Jugend (Erzählung)
Jugend (engl. Originaltitel Youth) ist eine von Joseph Conrad im Jahre 1898 verfasste, aber erst 1902 im Erzählband Youth, a Narrative, and Two Other Stories veröffentlichte, Kurzerzählung.
Die Geschichte handelt von dem jungen Seemann Marlow, der als zweiter Offizier seine erste Reise nach Asien antritt. Da das Schiff aber vor Java in Brand gerät, sieht sich die Mannschaft gezwungen, in die Beiboote zu gehen und an Land zu rudern, weshalb sie das Vorhaben, nach Bangkok zu fahren, aufgeben muss.
In der eigentlichen Rahmenhandlung erzählt Marlow 20 Jahre später einigen anderen Seemännern von diesen Ereignissen.
Wie schon in anderen Erzählungen baut die Geschichte auf eigenen autobiografischen Erlebnissen Conrads auf.
Handlung
Die Geschichte handelt davon, dass Marlow, der von seinen Erlebnissen in der Rahmenhandlung 22 Jahre später seinen Freunden erzählt, in seiner Jugend als zweiter Offizier seine erste Fahrt nach Asien antritt. Das Schiff Judea auf dem er anheuert, soll eine Ladung Kohle nach Bangkok bringen.
Auf Grund eines heftigen Sturms kommt es aber bereits auf der Fahrt zu dem Hafen, in dem die Kohle an Bord gebracht werden soll, zu erheblichen Verzögerungen, weshalb das Schiff die Ladefrist versäumt, was die Abfahrt um einen Monat verzögert. Als das Schiff dann schließlich ablegen soll, wird es in der Nacht zuvor von einem Dampfer gerammt und stark beschädigt. Die dadurch anfallenden Reparaturarbeiten verursachen eine weitere Verzögerung um 3 Wochen.
Schließlich läuft das Schiff nach Bangkok aus, gerät aber kurz darauf erneut in einen heftigen Sturm, in dem es stark beschädigt wird. Der Kapitän sieht sich gezwungen umzukehren und das Schiff erneut reparieren zu lassen.
Nach sechsmonatiger Reparatur läuft das Schiff erneut aus und gelangt ohne weitere Zwischenfälle bis vor die Küste Australiens. Dort entzündet sich allerdings die geladene Kohle von selbst. Zwar gelingt es der Mannschaft, das Feuer einige Tage in Schach zu halten, doch kommt es schließlich vor der Küste Javas zu einer heftigen Explosion, die einen großen Teil des Decks zerfetzt.
In dieser Situation bietet ein Dampferkapitän seine Hilfe an, die aber der Kapitän der Judea ablehnt, da er vor dem Verlassen des Schiffes so viele Wertgegenstände wie möglich in Sicherheit bringen möchte. In drei Booten macht sich schließlich die Mannschaft auf den Weg zur Küste. Dabei erhält Marlow das Kommando über eines der Boote. Von jugendlichem Ehrgeiz getrieben, erreicht er schließlich noch vor dem Kapitän die Küste Javas und somit den ersehnten Orient.
Ein Leitmotiv der Erzählung ist das Motto des Schiffes: "... like a cry to the clouds without mercy, the words written to her stern: `Judea, London. Do or Die.´" (... wie ein Schrei zu den Wolken ohne Gnade, die auf ihrem Heck geschriebenen Worte: `Judea, London. Handle oder stirb.´) Das Motto wird vier Mal, in besonders verzweifelten Situationen wiederholt. Der Seemann macht es sich zu eigen; er anerkennt die Zwangslagen, will sich ihnen aber nicht ergeben, sondern nimmt sie als Herausforderung an.[1]
Erzählperspektive
Zum ersten Mal verwendet Conrad hier die Figur des Marlow als Erzähler. Dabei erzählt Marlow in einer Rahmenhandlung einigen anderen Seeleuten von seinen früheren Erlebnissen. Bei der Rahmenhandlung handelt es sich um eine auktoriale Erzählsituation. Die eigentliche Geschichte wird von Marlow in direkter Rede erzählt, weshalb es sich bei dieser um eine Ich-Erzählung und somit um eine personale Erzählsituation handelt.
Die Figur Marlow und damit die Erzählperspektive des sich distanziert erinnernden Seemannes hat Conrad noch mehrfach verwendet, so auch in seinem wohl bekanntesten Werk Herz der Finsternis.
Ausgaben (Auswahl)
- Erzählungen I. Der Nigger von der "Narcissus" – Jugend – Herz der Finsternis. Edition Maritim, Hamburg 2006, ISBN 978-3-89225-553-6. (Übersetzer: Lore Krüger u. a.).
- Jugend. Suhrkamp, 1964, ISBN 978-3-518-01386-1
- Herz der Finsternis / Jugend / Das Ende vom Lied. Fischer, Frankfurt 2009, ISBN 978-3-596-90163-0
- Jugend. Ein Bericht. Fischer Taschenbuchverlag, 2001, ISBN 978-3-596-50422-0
Einzelnachweise
- ↑ Julika Griem: "Brüchiges Seemannsgarn: Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Werk Joseph Conrads", Gunter Narr Verlag, Tübingen 1995