Ines Doleschal
Ines Doleschal (* 1972 in Waiblingen) ist eine deutsche Bildende Künstlerin und freie Kuratorin. Sie setzt sich aktiv für mehr Sichtbarkeit und Repräsentanz von Künstlerinnen ein.
Leben
Ines Doleschal begann 1992 ihr Studium der Kunstgeschichte und Anglistik an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Nach einjährigem Studienaufenthalt in London am Goldsmiths’ College studierte sie ab 1996 Malerei und Kunsterziehung an der Kunstakademie Münster sowie Englisch an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.[1] Nach dem Staatsexamen absolvierte sie von 2001 bis 2004 den Weiterbildenden Masterstudiengang Art in Context[2] an der Universität der Künste Berlin. Sie ist seit 2019 Mitglied im Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 e.V.[3]. 2018 war sie Mitiniatorin des Netzwerks kunst+kind, das sich für mehr Vereinbarkeit von Beruf und Care-Arbeit im Kunstbetrieb engagiert.[4] Mit Rachel Kohn gründete sie 2020[5] die Initiative fair share!, ein Zusammenschluss von Künstlerinnen, die sich mit Aktionen für mehr Sichtbarkeit von Künstlerinnen, auch vergessenen historischen, einsetzt.[6] Am Weltfrauentag 2021 zum Beispiel besetzte fair share! mit 49 Frauen die Piazzetta vor der Berliner Gemäldegalerie und las die Namen von 500 Künstlerinnen vor[7], oder im Juli 2021 richtete die Gruppe im Kolonnadenhof auf der Museumsinsel im Berliner Ortsteil Mitte eine Feier zum 300. Geburtstag der Rokoko-Malerin Anna Dorothea Therbusch aus, um dagegen zu protestieren, dass keines der Museen in Deutschland, die Werke von ihr besitzen, ihr eine Retrospektive ausgerichtet hatte.[8]
Doleschal hat drei Kinder und lebt mit ihrer Familie in Berlin und Dessau.
Werk
In ihrer Malerei beschäftigt sich Ines Doleschal mit reduzierten Architekturdarstellungen.[9] Beeinflusst wird ihre Malerei von einem Interesse für die Formen- und Farbkompositionen des Dessauer Bauhauses.[10] Menschliche Behausungen, mehr oder weniger funktional, aber auch organische Gebilde, die entfernt mit Architektur zu tun haben, gehören zu den Bildgegenständen ihrer Malerei.[11] Doleschal widmete beispielsweise in einer Ausstellung[12] Gunta Stölzl, der ersten Studentin 1919 am Bauhaus Weimar, ihre Farbfeld-Collage Poster for Parity, laut der Besprechung in der Frankfurter Rundschau „eine konstruktive Raumutopie“, die sich auf Stölzls Teppich-Entwürfe bezog und zugleich Kritik daran übte, „wie sehr doch Berlins urbanistische Konzepte fast ausschließlich von Männern bestimmt werden“.[13] Ihre Collage habe „pointiert historische Vorurteile gegen Frauen in der Kunst“ aufgegriffen, so die Taz. Über Farbmuster berühmter Bauhaus-Teppiche setzte Doleschal einen Spruch von Oskar Schlemmer: „Wo wolle ist, ist auch ein weib, das webt, und sei es nur zum Zeitvertreib“.[14][15]
Einzelausstellungen (Auswahl)
- 2007 labyrinthisch Galerie Greulich, Frankfurt am Main[16]
- 2016 maßvoll, Galerie Grashey, Konstanz[17]
- 2019 raum:zeichen, Galerie Nanna Preußners, Hamburg[18]
- 2022 auf Kante, Galerie und Workspace GE 59, Berlin[19]
Gruppenausstellungen (Auswahl)
- 2011: Konstruktion Dekonstruktion, Projektraum Alte Feuerwache, Berlin[20]
- 2016: extrakt, Anhaltischer Kunstverein, Dessau[21]
- 2018: entraumt, Kunstverein Oerlinghausen e.V.[22]
- 2020: Schwarz+Weiß, Käthe-Kollwitz-Museum Berlin[23]
- 2022: Magie der Form, Galerie Weißer Elefant, Berlin[24]
Stipendien (Auswahl)
- 2020: Förderung der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Kulturprojekte Berlin[25]
Publikationen
- mit Rachel Kohn: Fair share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen. Dokumentation der Aktionen und Redebeiträge der Demo am 8. März 2020 vor der Alten Nationalgalerie Berlin. (PDF; 1,7 MB).
Weblinks
- Website der Künstlerin
- fair share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen – Initiative von Bildenden Künstlerinnen, Kunsthistorikerinnen und anderen Kulturschaffenden
- Galerie der Künstlerin
Einzelnachweise
- ↑ Ines Doleschal, Künstlerhaus Lukas
- ↑ Art in Context. Abgerufen am 20. September 2022.
- ↑ Doleschal Ines. In: VdBK1867. Abgerufen am 20. September 2022 (deutsch).
- ↑ Mascha Drost: „Mütter brauchen bessere Strukturen in der Kunstwelt“ – Ines Doleschal im Gespräch, Deutschlandfunk. 7. Mai 2022 (Audio)
- ↑ Demonstriert für FAIR SHARE – Sichtbarkeit für Künstlerinnen! 8. März 2020, abgerufen am 20. September 2022 (deutsch).
- ↑ Katrin Heise: Vom Malweib zur Quotenkünstlerin. In: www.rbb-online.de. 12. September 2021, abgerufen am 1. August 2022.
- ↑ Sarah Borufka: Für mehr Sichtbarkeit von Künstlerinnen. 49 Frauen wollen Platz vor Berliner Gemäldegalerie besetzen. Der Tagesspiegel, 8. März 2021
- ↑ Katrin Bettina Müller: Die Dame mit dem Augenglas: Vor dreihundert Jahren wurde in Berlin Anna Dorothea Therbusch geboren, eine erfolgreiche Porträtmalerin ihrer Zeit. Die Künstlerinneninitiative Fair Share erinnert an sie mit einer Feier, Die Tageszeitung, Berlin 23. Juli 2021
- ↑ Antje Krause-Wahl: Ines Doleschals Bild- und Stadträume. In: Ausst. kat. Plotting the City. (Galerie Greulich), Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-9812419-5-2
- ↑ Christoph Schütte: Im Geist der Utopie. Malerei von Ines Doleschal in der Frankfurter Galerie Greulich. FAZ, 25. April 2013
- ↑ Simone Kraft: Eine gelungene Tiefgarageneinfahrt fasziniert mich mehr als die Hochglanzfassade eines preisgekrönten Architekten. INTERVIEW mit Ines Doleschal. In: deconarch.com. 20. November 2013, abgerufen am 19. September 2022.
- ↑ Gratis in Berlin - KLASSE DAMEN! – 100 Jahre Öffnung der Berliner Kunstakademie für Frauen. Abgerufen am 20. September 2022 (deutsch).
- ↑ Ingeborg Ruthe: Mal, Weib!, Frankfurter Rundschau, 1. Juli 2019
- ↑ Katrin Bettina Müller: Emanzipation vor 100 Jahren. Aufstieg mit Hindernissen. Fortschritt am Stadtrand: In Berlin erinnert „Klasse Damen!“ an die Zulassung von Künstlerinnen an der Berliner Kunstakademie vor 100 Jahren. Taz, 14. Juli 2019
- ↑ Katrin Bettina Müller: Revision einer Sehschwäche: Schwestern und Freundinnen gebraucht: Die Ausstellung „Kampf um Sichtbarkeit“ in der Alten Nationalgalerie in Berlin kreist um das Vergessen von Künstlerinnen, Die Tageszeitung; Berlin 23. Oktober 2019, S. 15
- ↑ Ines Doleschal – Künstlerin der Galerie Greulich. Galerie Greulich, Frankfurt a. M., abgerufen am 20. September 2022 (deutsch).
- ↑ Anna-Lena Bruns: Frühere Ausstellungen (Pressemitteilung zur Ausstellung von Ines Doleschal, Einführung Anna-Lena Bruns). Galerie Grashey, Konstanz, abgerufen am 20. September 2022.
- ↑ Galerie Nanna Preußners: Rückschau: 2019 INES DOLESCHAL - RAUM:ZEICHEN. In: https://nannapreussners.de. Abgerufen am 20. September 2022.
- ↑ Ausstellungen | GE59. Abgerufen am 20. September 2022.
- ↑ Projektraum – Alte Feuerwache, Vergangene Ausstellungen, 2011: KONSTRUKTION DEKONSTRUKTION. Objekte, Rauminstallationen und Malerei von Gaby Taplick, Cécile Dupaquier und Ines Doleschal. In: http://www.alte-feuerwache-friedrichshain.de/veranstaltung. Abgerufen am 20. September 2022 (deutsch).
- ↑ Anhaltischer Kunstverein e.V., Archiv/2016: Ines Doleschal (Malerei) und Elgin Willigrodt (Installation, Film) – „exTRakt“. Abgerufen am 20. September 2022.
- ↑ INES DOLESCHAL: entraumt: Malerei, Collagen und Objekte – Kunstverein Oerlinghausen. Abgerufen am 20. September 2022 (deutsch).
- ↑ 8 aus 54 | Schwarz + Weiß | VdBK 1867 im Käthe-Kollwitz-Museum, artatberlin.com
- ↑ "Magie der Form", Galerie weisser elefant, Berlin. Abgerufen am 20. September 2022 (deutsch).
- ↑ Stipendien-Sonderprogramm der Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Abgerufen am 20. September 2022.
Personendaten | |
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NAME | Doleschal, Ines |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Künstlerin |
GEBURTSDATUM | 1972 |
GEBURTSORT | Waiblingen bei Stuttgart |