James V. Neel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

James Van Gundia Neel (* 22. März 1915 in Hamilton, Ohio; † 1. Februar 2000 in Ann Arbor, Michigan) war ein US-amerikanischer Genetiker.

Leben

Neel erwarb 1935 einen Bachelor am College of Wooster in Wooster, Ohio und 1939 bei Curt Stern einen Ph.D. an der University of Rochester in Rochester, New York. Nach kurzer Tätigkeit als Zoologe studierte Neel Medizin, erwarb 1944 einen M.D. und schloss 1946 seine Ausbildung als Internist an den Strong Memorial and Rochester Municipal Hospitals ab. Im gleichen Jahr wurde er Assistent im Labor für Wirbeltiergenetik an der University of Michigan. 1946/1947 diente er in den Army Medical Corps und leitete Feldstudien für die Atomic Bomb Casualty Commission. 1948 übernahm Neel die Leitung der Heredity Clinic (etwa: Klinik für Erbkrankheiten) am Institut für Humanbiologie der University of Michigan. 1956 gründete Neel die Abteilung für Humangenetik an der University of Michigan School of Medicine, wo er – bis zu seinem Ruhestand 1985 – zuletzt Lee R. Dice University Professor of Human Genetics war. Auch nach seiner Emeritierung war Neel wissenschaftlich aktiv, die letzte Arbeit mit seiner Co-Autorenschaft erschien 2004.

James V. Neel starb 2000 an Krebs. Er war verheiratet und hatte drei Kinder.

Wirken

Neel galt als führend auf dem Gebiet der Genetik als Teilgebiet der Medizin. Mit seinen Arbeiten über die Sichelzellenanämie und die Thalassämie konnte er zeigen, dass die Regeln der Vererbung auf verbreitete menschliche Krankheiten anwendbar sind. Mit einfachen Labortests für heterozygote Träger der Gene für diese Hämoglobinopathien konnte er jeweils den rezessiven Erbgang beweisen. Die Arbeiten von Linus Carl Pauling und Mitarbeitern zur Struktur des Hämoglobins ergänzten Neels Arbeiten.

Weitere Arbeiten Neels befassten sich mit der Thrifty gene hypothesis zur Erklärung, warum genetisch mitbedingte Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder arterielle Hypertonie so verbreitet sind, obwohl sie nachteilig für den Träger sind, mit den Folgen der Fortpflanzung unter Blutsverwandten („Inzest“), mit der Abschätzung des Zeitraums der Besiedlung Amerikas oder mit den genetischen Besonderheiten abgeschiedener Populationen wie den Yanomami im Amazonasgebiet.

Mit seiner Tätigkeit für die Atomic Bomb Casualty Commission, eine Kommission zur Untersuchung von Folgeschäden nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki, galt Neel als weltweit führend auf dem Gebiet der genetischen Veränderungen durch ionisierende Strahlung und ihrer schwierigen, sich auf populationsgenetischen Daten stützende Abschätzung.

Nach Neels Tod entwickelte sich eine Debatte darum, ob Neel während seiner Feldforschung im Amazonasgebiet dort eine Masern-Epidemie ausgelöst oder bekämpft hat.[1]

Auszeichnungen (Auswahl)

Literatur

  • James V. Neel Is Dead at 84; Leading Genetics Researcher. In: New York Times, 3. Februar 2000
  • K. M. Weiss, R. H. Ward: James V. Neel, M.D., Ph.D. (March 22, 1915-January 31, 2000): founder effect. In: American Journal of Human Genetics. Band 66, Nummer 3, März 2000, S. 755–760, ISSN 0002-9297. doi:10.1086/302793. PMID 10712193. PMC 1288160 (freier Volltext).
  • W. J. Schull: James Van Gundia Neel. In: Genetic epidemiology. Band 18, Nummer 4, April 2000, S. 289–291, ISSN 0741-0395. doi:10.1002/(SICI)1098-2272(200004)18:4<289::AID-GEPI1>3.0.CO;2-O. PMID 10797588.
  • Susan Lindee: James Van Gundia Neel (1915–2000). In: American Anthropologist. Band 103, Nummer 2, Juni 2001, S. 502–505
  • J. F. Crow: James V. Neel: 22 March 1915 - 1 February 2000. In: Proceedings of the American Philosophical Society. Band 146, Nummer 1, März 2002, S. 123–127, ISSN 0003-049X. PMID 12068903.
  • W. J. Schull: James Van Gundia Neel, March 22, 1915 - February 1, 2000. In: Biographical memoirs. National Academy of Sciences (U.S.). Band 81, 2002, S. 214–233, PMID 12661560.
  • K. M. Weiss, W. J. Schull: Perspectives fulfilled: the work and thought of J. V. Neel (1915-2000). In: Perspectives in biology and medicine. Band 45, Nummer 1, 2002, S. 46–64, ISSN 0031-5982. PMID 11796931.
  • J. F. Crow: Jim Neel–some memories. In: Mutation Research. Band 543, Nummer 2, März 2003, S. 93–96, ISSN 0027-5107. PMID 12644177.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jose F. Cordero et al.: Response to allegations against James V. Neel in Darkness in El Dorado, by Patrick Tierney. In: American Journal of Human Genetics. Band 70, Nummer 1, Januar 2002, S. 1–10, ISSN 0002-9297. doi:10.1086/338147. PMID 11715114. PMC 384880 (freier Volltext).
  2. Albert Lasker Basic Medical Research Award – 1960 Winners bei der Lasker Foundation (laskerfoundation.org); abgerufen am 12. Juni 2012
  3. Dr. James Van Gundia Neel bei der American Philosophical Society (amphilsoc.org); abgerufen am 12. Juni 2012
  4. Book of Members 1780–present (PDF, 95 kB) der American Academy of Arts and Sciences (amacad.org); abgerufen am 12. Juni 2012
  5. James Van Gundia Neel bei der National Science Foundation (nsf.org); abgerufen am 12. Juni 2012