Jusuf Gërvalla

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Jusuf Gërvalla (* 1. Oktober 1945 in Dubovik, Gemeinde Dečani, Jugoslawien[1]; † 18. Januar 1982 in Untergruppenbach) war ein kosovarischer Aktivist, Musiker, Autor und Journalist. Er wurde 1982 in Untergruppenbach erschossen.[2]

Leben

Jusuf Gërvallas Vater starb, als er sechs Jahre alt war. 1959 zog seine Mutter Ajshe mit den Geschwistern nach Slowenien und er blieb bei seinem Onkel mütterlicherseits, um seine schulische Ausbildung am Gymnasium in Peć/Peja abschließen zu können. Er studierte dann an der Universität Pristina und an der Universität Ljubljana und begann zu dieser Zeit auch mit dem Theaterspiel. 1972/73 absolvierte er seinen Militärdienst. Im Anschluss arbeitete er als Journalist in Skopje und in Pristina. 1978, dem Jahr, in dem er auch als Hörfunk- und Fernsehredakteur begann, war er Mitbegründer der LKÇK. Er verfasste poetische und dann auch prosaische Literatur und musizierte unter anderem zusammen mit seinem Bruder Bardhosh.[3] In der Universitätszeitschrift Bota e re (albanisch für Die neue Welt) der Universität Pristina wurden 1974 erstmals von ihm verfasste Gedichte veröffentlicht: Baladë për shevarin und Kalon pranë meje. Sein erster Roman aus dem Jahre 1975 mit dem Titel Dy florinj të një dashurie wurde nie veröffentlicht, sein zweiter Roman Rrotull erst nach seinem Tod, ebenso wie sein Drama Procesi.

Am 17. Januar 1980 flüchtete Jusuf Gërvalla vor einer bevorstehenden Verhaftung aus politischen Gründen nach Ludwigsburg in Deutschland, wo sein jüngerer Bruder Bardhosh bereits seit 1974 lebte. Einige Monate später floh auch seine Frau Suzana mit ihren beiden Söhnen und der Tochter nach Deutschland. Seine Tochter Donika war in den 1990er Jahren u. a. stellvertretende Vorsitzende der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK).

Mordfall Gërvalla

Der damals 36-jährige Jusuf Gërvalla, sein Bruder Bardhosh (31) und der befreundete, in der Ostschweiz lebende Journalist Kadri Zeka (28)[4] fuhren im Januar 1982 bei Heilbronn rückwärts aus einer Garage. Zwei Männer tauchten auf und schossen zwölfmal auf die Insassen, wobei sie Lunge, Herz und Genick trafen.[5]

Ein Polizeiexperte stellte damals fest: „Drei Schüsse pro Person, um das Opfer festzunageln, dann kam der tödliche Nachschuss. Das waren absolute Profis.“ Das Attentat auf die drei Freiheitskämpfer galt damals als der blutigste und brutalste Anschlag auf Ausländer in Baden-Württemberg.[6]

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Heilbronn hatte damals eine Belohnung zur Ergreifung der Täter in Höhe von 10.000 Mark ausgesetzt. Es wurde für den Fall eigens die Sonderkommission „Untergruppenbach“ gegründet. Der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth warnte ausländische Extremisten davor, ihre Auseinandersetzungen in Deutschland gewaltsam auszutragen.[6] Die Ermittlungen übernahm dann das Bundeskriminalamt, auch die Schweizer Bundespolizei beteiligte sich an den Ermittlungen.[4] "Bis heute gibt es keine wirklichen Ermittlungen von bundesdeutschen Behörden zu dem Fall. Dies obwohl für den BND klar war, dass es sich um eine Aktion der UDBA handelte. Bis dato schweigen deutsche Behörden zu den Morden in Baden-Württemberg."[7]

Gërvallas Leichnam, der in der Nähe von Stuttgart beigesetzt war, wurde 2002 in seinen Geburtsort Dubovik überführt, wo mehrere 10.000 Menschen am Grab gewesen sein sollen.[6]

Nachwirkungen

Das Aufstellen einer Gedenktafel in der Nähe des Tatorts 2003, dem bereits Gemeinderat und Bürgermeister zugestimmt hatten, scheiterte zuletzt an der Sorge der Nachbarn, dass sich Untergruppenbach zum Wallfahrtsort für Kosovaren entwickeln könnte.[6] Anlässlich des 30. Jahrestags des Attentats besuchte der Justizminister und Stellvertreter des Premierministers Kosovos, Hajredin Kuçi, die „Memorial Academy“-Veranstaltung in Pristina, deren Schirmherrschaft Ministerpräsident Hashim Thaçi übernommen hatte, und äußerte, dass die Nachwirkungen des Dreifachmordes an den Brüdern Gërvalla und an Kadri Zeka die politische Organisation des Kosovos sowie dessen Internationalisierung und Förderung in westlichen diplomatischen Kreisen gestärkt und gefördert hätten.[8]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise