Kabuki
Kabuki (japanisch
„Gesang und Tanz“) ist das traditionelle japanische Theater des Bürgertums der Edo-Zeit. Es besteht aus Gesang, Pantomime und Tanz. Kabuki ist eine im Wesentlichen säkulare Kunstform und etwas weniger formell als das ältere, vom Buddhismus geprägte Nō-Theater der Samurai. Kabuki wurde im Jahr 2005 in die UNESCO-Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit (seit 2008 Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit) aufgenommen.
Geschichte
Begründet wurde die Kunstform 1603 von Okuni vom Izumo-Schrein, einer Miko (Schreinmädchen), als diese zusammen mit anderen Frauen beim Kitano-Schrein in Kyōto Tanz und komödiantische Stücke darbot. Der Tanz selber basierte auf dem religiösen nembutsu odori (
, deutsch „Tanz zur Anrufung Buddhas“), den sie um erotische Gesten variierte, wodurch dieses Schauspiel den Namen Kabuki bekam – von kabuku „schockierend; nach vorne lehnen“.[1] Dieses Schauspiel wurde recht schnell von anderen Gruppen übernommen, wobei es häufig auch zur Prostitution kam, sodass das Tokugawa-Shogunat im Jahre 1629 alle Frauen von der Bühne und damit das „Frauen-Kabuki“ (
, onna kabuki) verbannte. Danach bestanden die Gruppen hauptsächlich aus jungen Männern, wobei bei diesem „Jünglings-Kabuki“ (
, wakashū kabuki) dasselbe Problem auftrat und 1652 auch dieses verboten wurde. Danach entwickelte sich Kabuki zu einer anspruchsvollen, hochstilisierten Nur-Männer-Form, genannt „Kerl-Kabuki“ (
, yarō kabuki).[2] Die Männer, welche die Frauen spielen, werden Onnagata (
oder
, weibliche Form beziehungsweise weibliche Person) genannt. Sie unterstreichen ihre Rollen mit betont verfeinerten Bewegungen und einer typischen „falsetto“-Stimme. Die beiden anderen Hauptstile, sozusagen die Männerrollen, sind Aragoto (
, deutsch „harter Stil“) und Wagoto (
, deutsch etwa: „weicher Stil“). Die Darsteller unterstreichen ihre Rollen durch ein traditionelles Make-up, Kostüme und Stimmlage. Das Aussehen des Aragoto wurde geprägt durch den Schauspieler Ichikawa Danjūrō I. in Edo und der Wagoto durch Sakata Tōjūrō I. im Kyōto-Osaka-Gebiet (Kansai-Region). Die Stücke werden in drei Kategorien eingeteilt: Jidaimono (
, deutsch „Historienstück“), Sewamono (
, deutsch „bürgerliches Stück“) und Shosagoto (
, deutsch „Tanzstück“). Die meisten Stücke handeln allerdings von Samurai.
Die Aufführung
Ein wichtiges Merkmal des Kabuki ist die Mie (
), eine charakteristische Pose des Darstellers. Viel verkauft wurden billige Farbdrucke mit Mie, also charakteristischen Posen der Darsteller, die nicht selten ein ganzes Gefolge von Verehrern, darunter auch Damen und Kurtisanen des Shogunatspalastes, hatten. Später wurde auch der Hanamichi (
, dt. „Blumenweg“) üblich, eine Art Laufsteg durch das Publikum, als zweite Bühne, auf dem der Darsteller zum Charakter wird.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts kamen auch Hub- und Drehbühnen in Gebrauch, mit denen die drei großen Theater in Edo, Kyōto und Osaka ausgestattet waren und die Scharen von Schaulustigen anzogen. Laternen an den Decken trugen die Embleme der wichtigsten Schauspieler.
Eine Kabuki-Vorstellung war ein ganztägiges gesellschaftliches Ereignis, während dessen auch gegessen und getrunken wurde. Immer wieder vertraten sich die Gäste auch die Beine in den Wandelgängen der Theater, wo man die anwesenden Schönheiten bewunderte, bzw. diese sich bewundern ließen. Besonders faszinierend fand das Publikum die üppige, farbige Bühnenausstattung und die ebenfalls farbenfrohen Kostüme der Darsteller.
In historischen Dramen tragen die Darsteller Kumadori, dick, unwirklich, maskenhaft aufgetragene Schminke.
In den anderen Stücken ist der Schminkstil realistischer, verhaltener. Soweit die Onnagata junge Frauen oder Kurtisanen spielten, schminkten sie sich aufreizend. Die Schauspieler stammten aus Schauspielerfamilien, in denen Rollen, Posen, Bewegungen, Kostüme und Schminkstil von Kind auf trainiert bzw. gelehrt wurden.
Ein typisches Stück ist „Die tausend Kirschbäume von Yoshitsune“ (Yoshitsune Senbon Zakura) über ein Abenteuer des Yoshitsune, Held der Seeschlacht von Dan-no-ura.
Moderne
Kabuki-Theater hat auch im modernen Japan noch begeisterte Anhänger. Berühmt sind das Kabukiza in Tokio, das Minamiza in Kyōto und das Shochikuza in Osaka.
Literatur
- Kunijō Kabuki Ekotoba (國女歌舞妓繪詞). 17./18. Jahrhundert, Online als klassisches Japanisch, modernes Japanisch, Englisch
- Torigoe Bunzõ: The actor’s art: Kabuki. In: Gunhild Avitabile, Jo-Anne Birnie Danzker (Hrsg.): Japan – Theater in der Welt. Museum Villa Stuck, München 1998, S. 65–72, 142–165, 250–261, ISBN 3-923244-17-7
- Regelsberger, Andreas: Schauspielerkörper, Puppenkörper und die Stimme des Rezitators Zur Imagination in Kabuki und Jôruri (PDF; 148 kB) (Archive (Memento vom 7. November 2013 auf WebCite)). Nachrichten der Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (NOAG), Universität Hamburg. Jg. 78, Heft 183–184 (2008). p. 105–117.
- Belletristik
- Dieter R. Fuchs: Historischer Japan-Roman Hannya – im Bann der Dämonin. Schwarzer Drachen Verlag, 2017, ISBN 978-3-940443-73-1[3]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Izumo no Okuni 出雲の阿国. In: Japanese Architecture and Art Net Users System. Abgerufen am 30. Mai 2010 (englisch).
- ↑ kabuki 歌舞伎. In: Japanese Architecture and Art Net Users System. Abgerufen am 30. Mai 2010 (englisch).
- ↑ Rezension der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur. (PDF) Abgerufen am 19. Dezember 2021.