Rheinmetall KZO

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KZO
Rheinmetall KZO ILA 2012 1.jpg
Auf der Startvorrichtung montierte KZO
Typ TUAS
Entwurfsland
Hersteller * Rheinmetall
Erstflug 1998
Indienststellung 2005
Stückzahl mindestens 60
KZO bei der ILA 2010

Die KZO (Kleinfluggerät Zielortung; früher Brevel) des Herstellers Rheinmetall ist ein unbemanntes Luftfahrzeug (eine sogenannte Drohne, fachlich ein

tactical unmanned aerial system

, kurz TUAS), das die Heeresaufklärungstruppe und die Artillerietruppe des Deutschen Heeres zur Aufklärung und Zielortung einsetzt.

Fluggerät

Die durch ein Raketentriebwerk startende, dann mittels eines Propellers angetriebene und schließlich an einem Fallschirm landende Drohne liefert per Funk fortlaufend Videoaufnahmen an die Bodenstation. Der Zeitversatz bleibt unter einer Minute.[1] Da die Kamera auf Infrarotstrahlung ausgelegt ist, funktioniert sie unabhängig von Tageslicht. Die Datenübertragung wurde auf eine Reichweite von mindestens 120 km ausgelegt und erfolgt mit radargeführten Richtantennen sowie Frequenzspreizung mit Frequenzsprungverfahren.[2] In der Praxis beträgt die Reichweite 100 km und die Aufklärungsreichweite 65 km.[3] Die abzufliegende Route wird vor dem Start programmiert, kann aber während des Einsatzes geändert werden. Autonome Geländeüberwachung und Zielverfolgung sind ebenfalls möglich.

Zur Entwicklung bildete die französisch-britische Matra BAe Dynamics und die deutsche STN Atlas Elektronik das Konsortium GIE Eurodrone, welches von Deutschland und Frankreich beauftragt wurde.[4] Zur Jahrtausendwende tendierte Frankreich gegen und Deutschland für eine Beschaffung. Die Serienfertigung wurde im Jahr 2001 vom Bundestag beschlossen. Bis Mitte 2009 wurden sechs Systeme mit je zehn Drohnen im Gesamtwert von 300 Millionen Euro bestellt.[5] Zu jedem System gehören Bodenstation und je zwei Startrampen-, Antennen-, Wartungs- und Bergungsfahrzeuge.[6] Das erste Seriensystem wurde der Bundeswehr am 28. November 2005 in Bremen vom heutigen Generalunternehmer Rheinmetall Defence Electronics (RDE) übergeben. Seit 24. November 2006 ist das KZO ein amtlich zugelassenes unbemanntes Luftfahrzeug. Die Wehrtechnische Dienststelle 61 in Manching hat mit der Musterzulassung die Verkehrssicherheit und die Luftfahrttauglichkeit des Systems KZO bescheinigt. Damit ist in der Bundesrepublik erstmals ein unbemanntes Luftfahrzeugsystem vollständig nach einer Zulassungsnorm für unbemannte Luftfahrzeuge geprüft und für den bestimmungsgerechten Einsatz zugelassen worden. Rheinmetall Defence Electronics ist der Inhaber der Musterzulassung.

Die Drohne wird von einem Startfahrzeug aus einem Behälter mittels eines Feststoff-Raketentriebwerkes (Booster) gestartet. Den Motor für den Propeller liefert seit Sommer 2010 der Hersteller Göbler-Hirth Motoren.[7] Die Landung an einem Fallschirm wird beim Aufsetzen auf dem Boden durch Airbags gedämpft. Das Fluggerät ist nach wenigen Stunden wieder einsatzbereit. Vor einem erneuten Einsatz müssen folgende Flugverbrauchsmaterialien erneuert werden: Fallschirm, eine Bergebatterie für die Landung der Drohne, zwei Airbags mit kleinen Druckgasflaschen sowie Treibstoff. 2007 betrug der Stückpreis brutto rund 3.000.000 Euro. Bis 2007 gab es zudem 18 Verluste.[8] Bis Juni 2014 wurden insgesamt 61 Aufklärungsdrohnen geliefert, von denen sich zu diesem Zeitpunkt 43 Drohnen im „nutzbaren Bestand“ der Bundeswehr befanden. Insgesamt gingen bis Juni 2014 18 KZO verloren, von den 12 zerstört wurden (9 durch Absturz) und 6 als vermisst galten.[9] Bis Mitte Februar 2012 waren lediglich drei KZO während der Ausbildung in Deutschland und vier während des Einsatzes in Afghanistan abgestürzt.[10]

Einsätze

Seit Ende Juli 2009 wurde das Drohnensystem KZO von der Bundeswehr im Rahmen des ISAF-Einsatzes im Raum Kunduz in Afghanistan eingesetzt. Das Beobachtungspanzerartilleriebataillon 131 aus Mühlhausen/Thüringen ist der erste Verband, der im Ausland das KZO-System einsetzte. Es folgte ab Januar 2010 das Artillerielehrregiment 345 aus Kusel.

KZO-Abschuss in Kundus, März 2012

Komponenten des Gesamtsystems

2 Züge à:

  • 1 × Startfahrzeug (Mercedes LKW 5t mil gl)
  • 1 × Antennenfahrzeug MB 5t mil gl (2 t Überlast)
  • 1 × Bodenkontrollstation MB 5t mil gl HÜ/Kabine 15ft, betrieben mit drei Soldaten (Kommandant, Navigator und Bildauswerter)
  • 1 × Instandsetzungsfahrzeug MB 5t mil gl HÜ/Kabine 15ft
  • 1 × Bergefahrzeug MB Unimog U5000
  • 1 × Betankungsanlage MB 5t mil gl
  • 5 × Drohne mit Transport- und Lagerbehälter (TuLb)

zusätzlich, nicht durch das Unternehmen gestellt:

  • 1 × MB 5t mil gl / Kabine IIFM-A Bodengeräte Insttrupp
  • 1 × MB Wolf (lang) Als Einsatz- und Kabelverlegetrupp (HVE)
  • 2 × MB 2t mil gl / Kabine IFM-A Packesel/WSA MES2/3

Drohne Mücke

Auf Basis der Drohne KZO wurde Ende der 90er Jahre ein Versuchsmuster einer Drohne zur Durchführung elektronischer Gegenmaßnahmen (EloGM) entwickelt. Die EloGM Drohne Mücke als ein „luftgestützter VHF/UHF-Störer“ sollte durch die Fähigkeit räumlich flexibel, flächendeckend und breitbandig zu stören die Wirksamkeit bisheriger bodengestützter Abstandsstörer in entscheidendem Maße erweitern. Insgesamt wurden vier Versuchsmuster gebaut und in einem Feldversuch überprüft. Auf Grund von Antennenproblemen wurde eine vorgesehene Definitionsphase zur Umsetzung als Projekt vorzeitig beendet. Ein Versuchsmuster ist in der Wehrtechnischen Studiensammlung Koblenz ausgestellt.[11]

EloGM Drohne Mücke in der WTS Koblenz

Technische Daten

Kenngröße Daten
Länge 2,26 m
Spannweite 3,42 m
Höhe 0,955 m
maximale Abflugmasse 168 kg (voll aufgerüstet)
Geschwindigkeit 120–216 km/h
Antrieb Zwei-Zylinder-Heckpropellermotor von ZF Sachs mit 24 kW (33 PS)
Aufklärungsflughöhe 800–3000 m
Einsatzgipfelhöhen 300–3500 m
Maximale Flughöhe 4000 m
Aufklärungsreichweite 065 km mit Störer,
100 km ohne Störer (max. 140 km)
Mindesteinsatzdauer 3,5 h
maximale Einsatzdauer 4 h
Aufklärungssensorik Wärmebildkamera Zeiss „Ophelios“ mit 8-fach Zoom

Literatur

  • Reinhard Scholzen: Heeresaufklärung. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2012. ISBN 978-3-613-03408-2.
  • Reinhard Scholzen: Aufklärende Artillerie. In: Truppendienst 2, 2014, S. 146–150.

Weblinks

Commons: Rheinmetall KZO – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. System KZO. Bundesministerium der Verteidigung. 7. August 2012. Abgerufen am 10. Juni 2013.
  2. EADS to supply data-link for German Army reconnaissance drone 'KZO' (Memento vom 19. Juni 2013 im Webarchiv archive.today)
  3. Kleinfluggerät für Zielortung. Bundesministerium der Verteidigung. 13. November 2012. Abgerufen am 10. Juni 2013.
  4. Brevel. Federation of American Scientists. 21. September 1999. Abgerufen am 10. Juni 2013.
  5. Afghanistan: Bundeswehr setzt millionenteure Mini-Drohnen ein. Spiegel Online. 8. August 2009. Abgerufen am 10. Juni 2013.
  6. Unmanned Air Vehicles for the Army – Future Concepts (PDF; 3,39 MB) NATO. April 1999. Archiviert vom Original am 4. März 2016. Abgerufen am 10. Juni 2013.
  7. Hirth Motors Receives Contract to Produce Engine for Rheinmetall Defence Electronics KZO UAV (Memento vom 19. Juni 2013 im Webarchiv archive.today)
  8. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/17/144/1714436.pdf
  9. Übersicht: Drohnen der Bundeswehr und Drohnenverluste. Presse- und Informationsstab im Bundesministerium der Verteidigung, 20. August 2014, abgerufen am 9. April 2015.
  10. Drucksache 17/8335 (PDF; 353 kB) Deutscher Bundestag. S. 16. 16. Februar 2012. Abgerufen am 10. Juni 2013.
  11. Exponatbeschreibung EloGM Drohne in der Wehrtechnischen Studiensammlung Koblenz, Stand Juli 2021