Instream River Training
Das Instream River Training (engl., dt. wörtlich übersetzt Flussbau im Stromstrich) ist eine Form des Flussbaus, bei der die Strömung als Ursache für Ufer- und Sohlenerosionen durch die Induzierung einer oder mehrerer Sekundärströmungen modifiziert wird. Hierbei kommen bereits bei Niedrigwasserabfluss überströmte Gewässereinbauten zum Einsatz.[1]
Ziele
Je nach Anwendungsgebiet wird mit der Strömungsmodifizierung mindestens eines der folgenden Ziele verfolgt:[1]
- Gewässerstabilisierung unter weitgehendem Verzicht auf massive Maßnahmen (z. B. Blocksatz)
- Nachhaltiges Geschiebemanagement
- Initialisierung von Eigendynamik
Bauweisen
Beim Instream River Training werden Lenkbuhnen und Pendelrampen eingesetzt. Beide Bauweisen werden aus naturnahen Materialien erstellt. Verwendet werden insbesondere formwilde Blocksteine, die häufig mit ingenieurbiologischen Baustoffen kombiniert werden.[2] Für Pendelrampen gibt es Dimensionierungsrichtlinien.[3]
Eine Bauweise, mit der ebenfalls gezielt Sekundärströmungen induziert werden, sind Iowa Vanes. Im Gegensatz zu Lenkbuhnen und Pendelrampen werden sie jedoch aus naturfernen Materialien wie Spundwänden und Betonkörpern mit Pfahlgründung erstellt und erst bei mittleren bis hohen Abflüssen überströmt.[4] Iowa Vanes sind daher keine Bauweise des Instream River Trainings.
Historie
Das Instream River Training wurde erstmals bereits in den 1920er Jahren durch den österreichischen Förster und Naturforscher Viktor Schauberger (1885–1958) umgesetzt, der schon 1930 schrieb:
"Man kann durch kleinere Einbauten dort, wo diese zum Schutze von Kulturgütern unvermeindlich werden, gewisse Verbesserungen schaffen, doch wäre es falsch, eine Regulierung des Flusses von seinen Ufern aus durchführen zu wollen, also nur die Auswirkungen, nicht aber die Ursachen zu bekämpfen."[5]
Viktor Schauberger wurde vor allem durch seine Holzschwemmanlagen bekannt, für die er ein halbeiförmiges Querprofil verwendete, auf dem er in den Außenkurven Holzrippen befestigte. Durch die damit induzierten Sekundärströmungen wurde das geschwemmte Holz auch in Kurven stets in der Gerinnemitte transportiert, Verklausungen und Beschädigungen der Anlage wurden vermieden. In Fließgewässer baute Schauberger unter anderem "Energiekörper" zur Regulierung des Geschiebetransports ein.[6]
Erst etwa 50 Jahre später wurde die Idee der Strömungsmodifizierung durch die Induzierung von Sekundärströmungen wieder verstärkt verfolgt. Jacob Odgaard entwickelte auf Grundlage der linearen Tragflügeltheorie die oben genannten Iowa Vanes, die sich jedoch trotz ihrer guten Wirksamkeit hinsichtlich Uferschutz und Geschiebemanagement[4] zumindest in Europa nie wirklich durchsetzen konnten, was vermutlich auf die naturferne Ausführung zurückzuführen ist.
Unabhängig von der Forschung durch Odgaard wurden von Otmar Grober von der Baubezirksleitung Bruck an der Mur seit Anfang der 1990er Jahre aus der Praxis heraus die Bauweisen Lenkbuhne und Pendelrampe entwickelt. Im Vergleich zu den Iowa Vanes sind sie als deutlich naturnäher einzustufen und darüber hinaus auch bei großem Strömungsangriff geeignet.
Gewässerökologische Wirkung
Im Rahmen von Monitorings wurden Lenkbuhnen und Pendelrampen seit 2005 eingehend untersucht. Es zeigte sich, dass ihr Umfeld durch eine große Strömungsdiversität gekennzeichnet ist, die mit Substratsortierungen und ausgeprägter Tiefenvarianz einhergeht. Dies gilt auch, wenn sie primär zur Stabilisierung umgesetzt wurden. Selbst auf der Rampe besteht, trotz guter stabilisierender Wirkung, eine ausgeprägte Dynamik.[7] Ergänzende fischereibiologische Untersuchungen belegen eine deutliche Zunahme der Individuen- und Artenzahl.[1][8]
Literatur
- M. Mende, E. Gassmann: Pendelrampen – Funktionsweise und Erfahrungen. In: Ingenieurbiologie. 19. Jahrgang, Heft 3, 2009, S. 29–36.
- M. Mende, C. Sindelar: Instream River Training: Lenkbuhnen und Pendelrampen. In: Beiträge zum 15. Gemeinschafts-Symposium der Wasserbau-Institute TU München, TU Graz und ETH Zürich vom 1.–3. Juli 2010 in Wallgau, Oberbayern. 2010, S. 35–44.
- K. Pinter, G. Unfer, C. Wiesner: Fischbestandserhebung der Mur im Bereich St. Michael. Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement, Wien, Juni 2009.
- A. J. Odgaard: River Training and Sediment Management with Submerged Vanes. American Society of Civil Engineers, ASCE Press, 2009, ISBN 978-0-7844-0981-7.
- Österreichisches Patentamt: Patentschrift Nr. 134543 – Viktor Schauberger in Wien – Wasserführung in Rohren und Gerinnen. Angemeldet am 12. August 1931, Beginn der Patentdauer am 15. April 1933. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1933.
- V. Schauberger: Temperatur und Wasserbewegung. In: Wasserwirtschaft. Heft 20, 1930, S. 428.
- C. Sindelar, H. Knoblauch: Modellversuch zur Dimensionierung einer Pendelrampe an der Grossen Tulln. In: Ingnenieurbiologie. 19. Jahrgang, Heft 3, 2009, S. 37–42.
- C. Sindelar: Design of a Meandering Ramp. Dissertation am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU Graz, 2011.
Weblinks
- Ursachenorientierter Flussbau: Instream River Training (PDF-Datei; 4,7 MB)
- Instream River Training: Lenkbuhnen und Pendelrampen (PDF-Datei; 550 kB)
- Pendelrampen - Funktionsweise und Erfahrungen (PDF-Datei; 1,0 MB)
- Lenkbuhnen im Ellikerbach/Kanton Zürich (PDF-Datei; 237 kB)
- Lenkbuhnen zur Strukturierung und Stabilisierung von Fließgewässern (PDF-Datei; 584 kB)
- Restoration of watercourses - gravel and stones - special example "micro groines" (zu Lenkbuhnen, PDF-Datei; 4 MB)
- Wiesionen Lörrach: Erste Umsetzung des Instream River Trainings in Deutschland
- Lenkbuhnen aus Kiesschüttungen an der Este kurz nach Fertigstellung (Norddeutsches Tiefland, Niedersachsen)
- Baubezirksleitung Bruck an der Mur
- Forschung zu Lenkbuhnen und Pendelrampen an der TU Graz
- Homepage von Prof. Jacob Odgaard, The University of Iowa
- Video: Lenkbuhnen zum Schutz eines Prallufers mit parallel verlaufender Bundesstrasse
- Dimensionerungsrichtlinien für Pendelrampen (PDF-Datei; ~25 MB)
- Lenkbuhnen an der Taverna / Kanton Fribourg (PDF-Datei; 4,02 MB)