Kulmer Recht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Kölmisches Recht)

Kulmer Recht bezeichnet in übergreifender Weise das mittelalterliche Recht der durch den Deutschritterorden bestimmten Region Preußens. Es gründet sich auf zwei Rechtsdokumente:

Die Kulmer Handfeste war vom Deutschen Orden zuerst für seine Städte Kulm und Thorn ausgestellt worden, doch bildete sie das Muster der meisten Stadtrechtsverleihungsurkunden im preußischen Ordensstaat, so dass ihr der Charakter eines Grundgesetzes zukommt. Das Dokument wurde am 28. Dezember 1233 vom 4. Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, erlassen. Die Originalurkunde ging wahrscheinlich bereits 1244 beim Überfall des ostpommerschen Herzogs Swantopolk II. auf die Stadt Kulm verloren. Eine Neuausfertigung der Handfeste mit leichten Veränderungen zu Gunsten des Deutschen Ordens wurde 1251 erstellt. Das Kulmer Recht war u. a. aus dem Magdeburger Recht sowie vorherigem Sächsischen Recht (Sachsenspiegel) entwickelt worden. In Danzig ersetzte der Orden das zuvor vom polnischen König gewährte Magdeburger Recht durch Kulmer Recht. Das Kulmer Recht wurde in ganz Preußen benutzt und in einzelnen Städten noch durch deren Willküren und Rechte ergänzt. In Pomerellen wurde 1343 das Kulmer Recht ebenfalls eingeführt. Die Herzöge des unabhängigen Masowiens (erst seit 1525 bei Polen) gründeten Städte nach Kulmer Recht, so Czersk (Weichsel).

Der Alte Kulm wurde nicht vom Deutschen Orden geschaffen und von ihm nie offiziell anerkannt, wurde aber bis 1400 in allen größeren Städten des preußischen Ordensstaates rezipiert und war seitdem im Gebrauch. Es ist ein seit den 1380er Jahren nach schlesischen Quellen (Systematisches Breslauer Schöffenrecht) entwickeltes Rechtsbuch. Die Vulgatfassung lag spätestens 1394 vor (Entstehungsjahr der ältesten bekannten Handschrift). Die ursprünglichen acht Bücher wurden neu gruppiert und auf fünf verteilt; im fünften Buch sind zusätzlich Stücke aus dem Schwabenspiegel eingearbeitet.

Im 16. Jahrhundert erfolgte eine Revidierung und Glossierung des Alten Kulm, der nunmehr Landesgesetz wurde. Weitere Überarbeitungen erfolgten im 17. und 18. Jahrhundert. Die neue Fassung Das Vollständige Culmische Recht wurde unter Mitarbeit von M.C. Hanow 1767 bei Joh. Fr. Bartels in Danzig gedruckt und verlegt.[1]

Nach Kulmer Recht gegründete Städte

Die Namen bis 1945, heutigen Namen (in Klammern) und Gründungsjahr

Im preußischen Ordensstaat:


Im eigenständigen Herzogtum Masowien (erst 1526 von Polen annektiert):

Literatur

  • Udo Arnold: Landläufige Kulmische Rechte. In: Verfasserlexikon. Band 5, Berlin u. a. 1985, Sp. 547 f.
  • Dieter Heckmann: Das Kulmer Privilegienbuch (1431-1456). Beschreibung zum Zweck der Erschließung. In: Marie-Luise Heckmann und Jürgen Sarnowsky (Hrsg.): Schriftlichkeit im Preußenland (= Tagungsberichte der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung. Bd. 30), Osnabrück: fibre-Verlag, 2020 ([1]), S. 187–209
  • Danuta Maria Janicka ([2]): Prawo karne w trzech rewizjach prawa chełmińskiego z XVI wieku, Toruń: TNT, 1992, ISBN 83-85196-50-1
  • Danuta Janicka: Nauka o winie i karze w dziejach klasycznej szkoły prawa karnego w Niemczech w 1 połowie XIX wieku, Toruń: Wydaw. Uniwersytetu Mikołaja Kopernika, 1998, ISBN 83-231-0985-0
  • Peter Johanek: Alter Kulm. In: Verfasserlexikon. Bd. 2, Berlin u. a. 2. Auflage 1978, Sp. 267–269
  • Ralf Päsler: Deutschsprachige Sachliteratur im Preußenland bis 1500. Untersuchungen zu ihrer Überlieferung, Köln u. a. 2003, S. 197, 222–224 und 243–252
  • Jus Culmense ex ultima revisione, oder das vollständige culmische Recht, mit Anmerkungen, Danzig 1767 [3] [4]
  • Alexander Rogatschewski: Zur Geschichte des „Alten Kulms“ und anderer preußischer Rechtsbücher nach St. Petersburger Quellen, in: R.G. Päsler/D. Schmidtke (Hg.): Deutschsprachige Literatur des Mittelalters im Östlichen Europa. Forschungsstand und Forschungsperspektiven, Heidelberg 2006, S. 199–244

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Handschriftencensus: 'Alter Kulm'. Abgerufen am 10. Dezember 2020.