Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion

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Die Isolierte Extremitätenperfusion (Isolated limb perfusion, ILP) ist ein etabliertes neoadjuvantes Verfahren zur Behandlung des Weichteilsarkoms der Extremitäten[1]. Etabliert wurde sie bereits in den 1950er Jahren zur Behandlung von bösartigen Tumoren.[2] In den ersten Jahrzehnten wurde eine Kombination von Cisplatin, Melphalan und Adriamycin eingesetzt, dessen Ergebnisse in der Sarkomtherapie kritisch gesehen wurden, da eine hohe Rezidivrate auftrat.[3] Erst mit der Zulassung von TNF-α im Jahr 1999[4] stellt die Extremitätenperfusion eine wirksame Option bei der Behandlung von Weichgewebesarkomen dar, durch die Amputationen von Arm oder Bein vermieden werden kann.[5] Durch die ILP können Ansprechraten von 72 bis 82,5 %, sowie ein Extremitätenerhalt in 72 bis 96 % der Fälle erzielt werden.[6] Auf dem SarkomMeeting in Frankfurt, die etablierte Fortbildungsveranstaltung für Sarkomexperten zu den Therapiestandards, stellte Matthias Schwarzbach am 4./5. September 2020 seine Daten mit ebenfalls 96 % Extremitätenerhalt bei 82 Patienten in der Zeit von 2010 bis 2019 vor.[7]

Der Einsatz der ILP erfolgt vor allem neoadjuvant bei aggressiven Weichgewebesarkomen mit höherer histopathologischen Differenzierung (Malignitätsgrad G2 oder G3), wenn eine primäre Amputationsindikation vorliegt, da das Sarkom an den Extremitäten zu groß für eine normale Operation geworden ist.[5] Während der Operation wird eine Herz-Lungen-Maschine mit einem Wärmegerät an den betroffenen Arm/das betroffene Bein angeschlossen und Arm vom Körperkreislauf abgekoppelt. Über die Herz-Lungen-Maschine wird die Extremität dann mit einer erwärmten und sauerstoffangereicherten Blut-Kochsalz-Lösung durchströmt, welches den Tumor für die nachfolgenden Medikamente empfindlicher macht. In der Regel wird der betroffene Arm/das betroffene Bein über 90 Minuten mit TNF-α und Melphalan behandelt.[5][8] A.M.[9]

Die Perfusionsreaktionen werden mit der Klassifikation nach Wieberdink beschrieben[10]:

  • Bei Grad 1 liegt keine subjektive/objektive Reaktion vor.
  • Bei Grad 2 ein leichtes Ödem oder ein leichter Hautausschlag.
  • Bei Grad 3 ein schweres Ödem oder ein schwerer Hautausschlag mit Blasenbildung und mäßiger Bewegungseinschränkung.
  • Bei Grad 4 eine Epidermolyse (Ablösung der Epidermis unter Bildung von Blasen), Gewebeschäden, permanenter Funktionsverlust oder ein Kompartmentsyndrom.
  • Bei Grad 5 nach Wieberdink sind die Reaktionen so stark, dass eine Amputation erfolgt.

Nach 6-8 Wochen wird das „abgestorbene“ Tumorgewebe mit einer weiten oder kompartimentalen Resektion entfernt. Bei einer Blutgefäßbeteiligung ist die Klassifikation und der Behandlungsalgorithmus nach Schwarzbach sinnvollerweise anzuwenden[5][11][12] Im speziellen Fall der Nervenbeteiligung kann bei der Tumorentfernung entsprechend der Klassifikation nach Sweiti/Schwarzbach anwendet werden.[13][14]

Einzelnachweise

  1. Weichgewebssarkome. onkopedia Website. Abgerufen am 1. März 2021.
  2. O. Creech et al.: Chemotherapy of cancer: regional perfusion utilizing an extracorporeal circuit. In: Annals of surgery. Band 148, Nummer 4, Oktober 1958, S. 616–632, doi:10.1097/00000658-195810000-00009, PMID 13583933, PMC 1450870 (freier Volltext).
  3. M. Schwarzbach et al.: Ergebnisse der isolierten hyperthermen Extremitätenperfusion bei Weichteilsarkomen im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes. In: Der Chirurg. Band 67, 1996, S. 1237–1243. doi:10.1007/s001040050132.
  4. P. Schlag, P-U. Tunn: Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion mit TNF-α und Melphalan. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 104, Heft 33, S. A2268-2273
  5. a b c d M. Schwarzbach et al.: Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion mit rh TNF-alpha und Melphalan. Extremitätenerhalt bei lokal fortgeschrittenen Weichgewebesarkomen. In: Chirurgische Allgemeine. 18. Jahrgang, Heft 4, 2017, CME Fortbildung.
  6. K.S. Martin-Tellez et al.: Isolated limb perfusion for soft tissue sarcoma: Current practices and future directions. A survey of experts and a review of literature. In: Cancer Treatment Reviews. Volume 88, August 2020, 102058.
  7. SarkomeMeeting. Klinikum Frankfurt Website. Abgerufen am 1. März 2021
  8. M. Schwarzbach, F.Scholten: Sarkome: Bösartige Tumore. In: Forum Sanitas. Ausgabe 2/2019, S. 12-14.
  9. Eggermont et al.: Isolated limb perfusion with tumor necrosis factor and melphalan for limb salvage in 186 patients with locally advanced soft tissue extremity sarcomas. The cumulative multicenter European experience. In: Annals of Surgery, Band 224, Heft 6, 1996, S. 756–765. PMC 1235474 (freier Volltext)
  10. J.Wieperdink et al: Dosimetry in isolation perfusion of the limbs by assessment of perfused tissue volume and grading of toxic tissue reactions. In: Eur J Cancer Clin Oncol, Band 18, Heft 10, 1982, S. 905–910. PMID 6891640.
  11. M. Schwarzbach et al.: Clinical results of surgery for retroperitoneal sarcoma with major blood vessel involvement. In: Journal of Vascular Surgery. Band 44, Nummer 1, Juli 2006, S. 46–55, doi:10.1016/j.jvs.2006.03.001
  12. M. Schwarzbach et al.: Weichteilsarkome mit Blutgefäßbeteiligung. In: Chirurgische Allgemeine Zeitung Band 15 2014, Heft 3, S. 188 ff.
  13. M. Schwarzbach et al.: Gliedmaßenerhalt beim Weichteilsarkom. In: CHAZ, Heft 4, 2018.
  14. H. Sweiti et al.: Limb-Salvage Surgery of Soft Tissue Sarcoma with Sciatic Nerve Involvement. In: Sarcoma 2018 doi: 10.1155/2018/6483579. PMID 29692655.