (bis 28. Juli 2022), Philippe Olivier, Maxette Pirbakas (bis 1. Februar 2022), Jérôme Rivière (bis 24. Januar 2022), André Rougé, Jean-Lin Lacapelle (seit 1. Februar 2020), Patricia Chagnon (seit 29. Juli 2022), Marie Dauchy (seit 29. Juli 2022), Eric Minardi (seit 29. Juli 2022)
Unabhängige ID*
3/79
Jean-Paul Garraud, Hervé Juvin, Thierry Mariani
Italien Italien Lega ID
24/76
Matteo Adinolfi, Simona Baldassarre, Alessandra Basso, Mara Bizzotto, Anna Bonfrisco, Paolo Borchia, Marco Campomenosi, Andrea Caroppo (bis 6. Oktober 2020),[18] Massimo Casanova, Susanna Ceccardi, Angelo Ciocca, Rosanna Conte, Gianantonio Da Re, Francesca Donato (bis 5. Oktober 2021), Marco Dreosto, Gianna Gancia, Valentino Grant, Danilo Oscar Lancini, Elena Lizzi, Alessandro Panza, Luisa Regimenti (bis 20. Juni 2021), Antonio Maria Rinaldi, Silvia Sardone, Annalisa Tardino, Isabella Tovaglieri, Lucia Vuolo (bis 3. Juni 2021), Stefania Zambelli, Marco Zanni, Vincenzo Sofo (1. Februar 2020 bis 22. Februar 2021)
Niederlande Niederlande Partij voor de Vrijheid (PVV, Partei für die Freiheit)
0/29
Marcel de Graaff (1. Februar 2020 bis 20. Januar 2022)
Forum voor Democratie (FvD, Forum für Demokratie)
1/29
Marcel de Graaff (seit 20. Januar 2022)
OsterreichÖsterreich Österreich Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ID
3/19
Roman Haider, Georg Mayer, Harald Vilimsky
TschechienTschechien Tschechien Svoboda a přímá demokracie (SPD, Freiheit und direkte Demokratie)[19] ID
2/21
Hynek Blaško, Ivan David
Summe
65/705
  • _ – Mitglieder der ID-Partei (52)
  • Weiß: Unabhängige Fraktionsmitglieder (13)
* Abgeordnete/r ist/sind direkt Mitglied der Europapartei

Einzelnachweise

  1. Christoph G. Schmutz: Marine Le Pen: «Wir sind keine Kinder». 13. Juni 2019, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 18. Juni 2019]).
  2. Michael Stabenow, Brüssel: Bündnis im EU-Parlament: Kampfansage der Rechtsfraktion. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 18. Juni 2019]).
  3. europarl.europa.eu
  4. https://de.idgroup.eu/about
  5. AfD und Lega bilden neue "patriotische" Fraktion. In: t-online.de. 8. April 2019, abgerufen am 17. Juni 2019.
  6. Salvini will mit rechtem Parteienbündnis Europawahl gewinnen. In: Welt.de. 8. April 2019, abgerufen am 17. Juni 2019.
  7. Matthias Rüb: Europas gesunder Menschenverstand. In: FAZ.net. 8. April 2019, abgerufen am 17. Juni 2019.
  8. FPÖ tritt Rechtspopulisten-Bündnis bei. In: n-tv.de. 9. April 2019, abgerufen am 17. Juni 2019.
  9. Justus Bender: Wegen „Verwechslungsgefahr“ Europäische Rechtspopulisten werden Namen wieder ändern. In: FAZ.net. 9. April 2019, abgerufen am 17. Juni 2019.
  10. a b Far-right alliance: is this what Salvini wanted? Abgerufen am 18. Juni 2019 (englisch).
  11. Le Pen courts Hungarian, Polish far right in bid for European Parliament alliance. 5. Mai 2019, abgerufen am 18. Juni 2019 (englisch).
  12. Shaun Walker: Matteo Salvini launches campaign to forge far-right alliance. In: The Guardian. 8. April 2019, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 18. Juni 2019]).
  13. Ben Bolz und Katharina Schiele: Rechte im EU-Parlament nur an fünfter Stelle. NDR, 14. Juni 2019, abgerufen am 17. Juni 2019.
  14. Diana Foidl: Ungarns Regierungschef Orbán: "Wir wollen Brüssel verändern". 6. Mai 2021, abgerufen am 22. Juni 2021.
  15. https://www.rnd.de/politik/vor-wahl-in-frankreich-rechtsextremer-zemmour-wirbt-le-pens-leute-ab-XZNNT6CXCFFRDDINGB7HMJBTOE.html
  16. Nach AfD-Austritt: Meuthen kehrt auch Fraktion im Europäischen Parlament den Rücken. Abgerufen am 21. Februar 2022 (deutsch).
  17. Michael Stabenow: Kampfansage der Rechtsfraktion. In: FAZ.net. 13. Juni 2019, abgerufen am 17. Juni 2019.
  18. Movers and Shakers | 9 October 2020. 9. Oktober 2020, abgerufen am 12. Oktober 2020 (englisch).
  19. Europe’s far-right touts ‘new European harmony’ in EU vote. In: euractiv.com. 26. April 2019, abgerufen am 17. Juni 2019 (englisch).