Jean-Baptiste Carpeaux
Jean-Baptiste Carpeaux (* 11. Mai 1827 in Valenciennes; † 12. Oktober 1875 in Courbevoie bei Paris) war ein französischer Bildhauer.
Leben und Wirken
Nach Abschluss seiner Schulzeit finanzierte Carpeaux seinen Lebensunterhalt einige Zeit durch die Anfertigung von Modellen und Klischees für die Kunstindustrie. Erst später besuchte er die École nationale supérieure des beaux-arts de Paris. Dort war er Schüler der Bildhauer Francisque Joseph Duret und François Rude. 1854 wurde Carpeaux anlässlich einer Ausstellung der Académie Française mit dem Prix de Rome ausgezeichnet.
Mit dem Preis verbunden war ein großzügiges Reisestipendium, das Carpeaux eine Reise durch Italien und einen längeren Aufenthalt in Rom ermöglichte. Neben dem Studium der antiken Meister interessierte ihn aber auch „die moderne Kunst“. Als eines seiner wichtigsten Werke auf dieser Reise ist der „neapolitanische Fischerjunge“ zu nennen. Mit seiner kurze Zeit später fertiggestellten Büste „La Palombella“ (eine junge Sabinerin) hatte Carpeaux seinen eigenen Stil gefunden und war aus dem Schatten seiner Lehrer herausgetreten.
Anlässlich einer Ausstellung in Valenciennes (Département Nord) stellte Carpeaux die Büste des Lachenden Mädchens der Öffentlichkeit vor und ging wieder nach Rom zurück. Dort schuf er nach Vorlagen von Dante Alighieri die Gruppe des von seinen vier Söhnen und Enkeln umgebenen Ugolino. Mit dieser Großplastik blieb Carpeaux einerseits dem Naturalismus verhaftet, andererseits schien er damit mit den Gesetzen der Plastik im Widerspruch stehen.
1862 kehrte Carpeaux nach Frankreich zurück und ließ sich Paris nieder. Er gründete ein Atelier und eine der ersten Arbeiten dort waren „Büste der Prinzessin Mathilde“ (1863) und „Das Mädchen mit der Muschel“ (1864). Mit seiner „Statue des kaiserlichen Prinzen“ machte er den Hof auf sich aufmerksam und er erhielt den Auftrag, den Flora-Pavillon des Louvre auszuschmücken.
Sein Hauptwerk, La Danse an der Fassade des Erdgeschosses der Neuen Oper in Paris, in welchem ausgelassene Lebensfreude, dramatische Kraft, aber auch wilde Üppigkeit zum Ausdruck kommen, löste eine heftige Polemik aus, die durch alle dem Regime des Kaisers Napoleon III. feindlichen Elemente genährt wurde. Dieses Meisterwerk ist durch eine äußerst lebhafte Wiedergabe der Gebärden und einen wachen Sinn für die Einzelheit ausgezeichnet. Als eine Folge dieses Streits wurde ein in der Nacht vom 27. auf den 28. August 1869 durchgeführter Angriff angesehen. Ein empörter Bürger schleuderte ein Tintenfass gegen die Plastik. Die Flecken konnten jedoch entfernt werden.
Am 12. Oktober 1875 erlag Jean-Baptiste Carpeaux einem Krebsleiden. Er starb in seinem Haus in Courbevoie und fand seine letzte Ruhestätte auf dem Cimetière Saint-Roche in seiner Heimatstadt.
Ehrungen
- 1866 Ritter der Ehrenlegion
Schüler (Auswahl)
- Jules Dalou (1838–1902)
- Jean-Louis Forain (1852–1931)
- Olin Levi Wagner (1844–1896)
Werke (Auswahl)
- Neapolitanischer Fischerknabe
- La Palombella (Büste)
- Lachendes Mädchen (Büste)
- Gruppe des von seinen vier Söhnen und Enkeln umgebenen Ugolino (Bronzeguss), Paris, (Jardin des Tuileries)
- Édouard André (Büste) 1863[1]
- Prinzessin Mathilde (1863, Büste)
- Das Mädchen mit der Muschel (1864)
- Statue des kaiserlichen Prinzen
- Die Fontäne der vier Weltteile (Jardin du Luxembourg)
- Die Statue Antoine Watteaus
- Die Büste von Alexandre Dumas dem Jüngeren
- Die Porträtbüste von Eugenie Fiocre (1869).
Literatur
- James D. Draper (Hrsg.): The passions of Jean-Baptiste Carpeaux. MMA, New York 2014, ISBN 978-0-300-20431-5 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Metropolitan Museum of Art, 10. März bis 26. Mai 2014).
- Emmanuelle Grugerolles (Hrsg.): Jean-Baptiste Carpeaux. Dessinateur. Beaux-Arts de Paris, Paris 2012, ISBN 978-2-84056-376-1 (zugl. Katalog der gleichnamigen Ausstellung, École nationale supérieure des beaux-arts de Paris, 15. November 2012 bis 9. Februar 2012)
- Ernest Chesneau: Le statuaire Jean-Baptiste Carpeaux. Sa vie et son œuvre. Quantrin, Paris 1880.
- Dirk Kocks: Jean-Baptiste Carpeaux. Rezeption und Originalität (Kölner Forschungen zu Kunst und Altertum; Bd. 3). Richarz-Verlag, Sankt Augustin 1981, ISBN 3-88345-402-8 (zugl. Habilitationsschrift, Universität Köln 1981)
- Michel Poletti: Jean-Baptiste Carpeaux. L'homme qui faisait danser les pierres. Édition Gourcuff Gradenigo, Montreuil 2012, ISBN 978-2-35340-142-0.
- Anne M. Wagner: Jean-Baptiste Carpeaux. Der Tanz. Kunst, Sexualität und Politik (Reihe Kunststück). Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 1989, ISBN 978-3-596-23961-0.
Weblinks
Louvre Paris
- Pêcheur à la coquille Modèle original, plâtre H. : 0,91 m. ; L. : 0,47 m. ; Pr. : 0,54 m.
- Flore 1875 Terre cuite H. : 1,37 m. ; L. : 1,80 m. ; Pr. : 0,79 m.
- L'Agriculture et la Science Plâtre H. : 0,25 m. ; L. : 0,38 m. ; Pr. : 0,18 m.
- Insecula: Jean-Baptiste Carpeaux
- Jean-Baptiste Carpeaux, Alexandra Matzner über den Bildhauer des Zweiten Kaiserreichs
Einzelnachweise
- ↑ Musée d'Orsay: Notice d'Oeuvre. Abgerufen am 4. Januar 2021.
Personendaten | |
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NAME | Carpeaux, Jean-Baptiste |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Bildhauer |
GEBURTSDATUM | 11. Mai 1827 |
GEBURTSORT | Valenciennes |
STERBEDATUM | 12. Oktober 1875 |
STERBEORT | Courbevoie bei Paris |