Jewish Defense League

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JDL-Graffiti im Marais, Juli 2006, kurz nach dem Ausbruch des Libanonkriegs zwischen Hisbollah und Israel

Die Jewish Defense League (JDL; auf Deutsch Jüdische Verteidigungsliga) ist eine kahanistische Organisation, deren erklärtes Ziel es ist, Juden in der Diaspora mit allen Mitteln vor Antisemitismus zu beschützen, die von ihr dafür als notwendig betrachtet werden.

Terrorismus-Vorwürfe

Ursprüngliches Ziel des Gründers Rabbi Meir Kahane war es, chassidische Juden im Brooklyn der 1960er Jahre vor Übergriffen und wachsendem Antisemitismus zu schützen. Seit der Gründung der Organisation waren Mitglieder der JDL immer wieder in zahlreiche gewalttätige Übergriffe auf afroamerikanische Gangs, Neonazis, Repräsentanten der ehemaligen Sowjetunion und Moslems verwickelt. Eine Reihe von versuchten terroristischen Anschlägen werden der JDL zwar zugerechnet, dies wird von dieser aber stets zurückgewiesen.[1]

Das von Baruch Goldstein 1994 in Hebron verübte Massaker wird von der JDL als „Präventivschlag“ gerechtfertigt. Laut der JDL habe der Täter mit der Ermordung von 29 betenden Arabern lediglich vorbeugend gehandelt, da sonst angeblich ein Angriff der einheimischen Araber auf die israelischen Siedler in Hebron bevorgestanden hätte. Goldstein war selbst einst Mitglied der JDL.[2] In Hebron finden sich bis heute Graffiti der JDL, mit denen „Araber in die Gaskammern!“ gefordert wird.[3]

Neben der JDL existiert als politischer Arm die israelische Kach-Partei sowie die dazugehörige Organisation Kahane Chai (Kahane lebt), welche von der israelischen Regierung nach dem Massaker von Hebron für illegal erklärt wurden.

Die JDL verurteilt in ihren offiziellen Publikationen jede Form von Terrorismus und Rassismus.[4] Das FBI hingegen bezeichnete die Organisation in seinem Terrorismus-Report 2000/2001 als „gewalttätige, extremistische jüdische Organisation“ und brachte die JDL-Führung zumindest mit einem vereitelten Terroranschlag in Verbindung.[5] FBI-Statistiken zeigen, dass es im Zeitraum von 1980 bis 1985 18 von Juden begangene Terroranschläge in den USA gegeben hat[6] und 15 davon von JDL-Mitgliedern verübt worden waren.[6]

Die JDL wird von der antirassistischen Organisation Southern Poverty Law Center überwacht.[7]

Geschichte

JDL-Vorsitzende

Vergast die Araber“-Graffiti in Hebron.[8][9] Ständige Graffiti in Hebron, die die Ausweisung oder Ermordung der Araber fordern, wurden als Erbe von Meir Kahane beschrieben.[10][11]
  • 1968–1971 Rabbi Meir Kahane.
  • 1971–1973 David Fisch, ein religiöser Student der Columbia University, welcher später Artikel für jüdische Zeitungen schrieb und das Buch Jews for Nothing veröffentlichte.
  • 1973–1974 Kein Vorsitzender. Diese Zeit war von Machtkämpfen und Chaos innerhalb der JDL geprägt, bis Rabbi Kahane im August 1974 zurückkehrte und für Ordnung sorgte.
  • 1974–1976 Russell Kellner, ursprünglich aus Philadelphia, zog für den Posten des Vorsitzenden nach New York.
  • 1976–1978 Bonnie Pechter.
  • September bis Dezember 1978: Victor Vancier, auch bekannt unter seinem hebräischen Namen Chaim Ben Pesach. Trat zurück, als er wegen Bombenanschlägen gegen ägyptische Ziele in den USA ins Gefängnis musste. Die Anschläge sollten den Rückzug der Israelischen Armee aus dem Sinai verhindern. Bereits 1983 wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt.
  • 1979–1981 Brett Becker, ursprünglich aus Florida, zog für den Posten des Vorsitzenden nach New York.
  • 1981–1983 Meir Jolowitz, ursprünglich aus Arizona, zog für den Posten des Vorsitzenden nach New York.
  • 1983–1984 Fern Sidman.
  • 1984–1987 Victor Vancier. Ab 1985 erklärte sich Irv Rubin selbst zum Vorsitzenden, wurde aber außerhalb von Los Angeles nicht als solcher akzeptiert.
  • 1990–2002 Irv Rubin: Übernahm bis zu seinem Tod die volle Kontrolle, nachdem Victor Vancier erneut ins Gefängnis musste und Rabbi Kahane 1990 bei einem Anschlag in New York ums Leben kam.

Danach übernahm Bill Maniaci den Vorsitz. Als dieser zurücktrat, wurde Matt Finberg Vorsitzender, danach nahm Ian Sigel diese Position ein.

Wichtige Ereignisse

Im Jahr 1978 musste der damalige JDL-Vorsitzende Victor Vancier ins Gefängnis, als er den Rückzug der israelischen Armee aus dem Sinai durch Bombenanschlägen auf ägyptische Ziele in den USA verhindern wollte. Er wurde 1983 aus dem Gefängnis entlassen und übernahm 1984 erneut den Vorsitz der JDL.

Am 31. Dezember 1975 besetzten 15 JDL-Mitglieder das Büro des dauerhaften Beisitzers der Vatikanstadt innerhalb UNO, John Cheli, um für die päpstliche Anerkennung israelischer Zwecke zu protestieren, nachdem sie diesen daraus verdrängt hatten. Nach einer Stunde zogen sie sich jedoch wieder zurück, da Cheli die Polizei eingeschaltet hatte und die JDL mit ihm abgesprochen hatte, dass er Papst Paul VI. einen von ihr verfassten Bericht übergibt. Der Bericht enthielt unter anderem Kritik daran, dass der Papst zuvor die Israelis nach der Anerkennung von Palästinenser-Rechten gefragt hatte.[12]

Am 16. März 1978 bot Irv Rubin, angesichts eines Aufmarsches der American Nazi Party in Skokie, jedem, der ein Mitglied der ANP „tötet, verstümmelt oder schwer verletzt“, ein Kopfgeld von 500 $ an. Rubin wurde dafür wegen Aufruf zum Mord beschuldigt, 1981 jedoch freigesprochen.[13]

Am 11. Oktober 1985 wurde der arabischstämmige Anti-Diskriminierungs-Aktivist Alex Odeh durch einen Bombenanschlag in Santa Ana, Kalifornien, getötet. Er war Bezirksvorstand des „American-Arab Anti-Discrimination Committee (ADC)“. Irv Rubin sagte dazu, dass er kein Mitgefühl für Odeh habe.[6] Nach Rubins Auffassung habe Odeh „bekommen, was er verdient hat“.[6] Das FBI vermutete die JDL hinter der Tat, konnte aber keine ausreichenden Beweise finden.[14]

1987 wurde Victor Vancier wegen sechs Bombenangriffen auf sowjetische Ziele in den USA erneut verhaftet und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, aber nach fünfeinhalb Jahren auf Bewährung entlassen. Die Anschläge sollten die Sowjetunion dazu bewegen, eine Emigration der sowjetischen Juden zu ermöglichen. Aufgrund eines dadurch erlittenen Image-Schadens begann die JDL sich von Vancier zu distanzieren. Nach seiner Entlassung gründete er daher die Jewish Task Force (JTF).[15][16]

1995 gab es einen Brandanschlag auf den Wohnsitz des Holocaustleugners Ernst Zündel in Toronto, der einen Schaden von 400.000 Dollar verursachte.[17] Eine Gruppe namens „Jewish Armed Resistance Movement“ bekannte sich zu diesem Angriff.[17] Laut der kanadischen Zeitung Toronto Sun hatte die Gruppe Kontakte zur JDL und zu Kahane Chai.[17] Meir Weinstein, der Führer der JDL in Toronto, bestritt eine Verwicklung in den Anschlag, wurde jedoch, zusammen mit dem amerikanischen JDL-Führer Irv Rubin, fünf Tage später selbst bei dem Versuch erwischt, bei Zündel einzubrechen und daher von der Polizei festgenommen.[17]

Im Jahr 2001 konnten Bombenattentate auf das Büro des arabischstämmigen Kongress-Mitglieds Darrell Issa und die King Fahd Moschee in Culver City, Kalifornien verhindert werden. Als Tatverdächtige wurden der JDL-Vorsitzende Irv Rubin und Earl Krugel angeklagt.[18][19] Beide wurden im Rahmen einer verdeckten Operation verhaftet, in der ein FBI-Informant Sprengstoff bei Krugels Zuhause in Los Angeles geliefert hatte.[20] Rubin behauptete unschuldig zu sein. Im November 2002 beging er vor einem Gerichtstermin, laut offizieller Darstellung, Selbstmord, indem er sich die Kehle aufschnitt und aus einem Fenster im zweiten Stockwerk sprang. Einige Tage später, am 13. November, erlag er seinen Verletzungen.[21] Rubins Familie bezweifelt, dass er sich selbst das Leben nahm.[22][23] Der andere Angeklagte, Earl Krugel, wurde im Jahr 2005 zu 20 Jahren Haft verurteilt und noch im selben Jahr, am 4. November, im Gefängnis ermordet.[24]

Im Oktober 2004 spaltete sich die JDL in zwei konkurrierende Gruppen auf, welche beide unter dem gleichen Namen agierten.

Im April 2005 wurde die ursprüngliche Internet-Domain[25] von ihrem Betreiber Network Solutions aufgrund von angeblichen Rechtsverstößen aufgekündigt; kurze Zeit später ging die neue Domain[26] online.

2006 wurde die Gruppe B'nai Elim gegründet, welche von den meisten früheren Anhängern der JDL unter Irv Rubin unterstützt wird.

Die in Frankreich ansässige JDL, die Ligue de Défense Juive (LDJ), ist der ursprünglichen JDL unter Rabbi Meir Kahane ähnlich. Ihre selbsterklärte Aufgabe besteht darin, die französische jüdische Gemeinschaft vor den, vor allem in Paris stattfindenden, permanenten Angriffen von antisemitischen Gruppen, wie zum Beispiel Tribu Ka zu schützen. Die LDJ ist ihrer Methode nach eher offensiv als defensiv und wird von einem Teil der französischen Juden unterstützt. In den letzten Jahren erschienen viele positive Artikel in israelischen und britischen Medien, welche die LDJ zum Thema hatten. Allerdings wurde 2010 in Frankreich eine Gruppe junger Juden am Mord von Said Bourarach verdächtigt. Ihnen wurde vorgeworfen, den Moslem Bourarach aus rassistischer Motivation ermordet zu haben. Mindestens zwei der Verdächtigen hatten anscheinend Kontakte zur Ligue de Défense Juive.[27]

Im Januar 2011 veranstaltete die kanadische JDL eine Kundgebung zur Unterstützung der islamfeindlichen English Defence League (EDL).[28]

Im April 2011 führte die kanadische JDL einen Protest gegen die Gay Pride Toronto durch. Grund dafür war der Umstand, dass auch die Queers Against Israeli Apartheid („Queers gegen die israelische Apartheid“) an der Veranstaltung teilgenommen hatten. Die JDL forderte die anderen homosexuellen Teilnehmer auf, diese Gruppierung zu verurteilen, und kündigte an, so lange gegen die Veranstaltung zu protestieren, bis dies geschehen sei. Weil dies jedoch nicht erfolgte, kam es während des Protests zu zahlreichen schwulenfeindlichen Äußerungen der JDL gegen die Pride-Teilnehmer.[29] 2012 platzierten zwei Mitglieder der JDL in Paris eine Bombe im Auto des französischen Journalisten Jonathan Moadab. Die Täter wurden zu sechs und zehn Monaten Haft verurteilt.[30]

Quellen

  1. Die Anti-Defamation League über die JDL
  2. Archivlink (Memento vom 3. November 2011 im Internet Archive)
  3. [1] JDL: "Arabs to the gas chambers"
  4. JDL.org: „Anti-Terrorism and Anti-Racism“ (Memento vom 10. Oktober 2011 im Internet Archive), Mai 2009, abgerufen am 16. Juni 2009
  5. FBI — Terrorism 2000/2001
  6. a b c d Michael K. Bohn: The Achille Lauro Hijacking: Lessons in the Politics and Prejudice of Terrorism. Brassey's Inc., 2004, ISBN 1574887793, S. 67.
  7. SPLCenter.org: Anti-Arab Terrorism
  8. Baltzer, Anna. Witness in Palestine: A Jewish American Woman in the Occupied Territories. page 279
  9. http://www.salem-news.com/articles/january152011/gassing-arabs-tg.php
  10. Jewish terrorism in Israel. By Ami Pedahzur, Arie Perliger. 2009, page 73
  11. Encyclopedia of American religion and politics. Paul A. Djupe, Laura R. Olson. 2003, page 239
  12. Report by Daniel Patrick Moynihan about the incident
  13. "JDL's new leader was born in Montreal" Montreal Gazette, August 20, 1985, D10.
  14. Harvey W. Kushner(2002): Encyclopedia of Terrorism. Sage Publications Inc., 2002, ISBN 0-7619-2408-6, S. 192–193
  15. [2]
  16. [3] Yassin Musharbash. Demagogie im Netz: Allianz der Islamophoben
  17. a b c d Shermer, Michael. Why People Believe Weird Things. 1997, page 185
  18. Two JDL leaders charged in bomb plot. In: CNN, 13. Dezember 2001. Abgerufen am 2. Mai 2010. 
  19. Linda Deutsch, "U.S. Jewish militants charged in bomb plot: Los Angeles mosque, congressman's office were intended targets", Ottawa Citizen, December 13, 2001
  20. JDL Head Arrested, JewishJournal.com, December 14, 2001.
  21. Terror Suspect Irv Rubin Dies (Memento vom 1. Dezember 2002 im Internet Archive), November 15, 2002.
  22. Militant US Jew's 'suicide bid' challenged, November 7, 2002; Tom Tugend, November 8, 2002.
  23. Family of JDL Leader Rubin Sues Gov't, Associated Press, January 24, 2003.
  24. Jewish extremist killed in jail, BBC News, November 6, 2005.
  25. jdl.org
  26. jewishdefenseleague.org
  27. 'French Jews killed Muslim out of racist motives'. Ynetnews. Abgerufen am 15. Mai 2010.
  28. "Troubling marriage for T.O. Jews", Toronto Sun, January 12, 2011
  29. Jewish Defense League holds protest at Pride Toronto (Memento vom 1. Februar 2012 im Internet Archive)
  30. Artikel in der Times of Israel

Siehe auch: Kahanismus

Weblinks