Jüdische Gemeinde Thalmässing

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Ansichtskarte (um 1900) mit der Synagoge in Thalmässing, links unten das hintere Gebäude

Eine Jüdische Gemeinde in Thalmässing, einer Marktgemeinde im mittelfränkischen Landkreis Roth, gab es bereits im 13./14. Jahrhundert.

Geschichte

In Thalmässing, das zur Markgrafschaft Ansbach gehörte, lebten bereits im Mittelalter Juden, die sich durch Pfandgeschäfte und Getreidehandel ernährten.

Die Entstehung der neuzeitlichen jüdischen Gemeinde beginnt im 17. Jahrhundert. 1618 lebten fünf jüdische Familien in Thalmässing, nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges lebte nur noch eine jüdische Familie oder eine jüdische Person im Ort. 1674 waren es acht, 1689 vierzehn und 1714 21 jüdische Familien, die in Thalmässing lebten. Die höchste Zahl wurde 1743 erreicht, als 227 jüdische Einwohner im Ort gezählt wurden, darunter 118 Kinder. Die jüdischen Familien lebten in 32 Häusern.

Die jüdische Gemeinde besaß eine Synagoge, eine Religions- und Elementarschule (siehe Jüdisches Schulhaus (Thalmässing)), ein rituelles Bad und seit 1832 einen Friedhof. Die Gemeinde gehörte bis 1851 zum Distriktsrabbinat Schwabach und wurde danach dem Distriktsrabbinat Sulzbürg zugeteilt.

1840 wurde ein jüdisches Schulhaus errichtet. Außer den Lehrern hatte die jüdische Gemeinde im 19. Jahrhundert zeitweise einen Vorbeter angestellt, der zugleich als Schächter sowie als Gemeindediener tätig war.

Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde der Unteroffizier Siegfried Rosenfeld (geb. 18. November 1895 in Thalmässing; gefallen am 16. August 1918).

Gemeindeentwicklung

Jahr Gemeindemitglieder
1811/12 210 Personen, 20,5 % der Einwohner
1835 335 Personen, etwa ein Drittel der Einwohner
1867 202 Personen, 17,0 % der Einwohner
1880 112 Personen, 10,1 % der Einwohner
1890 98 Personen, 8,4 % der Einwohner
1900 67 Personen, 5,9 % der Einwohner
um 1925 42 Personen, 3,8 % der Einwohner
1933 33 Personen, 2,9 % der Einwohner

Nationalsozialistische Verfolgung

Im Sommer 1933 kam es zu ersten Aktionen gegen jüdische Einwohner. Wegen der zunehmenden Repressalien und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts wurden die Lebensbedingungen für die jüdischen Familien in Thalmässing immer schwieriger. Bis Mai 1939 verließen alle jüdischen Einwohner den Ort: 13 konnten emigrieren, davon sieben in die USA, je drei nach Frankreich und Argentinien. Weitere 20 verzogen innerhalb Deutschlands, davon sechs nach Nürnberg, vier nach München und zehn in andere Orte.

Die letzten neun jüdischen Bürger hatten sich zum Wegzug aus Thalmässing nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 entschlossen.

Das Gedenkbuch des Bundesarchivs verzeichnet 31 in Thalmässing geborene jüdische Bürger, die dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen.[1]

Persönlichkeiten

Siehe auch

Literatur

  • Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Band 3: Ochtrup – Zwittau. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08079-6 (Online-Ausgabe).
  • Peter Kuhn: Die Kunstdenkmäler von Bayern. Jüdischer Friedhof Georgensgmünd. Neue Folge Bd. 6. Deutscher Kunstverlag, München und Berlin 2006, ISBN 3-422-06559-8, S. 34–36.

Weblinks

Einzelnachweise