Ius auxilii

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Das ius auxilii (Beistandsrecht) war seit der Römischen Republik die älteste konstitutionelle Befugnis der Volkstribunen (tribuni plebis), welche den einzelnen römischen Bürger vor staatlicher Willkür der Magistrate schützte.[1] Das ius auxilii kann als organisierte Selbsthilfe gegen das patrizische imperium verstanden werden, auch als Notwehrrecht.[2]

Republik

Nach außen hin nahmen die Tribune bereits in prädecemviraler Zeit Hilferechte als Schutzbeamte der Plebs für sich in Anspruch. Gebrauch machten sie davon, wenn Übergriffe der Adelsgewalt drohten. Dieses Hilfeleistungs- und das damit später verknüpfte Interzessionsrecht (ius intercedendi) sowie das Verbietungsrecht (ius prohibendi) eines unantastbaren plebejischen Volkstribuns war zusammen mit dem Provokationsrecht (ius provocationis) das verfassungsprägende Ergebnis für die Republik aus den Ständekämpfen mit den Patriziern. Mit dem Recht zur Interzession konnten unliebsame Amtshandlungen „auf Augenhöhe“ verhindert werden. Die damit verknüpfte tribunizische Gewalt erzeugte die Unverletzlichkeit der Tribune.[3][1] Die Sakrosanktität wiederum war ein feierlich erklärtes Abwehrrecht gegen die Staatsgewalt, die diesen offenen Widerstand hinnahm.[4]

Das ius auxilii konnte in Krisenzeiten vom Bürger jedoch nicht in Anspruch genommen werden. Die Anordnungen und Erlasse des Diktators waren in seiner halbjährigen Amtszeit absolut und unumkehrbar.

Prinzipat

Neben der schon innehabenden Unverletzlichkeit eines Volkstribunen beanspruchte Kaiser Augustus 30 v. Chr. noch neben anderen Amtsattributen explizit das ius auxilii für sich. Das Vorgehen legalisierte er, indem das plebejische Amt (tribuni plebis) von der Amtsgewalt (tribunicia potestas) getrennt und somit die tribunizische Rechtskompetenz (potestas) auf ihn als Patrizier übertragen wurde. Augustus beanspruchte sodann lebenslängliches imperium proconulare maius.[1]

Literatur

  • Jochen Bleicken: Augustus : Eine Biographie. Rowohlt-Taschenbuch-Verl., Reinbek bei Hamburg 2010, ISBN 978-3-499-62650-0, S. 350–352.
  • Max Kaser: Römische Rechtsgeschichte. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2. Auflage, Göttingen 1967, S. 41–45, 88, 103 (Digitalisat).
  • Wolfgang Kunkel, Martin Schermaier: Römische Rechtsgeschichte. 13. Auflage, Böhlau, Köln u. a. 2001, ISBN 978-3-8252-2225-3, S. 21, 27–30, 91, 110–111.
  • Wolfgang Kunkel mit Roland Wittmann: Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik. Zweiter Abschnitt. Die Magistratur. München 1995, ISBN 3-406-33827-5 (von Wittmann vervollständigte Ausgabe des von Kunkel unvollendet nachgelassenen Werkes). S. 587–592.

Einzelnachweise

  1. a b c Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau Verlag, Wien 1981 (9. Aufl. 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 7, 11.
  2. Jochen Bleicken: Das Volkstribunat der klassischen Republik: Studien zu seiner Entwicklung zwischen 287 und 133 v. Chr. (= Zetemata. Band 13). Beck, München 1955. 2. Auflage 1968. S. 48.
  3. Titus Livius 3, 55, 6.
  4. Stefan Malorny: Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem. Eine systematische Darstellung und kritische Würdigung unter besonderer Berücksichtigung der rechtshistorischen Herausbildung sowie der institutionellen Einpassung in die parlamentarischen Demokratiestrukturen Deutschlands und Europas. (= Göttinger Schriften zum Öffentlichen Recht. Bd. 2). Universitäts-Verlag, Göttingen 2011 (zugleich Dissertation an der Universität Göttingen 2010), ISBN 978-3-86395-002-6. S. 13.