Iljitsch Eisen- und Stahlwerke Mariupol
Die Iljitsch Eisen- und Stahlwerke Mariupol (ukrainisch Маріупольський металургійний комбінат імені Ілліча, russisch Мариупольский металлургический комбинат имени Ильича, also deutsch Mariupoler Metallurgisches Kombinat namens Iljitsch) sind das zweitgrößte metallurgische Unternehmen in der Ukraine. Es befindet sich in der Stadt Mariupol. Das Unternehmen hatte vor dem russischen Überfall 2022 rund 14.000 Mitarbeiter.[1]
Geschichte
Am 19. April 1896 erhielten die Amerikaner Rothstein und Smith von der Russischen Regierung die Genehmigung, die Nikopol-Mariupol Bergbau und Metallurgische Gesellschaft zu gründen, die 1897 die Eisen- und Stahlwerke in Mariupol zur Produktion von Röhren errichtete. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden diese ausgebaut und in ein großes Hüttenunternehmen umgewandelt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und des Russischen Bürgerkriegs errichtete das Unternehmen eine Maschinenfabrik. In den 1920er Jahren wurde das Unternehmen vom Sovnarkom enteignet und mit dem Namen des Revolutionsführers Wladimir Iljitsch Lenin versehen. Die Produktionskapazitäten wurden um neue Fertigungslinien für Röhren, Stahlbleche, Beschichtungen und andere Erzeugnisse erweitert. Noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs 1941 stellten die Werke auf die Herstellung von Rüstungsgütern um und fertigten Stahlplatten für den Panzer T-34. Während des Krieges wurden die wertvollsten Maschinen und Anlagen in Werke im Ural und in Sibirien verlegt und die Hochöfen heruntergefahren.[2][3]
Im Rahmen des deutschen Iwan-Programmes (1942–1943) wurde die Fabrik ab 1942 zur Munitionsherstellung (Granaten) genutzt. Während dieser Zeit war das Unternehmen unter dem Namen „Elbewerk“ in den deutschen Konzern Dnjepr Stahl integriert.
Nach 1954 wurde massiv in neue Anlagen investiert und die rekonstruierten Hochöfen um drei neue und ein Siemens-Martin Stahlwerk mit der weltweit größten Anzahl von Öfen erweitert. Ferner wurden ein Sauerstoffkonverter, eine Druckgussanlage, Warm- und Kaltwalzwerke und Weiterverarbeitungskapazitäten errichtet. Seit 1983 wurden Großrohre gefertigt (seit 2010 elektrisch geschweißt). Ein Kalkbrennofen, zwei Gießanlagen und ein Presswerk kamen hinzu.
Im November 2000 verabschiedete das Ukrainische Parlament das Gesetz zur Privatisierung des Unternehmens, wonach die Belegschaft Eigentümerin wurde. Im Jahr 2008 beschloss man aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten, der Metinvest Holding beizutreten.[3] 2016 wurde der Firmenname dem Wissenschaftler Sot Iljitsch Nekrassow gewidmet, da gesetzliche Vorgaben die Beseitigung kommunistischer Namen forderten, man aber die Kosten einer Umbenennung und die Änderung des auf dem Weltmarkt etablierten Namens vermeiden wollte.[4] In den Jahren 2014 bis 2020 wurde die Sinteranlage modernisiert, danach drei der vier Hochöfen.[5]
Während der Belagerung von Mariupol im Frühjahr 2022 stellte das Werk den Betrieb ein.[6] Bereits in den ersten Kriegstagen hatte man alles so eingerichtet, dass Umweltschäden vermieden werden sollten, die Produktion aber auch schnell wieder aufgenommen werden könnte. Die Luftschutzbunker wurden für die Einwohner von Mariupol geöffnet. Arbeiter, die die Stadt verlassen konnten, wurden – soweit möglich – in anderen Werken der Metinvest, etwa in Saporischschja, untergebracht. Es kam zu Beschädigungen durch Beschuss, die aber zunächst nicht genauer eingeschätzt werden konnten.[7][8] Am 15. April vermeldete das russische Verteidigungsministerium die Eroberung durch russische und prorussische Einheiten.[9][10]
Produktion
Die Werke produzieren warmgewalzten und kaltgewalzten Stahl mit breitem Sortiment, auch für den Schiffsbau, die Ölpipelinefertigung, die Bohrgasleitungsfertigung und den Wasserleitungsbau. Das Unternehmen ist das einzige der Ukraine, das verzinkten Stahl und Flüssiggastanks produziert.
Geschäftsführer/CEO
- Nikolai Radin war von 1931 bis 1938 Direktor.
- Alexander Gomich Garmashev war von 1938 bis 1941 und von 1943 bis 1949 Direktor.
- Nikolai Gavrilenko war von 1949 bis 1957 Direktor.
- Valentin Kozachenko war von 1958 bis 1959 Direktor.
- Ivan Shalamov – Direktor von 1958 bis 1962.
- Aleksandr Jigula – Direktor von 1962 bis 1963.
- Wjatscheslaw Kulikow, Direktor von 1963 bis 1969.
- Juri Wolkow war von 1969 bis 1973 Direktor.
- Stanislav Pliskanovsky war von 1973 bis 1980 Direktor.
- Victor Beznos – Direktor von 1980 bis 1982.
- Nikolai Gurov war von 1982 bis 1990 Direktor.
- Vladimir Boyko – CEO von 1990 bis 2012.
- Jurij Sintschenko war CEO von 2012 bis 2017.
- Taras Schewtschenko ist seit 2017 CEO.
Weblinks
- Unternehmenswebsite (Web-Archive, da aktuell offline)
Einzelnachweise
- ↑ Ilyich Iron and Steel Works of Mariupol. In: gmk.center. Abgerufen am 8. Mai 2022 (englisch, 14.032).
- ↑ Iljitsch Werke: Geschichte. Abgerufen am 27. April 2022.
- ↑ a b ММК ИМЕНИ ИЛЬИЧА – 120 ЛЕТ. In: mariupolskoe.tv. 17. Februar 2017, abgerufen am 29. Juni 2022 (russisch, Artikel zum 120. Jubiläum der Firma).
- ↑ Мариупольский комбинат им. Ильича переименуют в честь другого Ильича (ДОКУМЕНТ). In: 0629.com.ua. 14. April 2016, abgerufen am 8. Mai 2022 (ukrainisch, das Werk hieß somit weiterhin Iljitsch, nur nicht mehr nach Lenin, sondern nun nach dem Metallurgen Nekrassow).
- ↑ Марина Балиоз: Оккупанты уничтожают предприятия Мариуполя из ненависти к людям – Тарас Шевченко. In: mrpl.city. 2. Mai 2022, abgerufen am 8. Mai 2022 (russisch).
- ↑ „Азовсталь“ и „ММК им. Ильича“ не будут работать под оккупацией в Мариуполе, — Ахметов. In: focus.ua. 23. März 2022, abgerufen am 8. Mai 2022 (russisch, „wegen der Invasion und des Beschusses von Mariupol vorübergehend geschlossen“).
- ↑ Марина Балиоз: ММК им. Ильича в Мариуполе заработает после победы Украины, не смотря на все повреждения – Тарас Шевченко. In: mrpl.city. 5. April 2022, abgerufen am 8. Mai 2022 (russisch).
- ↑ Марина Балиоз: Метинвест запускает работу завода в Запорожье после консервации. In: mrpl.city. 31. März 2022, abgerufen am 8. Mai 2022 (russisch).
- ↑ Мариупольский металлургический комбинат имени Ильича перешел под контроль ДНР. In: novorosinform.org. 15. April 2022, abgerufen am 8. Mai 2022 (russisch).
- ↑ Russian and DPR troops inspect Ilyich Iron and Steel Works plant in Mariupol, Ukraine. In: Zabby. YouTube, 22. April 2022, abgerufen am 8. Mai 2022 (englisch, russische Luftaufnahmen des Areals zeigen zerstörte Dächer).
Koordinaten: 47° 8′ 51″ N, 37° 34′ 33″ O,