Karrabing Film Collective

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Das Karrabing Film Collective ist ein indigenes Film- und Kunstkollektiv, das sich 2008 in Australien geformt hat. Die Filme des Kollektivs wurden auf der Countour Biennale 8 (2017), den 67. Internationale Filmfestspielen Berlin – Berlinale in der Kategorie Forum Expanded (2017), der documenta 14 (2017), und der Sydney Biennale (2016) präsentiert.[1]

Gründung

Das Kollektiv hat sich als Reaktion auf die Angriffe des australischen Staats auf soziale und territoriale Strukturen der indigenen Bevölkerung gegründet und besteht aus ungefähr 30 Mitgliedern, die überwiegend in der Belyuen-Gemeinschaft in den Northern Territories leben. Karrabing bedeutet in der Emmiyengal-Sprache „Ebbe“ und bezieht sich auf eine Form der Kollektivität außerhalb der von der Regierung auferlegten Beschränkungen der Clanship oder des Landbesitzes.[2]

Werk

Die meisten Karrabing-Filme, die mit Handkameras und Telefonen gedreht wurden, dramatisieren und satirisieren die täglichen Szenarien und Hindernisse, denen sich Kollektivmitglieder bei ihren verschiedenen Interaktionen mit Unternehmen und staatlichen Stellen konfrontiert sehen. Karrabing komponiert nichtlineare Erzählungen, die das kulturelle Gedächtnis, den Ort und die Herkunft berühren, indem sie frei in Zeit und Ort springen. Die gemeinsam realisierten Filme eröffnen einen Raum jenseits der Gegensätze von Fiktion und Dokumentation, Vergangenheit und Gegenwart. Damit enthüllt und problematisiert das Kollektiv die langjährigen und anhaltenden Strukturen kolonialer Gewalt, die sich direkt auf die Mitglieder des Kollektivs auswirken, wie Umweltzerstörung, Landbeschränkungen und wirtschaftliche Ausbeutung.[2] Leitthema der Filme ist der Kampf, sich an die heimtückischeren alltäglichen Interventionen des Staates anzupassen (das Eindringen von Polizisten, Wohnungsunternehmen, Sozialdiensten in ihre kleine Gemeinschaft), dem Druck des Extraktivismus und des Kapitalismus zu widerstehen und ihre Verbindungen untereinander aufrechtzuerhalten. Die von Mitgliedern der Gruppe geschriebenen, gespielten und inszenierten Filme stellen die Erzählungen in Frage, die den Machthabern den marginalisierten Gemeinschaften auferlegt wurden.[3] Dabei versteht das Kollektiv ihre ästhetische Praxis als ein Mittel zur Selbstorganisation und sozialen Analyse.[4]

Frühere Arbeiten des Karrabing Film Collective sind eher dokumentarisch gehalten. Mit The Mermaids, or Aiden in Wonderland von 2018 wurde die filmische Arbeit des Kollektivs experimenteller. Der Film erzählt die Geschichte von Aiden, einem indigenen Jungen, der bei der Geburt von seinen Eltern getrennt und von Wissenschaftlern mitgenommen wird, die ein Eugenik-Experiment durchführen. Im Film mit futuristischen Motiven arbeitend, spiegelt der Film historische Ereignisse wider: In Australien wurden indigene Kinder wurden von Anfang des 20. Jahrhunderts bis ca. 1970 zwecks Umerziehungsmaßnahmen aus ihren Familien genommen.[5]

Filme (Auswahl)

  • 2014: When the Dogs Talked
  • 2015: Windjarrameru (The Stealing C*nt$)
  • 2016: Wutharr, Saltwater Dreams
  • 2017: Night Time Go
  • 2017: The Jealous One
  • 2018: The Mermaids, or Aiden in Wonderland
  • 2020: Day in the Life

Mitwirkende

Auszeichnungen

2015 hat das Kollektiv den Visible Award für den Film Salt gewonnen.[6] In demselben Jahr wurden sie für den Film When The Dogs Talked mit dem Cinema Nova Award for Best Fiction Short Film ausgezeichnet.[7]

Einzelnachweise

  1. Haus der Kulturen der Welt: Karrabing Film Collective. 9. August 2017, abgerufen am 22. Februar 2020.
  2. a b Karrabing Film Collective. Abgerufen am 23. Februar 2020.
  3. Site name: The Karrabing Film Collective, interviewed by Ben Eastham / ArtReview. Abgerufen am 23. Februar 2020 (englisch).
  4. Wutharr, Saltwater Dreams. Abgerufen am 23. Februar 2020 (englisch).
  5. Martha Schwendener: Karrabing Film Collective Reflects a Disturbing Reality at MoMA PS1. In: The New York Times. 15. Mai 2019, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 23. Februar 2020]).
  6. [1]
  7. [2]