Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow

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An der Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow (IHS) wurden Nautische Offiziere für die Handelsschifffahrt der DDR und für die Hochseefischerei der DDR sowie Technische Offiziere für Schiffsbetriebstechnik, Schiffselektronik und Nachrichtendienst ausgebildet. Darüber hinaus gab es eine Sektion Schiffbautechnologie für die Ausbildung von Ingenieuren in der DDR-Schiffbauindustrie.

Geschichte

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Logo der Hochschule für Seefahrt Warnemünde-Wustrow

Die Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow wurde 1969 durch Zusammenschluss der 1846 gegründeten Seefahrtschule Wustrow in Wustrow (Fischland) und der Ingenieurschule für Schiffstechnik Warnemünde in Rostock-Warnemünde gebildet. Die als Großherzoglich Mecklenburgische Navigationsschule gegründete Seefahrtschule Wustrow war die älteste Seefahrtschule Deutschlands. Sie wurde 1916 in Seefahrtschule Wustrow umbenannt.

Ein Teil der Wustrower Ausbildung wurde 1954 von der Warnemünder Ingenieurschule für Schiffbautechnik übernommen. Mit Gründung der Ingenieurschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow im Jahr 1969 kam es zur Vereinigung beider Einrichtungen. 1989 erfolgte eine Umbenennung zur Hochschule für Seefahrt Warnemünde-Wustrow.

Etwa 50 Praktikanten der IHS Warnemünde/Wustrow zählten 1973 zu einer insgesamt 257 Personen umfassenden Schiffsbesatzung des kombinierten Fracht- und Ausbildungsschiffes J.G.Fichte, die auf dem Weg von Rostock über Kap Verde und Montevideo nach Chile die Magellanstraße passierte, von dem Militärputsch in Chile 1973 überrascht wurde und im November 1973 wieder den Heimathafen Rostock erreichte.

Die Ausbildung erfolgte in den Sektionen Schiffsführung, Schiffselektronik/Nachrichtendienst, Schiffbetriebstechnik und Schiffbautechnologie, ab 1986 auch Seewirtschaft. Die schrittweise Ausgestaltung erfolgte ab 1972 mit dem Erhalt des Diplomrechts. 1980 erhielt die Hochschule das Promotionsrecht für den akademischen Grad des Doktoringenieurs.

Das Ausbildungsschiff Störtebeker der Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow bzw. Universität Rostock, Rufzeichen: Y3CS, ex. ROS 224 Görlitz des ehemaligen Fischkombinat Rostock, Bj. 1961, Peene-Werft Wolgast, Schiffstyp: Seiten-Trawler mit Eisklasse und „father and son drive“, LR Number 5133802 im REGISTER OF SHIPS 1994–95 von Lloyd’s Register diente als hochschuleigenes Schulschiff im Rahmen der nautischen und technischen Studiengänge der bordpraktischen Ausbildung im jeweils zu absolvierenden mehrtägigen Seepraktikum[1][2], bevor die Studenten anschließend mehrere Wochen an Bord eines Schiffes den Wachbetrieb und die Bordpraxis im Ingenieurpraktikum entsprechend Aufgabenstellung absolvierten und zu ihrer Hauptprüfung zugelassen werden konnten.

Die Mitarbeiter und Studenten an der Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow trugen am Ärmel ihrer dunkelblauen Seemannsuniform den goldfarbenen Schriftzug „Ingenieurhochschule“ und konnten damit im Stadtbild von den Lehrlingen und Mitarbeitern an der Aus- und Weiterbildungsstätte der DSR unterschieden werden, die am Ärmel ihrer gleichen dunkelblauen Seemannsuniform den goldenen Schriftzug BS Flotte August Lütgens trugen.

Spuren der gesellschaftlichen Wendezeit 1988/1989 mit dem Ruf nach Reformen in der DDR wurden in der von der IHS Warnemünde-Wustrow herausgegebenen Zeitschrift „Navigator“ auch mit Namen aus der Studierendenschaft und dem Lehrkörper in Wort und Bild in einigen wenigen Ausgaben als Zeitzeugnisse dokumentiert. Die Reformgedanken von Michail Gorbatschow hatten auch an der IHS Warnemünde-Wustrow durchaus ihren Zuspruch gefunden und wurden sowohl einerseits in der Studentenschaft als auch andererseits im Lehrkörper diskutiert und es wurden auch Stimmen der Kritik an den bestehenden Verhältnissen im real existierenden Sozialismus gehört und 1989 in der Zeitschrift „Navigator“ auch veröffentlicht – was in dieser Zeit neu war.[3][4][5] Das Erscheinen der Zeitschrift „Navigator“ wurde mit dem Ablauf des Jahres 1989 eingestellt.

Die Hochschule für Seefahrt wurde nach der Deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990 aufgelöst. Die Rechtsnachfolge der Hochschule übernahm die Universität Rostock. Das Archiv der Hochschule wird im Universitätsarchiv Rostock aufbewahrt, die Bibliotheksbestände in der Universitätsbibliothek Rostock. Der Hochschulteil Wustrow wurde 1992, nach Brand, zum Ende des Sommersemesters geschlossen.

Die gesellschaftliche Umbruchphase wurde ca. 1990–1991 von der IHS Warnemünde/Wustrow bzw. Hochschule für Seefahrt für eine mögliche Anpassungsqualifikation arbeitslos gewordener Ingenieure durch ein entsprechendes weiterbildendes Studium „Betrieb Stationärer Kraftanlagen“ fachgerecht begleitet, um den Menschen in der Region neue berufliche Chancen im Bereich der Versorgungstechnik auf dem Wege der „Fortbildung für Ingenieure“ zu eröffnen.

Die Universität Rostock übernahm 1992 unter dem Rektorat von Gerhard Maeß die Ausbildung als Rechtsnachfolger der Ingenieurhochschule.[6] Der Bereich Seefahrt wurde im selben Jahr als neuer Fachbereich zur Hochschule Wismar zugeordnet.[7][8]

Im Jahr 1992 ging die Ausbildung von Schiffsoffizieren trotz zu Ende zu führender universitärer Ausbildung und ohne Unterbrechung weiter und das Kultusministerium übertrug hierzu die Aufgabe eines Gründungsdekans der neuen Fachhochschule für Seefahrt in Warnemünde nunmehr als Außenstelle der FH Wismar an Herrn Dr.-Ing. Knud Benedict.[9]

Direktoren

  • 1969–1972: Hermann Schneider[10]
  • 1972–1989: Eckard Moeck[11]
  • 1990: Jürgen Lüsch 1990.[12]

Bekannte Lehrer (Auswahl)

Bekannte Schüler (Auswahl)

Literatur

  • Manfred Hessel, Ulrich Scharnow: 150 Jahre Nautische Ausbildung in Wustrow und Warnemünde 1846–1996. DSV-Verlag, Hamburg 1996.
  • Manfred Hessel: Der Aufbau und die Entwicklung der Seefahrtschule Wustrow der Deutschen Demokratischen Republik bis zur Umgestaltung als Ingenieurhochschule für Seefahrt in den Jahren 1945 bis 1969. Dissertation, Hochschule für Verkehrswesen Dresden, 1971.
  • Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow (Hrsg.): Navigator. Zeitschrift 1978–1989. DNB 017270383
  • Eckard Moeck (Hrsg.), Maria Rothbarth (Bearb.), Martin Polzin, Olof Klohr: Erbe, Tradition, Verpflichtung. Hochschule für Seefahrt Warnemünde-Wustrow. Warnemünde 1979
  • Klaus Wangemann: Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow. Rektor der IH für Seefahrt Warnemünde/Wustrow (Hrsg.), Rostock 1979.
  • Joachim Hahne: Fährunglück vor Zeebrügge. In: Rolf Schönknecht[13] (Hg.): Trans-Magazin Schiffahrt[14], transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1989, S. 52–59

Weblinks

Commons: Seefahrtschule Wustrow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Helmut Köstler, Dieter Kögler: Studienanleitung zum Seepraktikum – Fachrichtung Schiffsmaschinenbetrieb – Studienanleitung zur inhaltlichen Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des Seepraktikums auf dem Ausbildungsschiff Störtebeker, Aufgabenstellungen, methodische Hinweise. Hrsg.: Hochschule für Seefahrt Warnemünde Wustrow, HfS 888/90, Rostock 1990.
  2. Seepraktikum der Fachrichtung Schiffsführung: Studienanleitung zur inhaltlichen Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des Seepraktikums auf dem Ausbildungsschiff "Störtebeker"; Zielstellungen, Gegenstand und Gestaltung des Seepraktikums, Aufgabenstellungen, methodische Hinweise. Hrsg.: Hochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow, Rostock 1990. DNB 901468622
  3. Dirk Hammerschmied: Beitrag „Alle Vorschläge sind gefragt“. In: „Navigator“ – Ausgabe Nr. 16 vom 24. Oktober 1989.
  4. Dirk Drechsel, Jörg Schwarte, Olrik Wöhlert, Steffen Marklein: Beitrag „Meinungsstreit und Kritik“. In: „Navigator“ – ebenfalls Ausgabe Nr. 16 vom 24. Oktober 1989.
  5. Beitrag „Die Basis für Demokratie“. In: „Navigator“ – Ausgabe Nr. 18 vom 17. November 1989.
  6. „Unter dem Dach der Universität … Seit dem 1.Oktober 1991 … Hochschule für Seefahrt Warnemünde-Wustrow auf Beschluss der Landesregierung von Mecklenburg Vorpommern in die Universität Rostock eingegliedert.“ in: Rostocker Universitätszeitung, Hrsg. Rektor der Universität Rostock, 15. Ausgabe, 11. Oktober 1991 - DNB bibliografischer Nachweis unter : DNB 015837270
  7. Chronik der Ausbildung von Schiffsoffizieren 1846 – 1992 - Hochschule Wismar - Fakultät für Ingenieurwissenschaften, Bereich Seefahrt. Abgerufen am 6. April 2018.
  8. „Unter dem Dach der Universität … Warnemünde … dieser Fachbereich wird ab 1992 einer Fachhochschule angegliedert“ in: Rostocker Universitätszeitung, Hrsg. Rektor der Universität Rostock, 15. Ausgabe, 11. Oktober 1991 - DNB bibliografischer Nachweis unter : DNB 015837270
  9. Reiner Frank: Beitrag „Und im dualen System auch beide Patente der Seefahrt: NNN-Gespräch mit dem Gründungsdekan der neuen Fachhochschule“ mit Foto von Dr. Knud Benedict. In: „Norddeutsche Neueste Nachrichten“ – Ausgabe vom 16. September 1992, Seite 16.
  10. Rektor und Maschinen-Ing. Hermann Schneider - DNB bibliografischer Nachweis unter: DNB 1047345668
  11. Rektor und Schiffsingenieur Eckard Moeck - DNB bibliografischer Nachweis unter: DNB 1154389898
  12. Rektor Jürgen Lüsch (Maritimer Transport) - Nachweis unter: http://cpr.uni-rostock.de/site/professoren_ihs
  13. Rolf Schönknecht (Professor für Transporttechnologie an der Universität Rostock) in Deutsche Nationalbibliothek unter https://d-nb.info/gnd/141390719 sowie im Catalogus Professorum Rostochiensium unter http://purl.uni-rostock.de/cpr/00001659
  14. „Trans-Magazin Schiffahrt“ in Deutsche Nationalbibliothek unter https://d-nb.info/01594282

Koordinaten: 54° 20′ 48″ N, 12° 23′ 27,3″ O