Josef Bachmann

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Josef Erwin Bachmann (* 12. Oktober 1944 in Reichenbach im Vogtland; † 24. Februar 1970) war ein deutscher rechtsextremistischer Attentäter. Er schoss am 11. April 1968 in West-Berlin auf Rudi Dutschke, eine Leitfigur der studentischen Protestbewegung. Dutschke überlebte schwerstverletzt und mit bleibenden Behinderungen. Bachmann beging später im Gefängnis Suizid. Er hatte lange Zeit als durch rechtsextremes Gedankengut motivierter Einzeltäter gegolten, bis 2009 Verbindungen in die rechtsextreme politische Szene bekannt wurden.

Leben

Jugend

Bachmann verbrachte bis zu seinem 23. Lebensjahr insgesamt ca. zwei Jahre in Krankenhäusern, unter anderem, weil er mit vier Jahren mit einer offenen Lungentuberkulose eingeliefert wurde. Er war ein schlechter Schüler. Sein Vater zeigte keinerlei Interesse für ihn. Ein Onkel wurde zum „Ersatzvater“, kam jedoch wegen politischer Agitation in ein DDR-Zuchthaus, da er seine Meinung über Politiker in der Öffentlichkeit verbreitete. Die Familie verließ 1956 die DDR und zog zu einer Tante ins Ruhrgebiet.

Bachmann besuchte dort wegen seiner schlechten schulischen Leistungen eine Hilfsschule, die er jedoch frühzeitig wieder verlassen musste. Nach einer gescheiterten Berufsausbildung war er als Hilfsarbeiter tätig, wobei er häufig den Arbeitsplatz wechselte. Zusammen mit einem Freund beging Bachmann mehrere Einbrüche. Nach erfolglosen Versuchen, ein neues Leben in Frankreich zu beginnen, kehrte er nach Deutschland zurück. In München arbeitete er zuletzt als Eisenwerker und Anstreicher, kündigte jedoch schon nach nur einer Woche am 8. April 1968. Am 10. April 1968 fuhr er abends mit dem Interzonenzug nach Berlin.

Attentat auf Rudi Dutschke

Fahrrad mit Aktentasche von Rudi Dutschke am Ort des Attentats
Zwei Projektile, die Dutschke aus der Wange und aus der Schulter entfernt wurden

Am 11. April 1968 wartete Bachmann mit zwei Pistolen bewaffnet in der Nähe des SDS-Büros auf dem Kurfürstendamm auf Rudi Dutschke. Er beschimpfte ihn als „dreckiges Kommunistenschwein“ und feuerte drei Schüsse auf Dutschke ab. Nach seiner Verhaftung gab er zu Protokoll:

„Ich möchte zu meinem Bedauern feststellen, dass Dutschke noch lebt. Ich hätte eine Maschinenpistole kaufen können. Wenn ich das Geld dazu gehabt hätte, hätte ich Dutschke zersägt.“[1]

Er wurde wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Dutschke wurde durch zwei Schüsse in den Kopf schwer verletzt und überlebte das Attentat nur knapp. Rudi Dutschke hatte am 24. Dezember 1979 einen epileptischen Anfall (eine Spätfolge der beim Attentat erlittenen Kopfverletzungen) und ertrank in der heimischen Badewanne.

Für Bachmanns Mordmotiv wurde von einem rechtsextremen Hintergrund ausgegangen, da er beim Attentat einen Artikel der Deutschen National-Zeitung (heutiger Name National-Zeitung) bei sich trug. Darauf waren fünf Fotos von Dutschke als Steckbrief arrangiert, mit der Überschrift: „Stoppt Dutschke jetzt! Sonst gibt es Bürgerkrieg“. Vor allem im linkspolitischen Spektrum wurde eine Mitverantwortung auch bei der Bild-Zeitung gesehen, die in der Zeit vor dem Anschlag massiv gegen die 68er-Bewegung agitiert hatte (unter anderem rief sie zum „Ergreifen“ der „Rädelsführer“ auf). Er ist damit für viele ein Sinnbild für den Einfluss der Bild-Zeitung auf die Öffentlichkeit geworden. Am 4. März 1969 wurde Bachmann während seines Prozesses von dem Vorsitzenden Richter dazu befragt, welche Zeitungen er gelesen habe. Zunächst behauptete Bachmann, er habe „linke Blätter: Wahrheit, Neues Deutschland, Spiegel, Stern, pardon“ gelesen. Erst auf Nachfrage des Richters ergänzt er „Nationalzeitung“ und „Deutsche Nachrichten“.[2]

Mittlerweile gilt als gesichert, dass Bachmann aus einem rechtsextremen Hintergrund heraus agierte. So machte Bachmann einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zufolge mit dem früheren NPD-Mitglied Wolfgang Sachse im niedersächsischen Peine Schießübungen und kaufte bei ihm Schusswaffen und Munition.[3][4]

Auch hatte Bachmann demnach Kontakt zu einer Gruppe von Rechtsextremen, die Sprengstoffanschläge verübte.[5] Eine 2009 veröffentlichte Stasi-Akte enthielt Hinweise auf Kontakte zur Braunschweiger Gruppe.[3]

Zuchthaus und Tod

Dutschke trat mit seinem Attentäter später in einen Dialog,[6] dessen Wirkung auf Bachmann umstritten ist. Einige Quellen behaupten, dass Bachmann Dutschke größtenteils ignoriert habe, andere sagen, dass Bachmann dieser Dialog sehr wichtig gewesen sei und dass er Suizid verübt habe, weil er längere Zeit nichts mehr von Dutschke gehört habe. Bachmann beging am 24. Februar 1970 im Zuchthaus Suizid, indem er sich mit einer Plastiktüte über dem Kopf erstickte. Fünf Trauergäste nahmen an seiner Beerdigung teil, unter ihnen Horst Mahler, damals Rudi Dutschkes Anwalt. Er legte im Auftrag Dutschkes einen Blumenstrauß auf das Grab. Die Binde trug die Aufschrift: „Ein Opfer der Klassengesellschaft“.[7] Nach Bachmanns Tod schrieb Dutschke: „Der Kampf für die Befreiung hat gerade erst begonnen; leider kann Bachmann daran nun nicht mehr teilnehmen.“[8]

Einzelnachweise

  1. Jürgen Elsässer: Drei Kugeln auf Rudi Dutschke. In: Neues Deutschland, 11. April 2008, Seite 3.
  2. Ulrich Chaussy: Die drei Leben des Rudi Dutschke. Eine Biographie. Hermann Luchterhand Verlag, Darmstadt/Neuwied 2. Aufl. 1983, ISBN 3-472-86576-8, S. 285
  3. a b Enthüllung durch Stasi-Akte: Dutschke-Attentäter hatte Kontakt zu Neonazis. In: Spiegel Online. 5. Dezember 2009, abgerufen am 13. April 2020.
  4. Reinhard Mohr: Enthüllung über Dutschke-Attentäter: Schrecken aus dem braunen Sumpf. In: Spiegel Online. 6. Dezember 2009, abgerufen am 13. April 2020.
  5. Norbert Kandel: Prozeß gegen Rechtsradikale: Bombe vom V-Mann. In: zeit.de. 14. November 1980, abgerufen am 13. April 2020.
  6. „Lieber Josef Bachmann …“ Diese Briefe schrieb Dutschke an seinen Attentäter. Bild.de, 27. April 2010, abgerufen am 11. April 2018.
  7. Dorothea Hauser: Baader und Herold. Beschreibung eines Kampfes. Berlin 1997, S. 143.
  8. Rudi Dutschke: Die Tagebücher 1963–1979. Köln 2005, S. 122.