Kapazitätsverordnung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Eine Kapazitätsverordnung enthält Regelungen, die für Fachhochschulen und Universitäten eines deutschen Bundeslandes gelten. Sie wird von der für Wissenschaft zuständigen Verwaltung erlassen. Von Bedeutung sind die in der Anlage enthaltenen CNW, da diese als Grundlage für die Aufnahmekapazität dienen.

Geschichte

Von grundlegender Bedeutung war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 1972. Dieses kippte die bis dahin gängige Praxis, dass jede universitäre Einrichtung für sich allein Zulassungsbeschränkungen nach eigenen Methoden festlegt. Der Tenor lautete, dass die Einschränkung der Berufsfreiheit nur auf Grund eines Gesetzes stattfinden dürfe. Auf dieser Grundlage einigten sich die Länder auf einen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen. Jedes Bundesland erließ wie festgelegt eine Kapazitätsverordnung und eine Vergabeverordnung. 1997 kamen spezifische Regelungen für medizinische Studiengänge hinzu.[1]

Standardformular

Wenn ein Studiengang neu eingerichtet wird oder sich wesentliche Werte ändern, reichen die Hochschulen für den betreffenden Studiengang ein Formular ein. Dies wird bei weiteren Aktivitäten der Verwaltung berücksichtigt. In Blatt 1 müssen die Nummern 1 bis 7 (verfügbare Stellen, Angebot an Deputatstunden, Deputatsminderungen, Lehrauftragsstunden, das unbereinigte Lehrangebot, der Dienstleistungsbedarf und das bereinigte Lehrangebot) angegeben und ein Vorschlag zur Festsetzung enthalten sein. Das Blatt 2 enthält Grunddaten zur Berechnung des unbereinigten Lehrangebots. In diesem sind die Stellengruppen und die Deputatsminderungen anzugeben, die in Blatt 2a begründet werden müssen. Blatt 2b muss alle Informationen der Studiengänge für die Berechnung des bereinigten Lehrangebotes enthalten. In Blatt 3 und Blatt 3a wird schließlich die jährliche Aufnahmekapazität angegeben.[1]

Inhalt

Eine Kapazitätsverordnung enthält Methoden zur Berechnung und Bestimmung aller Variablen, die für die Aufnahmekapazität relevant sind. Weiter gibt sie Auskunft über Minderungstatbestände und enthält Rechte und Pflichten für die Hochschulen und Universitäten. In den Anlagen werden die festgesetzten Curricularnormwerte aufgelistet.

Berechnungsmethoden:

  • Berechnung der Aufnahmekapazität
  • Angabe von Lehrauftragsstunden und Deputatstunden
  • Berechnung des Lehrangebots
  • Festsetzung der Zulassungszahl
  • Sonderberechnung für medizinische Studiengänge

Pflichten:

  • Einreichung eines Berichts nach Art. 6 Abs. 4 des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung

Vergleich nach Ländern

Bundesland Gesetz Verordnung Besonderheit
Baden-Württemberg Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg[2] Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[3] Überschriften, Nutzung des Bandbreitenmodells für Curricularnormwerte, Bandbreiten von Hochschulen per Satzung festgelegt
Bayern Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz[4] Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern[5] 8 Anlagen, Nutzung des Bandbreitenmodells für Curricularnormwerte
Berlin Berliner Hochschulzulassungsgesetz[6] Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[7] Angabe der Hochschulen in Anlage II, Anrechnung nach Lehrveranstaltungstypen
Brandenburg Brandenburgisches Hochschulgesetz[8] Verordnung über die Kapazitätsermittlung für die Hochschulen[9] Auflistung der Curricularnormwerte pro Hochschule / Universität
Bremen Bremisches Hochschulzulassungsgesetz[10] Verordnung über die Kapazitätsermittlung und die Festsetzung von Zulassungszahlen[11] keine
Hamburg Gesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen[12] Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[12] keine
Hessen Gesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen[13] Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[13] keine
Mecklenburg-Vorpommern Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen[14] Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[15] keine
Niedersachsen Niedersächsisches Hochschulzulassungsgesetz[16] Verordnung über die Kapazitätsermittlung zur Vergabe von Studienplätzen[17] Überschriften, Anlage 4: Musikpraktischer Einzelunterricht
Nordrhein-Westfalen Hochschulzulassungsgesetz[18] Verordnung zur Ermittlung der Aufnahmekapazität an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen für Studiengänge außerhalb des zentralen Vergabeverfahrens[19] Überschriften, Aufteilung in 13 Paragraphen, Nutzung des Bandbreitenmodells für Curricularnormwerte, Zusammenfassung der Studiengänge in Bereiche
Rheinland-Pfalz Landesgesetz zu dem Staatsvertrag zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland über die Vergabe von Studienplätzen[20] Landesverordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[21] keine
Saarland Gesetz über die Zustimmung zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen[22] Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[22] keine
Sachsen Sächsisches Hochschulzulassungsgesetz[23] Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen[24] keine
Sachsen-Anhalt Hochschulzulassungsgesetz Sachsen-Anhalt[25] Kapazitätsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt[26] Nutzung des Bandbreitenmodells für Curricularnormwerte
Schleswig-Holstein Hochschulzulassungsgesetz[27] Landesverordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularwerte, die Festsetzung von Zulassungszahlen, die Auswahl von Studierenden und die Vergabe von Studienplätzen[28] Überschriften, Nutzung des Bandbreitenmodells für Curricularnormwerte, Zulassung und Berechnung Curricularnormwerte / Aufnahmekapazität in einer Verordnung
Thüringen Thüringer Hochschulzulassungsgesetz[29] Thüringer Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen an den staatlichen Hochschulen[30] Vergabe von Studienplätzen und Festsetzung der Curricularnormwerte in einer Verordnung, Nutzung des Bandbreitenmodells für Curricularnormwerte, Zusammenfassung zu Bereichen

Aufnahmekapazität

Die Aufnahmekapazität gibt an, wie viele Studenten in einem bestimmten Zeitraum an einer Hochschule oder Universität immatrikuliert werden können.

Arten

Es wird zwischen der personellen und der räumlichen Aufnahmekapazität unterschieden. Die räumliche Aufnahmekapazität bezieht sich auf die zur Verfügung stehende Fläche. Die personelle Aufnahmekapazität orientiert sich an dem vorhandenen Lehrpersonal. Sie kann jährlich und semesterlich angeben werden.

Berechnung

Die Formel zur Berechnung lautet , wobei S durch das Lehrangebot definiert wird.

Anwendung

In der Praxis wird nur noch die personelle Aufnahmekapazität angewendet.[1]

Erlass

Die Anlagen werden je nach Erfordernis aktualisiert und neu erlassen. Dies betrifft besonders die CNW, sofern die Hochschulen und Universitäten Änderungen anmelden.

Für die Berliner Wissenschaftsverwaltung gilt folgendes Verfahren:

  1. Erstellung eines Entwurfs
  2. Abstimmung auf Abteilungsebene
  3. Beteiligung der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung auf Arbeitsebene (nach § 37 GGO II)[31]
  4. Anhörungsverfahren (nach § 39 Abs. 1 GGO II)[31]
  5. Zuleitung des Entwurfs an die Fraktionen (nach § 39 Abs. 3 GGO II)[31]
  6. Auswertung der Stellungnahmen und Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung
  7. Schlusszeichnung durch den zuständigen Staatssekretär
  8. Mitzeichnung durch die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung
  9. Schlusszeichnung der Verordnung
  10. Unterzeichnung der Urschrift durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin

Einzelnachweise

  1. a b c Leitfaden der Uni Gießen – abgerufen am 13. Mai 2019
  2. Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg – abgerufen am 8. September 2019
  3. Kapazitätsverordnung Baden-Württemberg – abgerufen am 13. August 2018
  4. Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz – abgerufen am 8. September 2019
  5. Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern – abgerufen am 13. August 2018
  6. Berliner Hochschulzulassungsgesetz – abgerufen am 8. September 2019
  7. Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen für Berlin – abgerufen am 13. August 2018
  8. Brandenburgisches Hochschulgesetz – abgerufen am 8. September 2019
  9. Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Brandenburg – abgerufen am 13. August 2018
  10. Bremisches Hochschulzulassungsgesetz – abgerufen am 8. September 2019
  11. Verordnung über die Kapazitätsermittlung und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Bremen – abgerufen am 13. August 2018
  12. a b Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Hamburg – abgerufen am 13. August 2018
  13. a b Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Hessen (KapVO) – abgerufen am 2. Juni 2020.
  14. Staatsvertrag über die Vergabe von StudienplätzenPDF-Datei, abgerufen am 8. September 2019
  15. Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Mecklenburg-Vorpommern – abgerufen am 13. August 2018
  16. Niedersächsisches Hochschulzulassungsgesetz – abgerufen am 8. September 2019
  17. Verordnung über die Kapazitätsermittlung zur Vergabe von Studienplätzen des Landes Niedersachsen – abgerufen am 13. August 2018
  18. Hochschulzulassungsgesetz für Nordrhein-Westfalen – abgerufen am 8. September 2019
  19. Verordnung zur Ermittlung der Aufnahmekapazität an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen für Studiengänge außerhalb des zentralen Vergabeverfahrens des Landes Nordrhein-Westfalen – abgerufen am 13. August 2018
  20. Landesgesetz zu dem Staatsvertrag zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland über die Vergabe von Studienplätzen – abgerufen am 8. September 2019
  21. Landesverordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Rheinland-Pfalz – abgerufen am 13. August 2018
  22. a b Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Saarland (Memento des Originals vom 14. August 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sl.juris.de – abgerufen am 13. August 2018
  23. Sächsisches Hochschulzulassungsgesetz – abgerufen am 8. September 2019
  24. Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen des Landes Sachsen – abgerufen am 13. August 2018
  25. Hochschulzulassungsgesetz Sachsen-Anhalt – abgerufen am 8. September 2019
  26. Kapazitätsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt – abgerufen am 13. August 2018
  27. Hochschulzulassungsgesetz für Schleswig-Holstein – abgerufen am 8. September 2019
  28. Landesverordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularwerte, die Festsetzung von Zulassungszahlen, die Auswahl von Studierenden und die Vergabe von Studienplätzen des Landes Schleswig-Holstein – abgerufen am 13. August 2018
  29. Thüringer Hochschulzulassungsgesetz – abgerufen am 8. September 2019
  30. Thüringer Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen an den staatlichen Hochschulen (Thüringer Vergabeverordnung) – abgerufen am 13. August 2018
  31. a b c GGO IIPDF-Datei, abgerufen am 13. August 2018