Jerzy Kosiński

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Eric Koch: Jerzy Kosiński (1969)

Jerzy Nikodem Kosiński (geboren als Józef Lewinkopf; * 14. Juni 1933 in Łódź, Polen; † 3. Mai 1991 in New York) war ein US-amerikanischer Schriftsteller polnisch-jüdischer Herkunft.

Leben

Kosiński wurde als Sohn von Mieczysław Lewinkopf und Elżbieta, geb. Liniecka, 1933 im polnischen Łódź geboren. Nach dem deutschen Überfall auf Polen musste er auf Grund seiner jüdischen Abstammung im Land untertauchen. Dank eines gefälschten Taufzeugnisses auf den Namen Jerzy Nikodem Kosiński überlebte er den Zweiten Weltkrieg in einer katholischen polnischen Familie. Er selbst hat später behauptet, sich in verschiedenen Dörfern vor den Deutschen versteckt zu haben, was sich aber als unwahr herausstellte.

Von 1950 bis 1956 arbeitete er im Winter als Skilehrer in Zakopane und in den Sommermonaten als Betreuer in Międzyzdroje. Dazwischen studierte er in Łódź Politik. Dieses Studium schloss er 1953 erfolgreich ab; im Jahre 1955 folgte sein Universitätsabschluss in Geschichte. Anschließend arbeitete er an der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau als Doktorand. Nachdem er aufgrund seiner Kritik an den politischen Verhältnissen in Polen mehrfach mit den Behörden in Konflikt geraten war, nutzte er 1957 die Möglichkeit zur Emigration in die USA. Dort schlug er sich zunächst mit verschiedenen Gelegenheitsarbeiten durch, um wenig später u. a. mit Unterstützung der Ford Foundation seine wissenschaftliche Karriere mit großem Erfolg fortzusetzen. Den Schwerpunkt seiner Forschungen bildeten Studien über die totalitäre Massengesellschaft und deren Gesellschaftspsychologie.

Im Januar 1962 heiratete er die Millionärin Mary Hayward Weir, die junge Witwe eines amerikanischen Großindustriellen. Im selben Jahr starb sein Vater in Polen. 1965 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im darauffolgenden Jahr ließ er sich von seiner Frau scheiden. Sie starb zwei Jahre später. Durch die Verbindung mit Mary Weir gelangte Kosiński in engen Kontakt mit Kreisen der amerikanischen Machtelite aus Wirtschaft und Politik. Von 1967 bis 1968 war er an der Princeton University tätig. Im Jahre 1971 verstarb seine Mutter. Nach der politischen Wende besuchte er 1989 sein Heimatland Polen anlässlich des dortigen Erscheinens von The Painted Bird (Der bemalte Vogel), seinem ersten in Polen veröffentlichten Buch.

Kosiński betätigte sich zweimal als Schauspieler: In dem Filmdrama Reds aus dem Jahr 1981 von und mit Warren Beatty sowie in der Komödie Hotline zum Himmel aus dem Jahr 1989 mit Sandra Bullock. Für die Komödie Willkommen Mr. Chance (Being There) aus dem Jahr 1979 mit Peter Sellers in der Hauptrolle schrieb er auf der Grundlage seines eigenen Romans das Drehbuch und wurde dafür mit dem Writers Guild of America Award ausgezeichnet.

Am 3. Mai 1991 starb Jerzy Kosiński durch Suizid. Alsbald aufkommende Spekulationen, er sei während der Ausübung extremer sexueller Praktiken gestorben, wurden durch die Existenz eines Abschiedsbriefes entkräftet.[1] Darin notierte er: „Ich werde jetzt ein wenig länger als gewöhnlich schlafen. Nennen wir es Ewigkeit.“[2]

Werk und Kontroversen

Zu Beginn seiner Tätigkeit als Schriftsteller arbeitete er zeitweilig unter dem Pseudonym Joseph Novak. Zu seinen Werken zählt das Buch Homo Sowjeticus, ein soziologischer Bericht über die Sowjetische Gesellschaft um 1960 aus der Innenperspektive. In dem Roman The Painted Bird beschreibt er angebliche persönliche Erfahrungen während des Zweiten Weltkrieges. Dies stellte sich später als Unwahrheit heraus. Das Werk handelt von einem Jungen, der während des Krieges durch Polen irrt und sich versteckt hält. Der Roman wurde von einigen Kritikern als polenfeindlich betrachtet. Kosiński bestritt dies stets und verwies darauf, dass die Nationalität des Jungen absichtlich nicht genannt werde.

Kritiker, unter anderem The Village Voice, warfen Kosiński vor, dass ein großer Teil seiner Werke nicht aus seiner Feder stamme. Sie verwiesen auf die großen Stilunterschiede zwischen seinen Werken und behaupteten, seine Werke seien Plagiate von Werken unbekannter polnischer Autoren.[3] Seine Verteidiger wiederum wiesen darauf hin, dass er seinen Stil mit der Zeit variiert habe, was nicht ungewöhnlich sei.

Literaturkritiker der linksliberalen Gazeta Wyborcza kamen nach Stilanalysen und Auswertung von Dokumenten zur Überzeugung, dass Kosińskis angeblich autobiographische Erzählungen als einer der größten „Schwindel in der Literaturgeschichte“ anzusehen seien.[4]

Werke

  • The Future is Ours, Comrade, 1960
  • No Third Path, 1962, dt. Homo Sowjeticus. Der Mensch unter Hammer und Sichel, Scherz-Verlag 1962
  • The Painted Bird, Roman, 1965
    • Deutsche Ausgabe: Der bemalte Vogel. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Herbert Roch. Arche, Zürich 1965 u. 2011, ISBN 978-3-7160-2673-1.
  • Steps, 1968, dt. Aus den Feuern, 1970
  • Being There, 1971, dt. Willkommen Mr. Chance, 1978
  • The Devil Tree, 1973, dt. Der Teufelsbaum, 1975
  • Cockpit, Roman, 1975
    • Deutsche Ausgabe: Cockpit. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Tommy Jacobsen. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1978, ISBN 978-3-1004-1201-0.
  • Blind Date, 1977
  • Passion Play, 1979
  • Pinball, 1982
  • The Hermit of 69 th Street, 1988
  • Passing By, 1992

Fußnoten

  1. Alessandra Stanley: Jerzy Kosiński, The Writer, 57, Is Found Dead. In: »New York Times« 4. Mai 1991.
  2. auf Englisch: „I am going to put myself to sleep now for a bit longer than usual. Call it Eternity.“ https://www.telegraph.co.uk/films/0/horrifying-war-film-ever-made-painful-history-behind-painted/
  3. Jerzy Kosinski: A Biography - Reviewed by D. G. Myers, 1996
  4. Klamcy zagłady, in: Gazeta Wyborcza, Beilage Ale Historia, 4. Dezember 2021, S. 7.

Literatur

  • James P. Sloan: Jerzy Kosinski: A Biography, Diane Pub. Co., 1996, ISBN 0-7881-5325-0.
  • Joanna Siedlecka: Czarny ptasior [Der schwarze Vogel], CIS, 1994, ISBN 83-85458-04-2 polnisch.
  • Welch D. Everman: Jerzy Kosiński: the Literature of Violation, Borgo Press, 1991, ISBN 0-89370-276-5.
  • Marcel Reich-Ranicki: Über Amerikaner. Von Hemingway und Bellow bis Updike und Philip Roth, dtv, München 2004, ISBN 978-3-423-13476-7.

Weblinks

Commons: Jerzy Kosinski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien