Kathedrale von Tours

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Die spätgotische Westfassade mit den beiden Türmen
Grundriss der Kathedrale. Die einzelnen Bauabschnitte sind farbig dargestellt: blau (11. Jh.), schwarz (12. Jh.), grün (13. Jh.), rot (14. Jh.) und gelb (15. Jh.).
Gewölbe

Die Kathedrale von Tours ist eine gotische Kirche, die dem heiligen Gatianus geweiht ist, dem ersten Bischof von Tours. Sie ist Sitz des Erzbischofs von Tours.

Baugeschichte

Eine erste Kirche wurde um 338 gebaut. Spätestens im 6. Jahrhundert brannte sie ab und wurde durch einen neuen prächtigen Bau ersetzt, den Gregor von Tours 590 weihte. Im 11. Jahrhundert bestand eine Domschule, deren bekanntester Lehrer seit etwa 1030 Berengar von Tours war. Der Autor der Cosmographia Bernard Silvestris folgte im 12. Jahrhundert.

Im frühen 12. Jahrhundert entstand eine dritte, romanische Bischofskirche, die aber bereits 1166 ausbrannte. Sie wurde zwar restauriert, die Qualität des Baus und der verwendeten Steine war jedoch so schlecht, dass sie zu Beginn des 13. Jahrhunderts größtenteils abbruchreif war.

So wurde um 1220/1230 mit dem Bau einer neuen Kathedrale begonnen, die über den Vorgängerbauten als Basilika errichtet wurde. Um 1280 wurden der Chor und die Apsis unter der Leitung von Étienne de Mortagne vollendet, doch schon 1267 waren feierlich die Reliquien des heiligen Mauritius und seiner Gefährten in die Kirche übertragen worden. 1465 wurde der Bau eingewölbt. Das Querschiff und die beiden ersten Joche des Langhauses waren von Simon du Mans, die restlichen Joche von Jean de Dammartin errichtet worden. Der Nord- und Südturm wurden 1509 bzw. 1507 fertiggestellt, sie sind 70 Meter hoch. Beide schließen mit einem von vier Eckfialen umgebenen Oktogon mit Renaissancehelmen und Laternen ab. Sie wurden vom Architekten Pierre Valence gestaltelt.

Baubeschreibung

Das Gebäude mit seinen fast 70 Meter hohen Türmen aus dem 16. Jahrhundert wurde auf einer leichten Anhöhe gebaut, um die Kathedrale vor Hochwasser der Loire zu schützen. Aufgrund der langen Bauzeit (Fertigstellung des Chores 1260, des Langhauses um 1440) repräsentiert die Kathedrale sämtliche Entwicklungsstufen der Gotik bis hin zur spätgotischen, zwischen 1426 und 1547 von den Baumeistern Jean de Dammartin, Jean Papin und Jean Durand gestalteten Fassade. Diese gilt mit ihrem reichen Schmuckwerk, den durchbrochenen Bogenfeldern, blattverzierten Wimpergen und Archivolten mit Bogengehängen sowie zahlreichen Fialen und Nischen als eines der prächtigsten und reichsten Beispiele des Flamboyant-Stils.

Der weiträumige Innenraum wirkt besonders im Langchor, dessen Oberwand durch ein Triforium und die hohen farbigen Fenster der Apsis vollkommen aufgelöst erscheint, lichtdurchflutet, leicht und elegant. Gleichzeitig hat dieser sechsjochige, fünfschiffige und dreigeschossige Teil der Kathedrale mit einer lichten Höhe von 29 Metern monumentale Dimensionen. Das achtjochige Langhaus ist ein wenig schmaler und wirkt kompakter.

Nördlich der Kathedrale befindet sich der dreischiffige Kreuzgang „La Psalette“ (Chorschule).

Maße

  • Länge des Hauptschiffs: 90 Meter
  • Breite des Hauptschiffs: 32 Meter
  • Höhe des Hauptschiffs: 29 Meter
  • Länge des Querschiffs: 48 Meter
  • Breite des Querschiffs: 10 Meter
  • Höhe des Querschiffs: 29 Meter
  • Höhe des Nordturms: 68 Meter
  • Höhe des Südturms: 69 Meter

Ausstattung und Fenster

Chor

1562 verwüsteten die bilderstürmenden Hugenotten Saint-Gatien und zerstörten dabei auch die Portalstatuen, die bis heute unersetzt geblieben sind. 36 heute in der Kathedrale befindliche Skulpturen wurden um 1850 von dem Bildhauer Toussaint gefertigt.

Die Glasfenster stellen den bemerkenswertesten Teil der Kathedrale dar. Die 15 prächtigen Fenster der Apsis und die darunterliegenden des Triforiums wurden zwischen 1265 und 1270 eingesetzt. Ihre Glasmalereien erzählen Heiligenlegenden, illustrieren die Erschaffung der Welt sowie die Passion Christi und stellen die Bischöfe von Tours dar. Die Fensterrose der Fassade stammt aus dem 15., die des Querschiffs aus dem 14. Jahrhundert.

In der ersten südlichen Chorkapelle steht das Marmorhochgrab (Anfang 16. Jahrhundert) für Charles-Orland und Charles, Söhne Karls VIII.

Orgel

Südrosette und Teil des Orgelprospekts

Die Orgel geht in Teilen zurück auf ein Instrument aus dem Jahre 1521, von dem heute noch das Orgelgehäuse stammt. Das Instrument wurde im Laufe der Zeit mehrfach restauriert und auch erweitert, etwa im Jahre 1762 um ein Rückpositiv und ein Echowerk. 1928–1929 wurde das Instrument noch einmal komplett reorganisiert und mit elektropneumatischen Trakturen ausgestattet. Die letzte Überarbeitung wurde 1992–1996 durch die Straßburger Orgelbaufirma Alfred Kern & fils vorgenommen. Das Instrument hat heute 56 Register auf drei Manualen und Pedal.[1]

I Positif de Dos C–g3
1. Montre 8′
2. Bourdon 8′
3. Flûte 8′
4. Prestant 4′
5. Flûte 4′
6. Nazard 223
7. Doublette 2′
8. Quarte 2′
9. Tierce 135
10. Larigot 113
11. Fourniture III
12. Cymbale III
13. Cornet V
14. Cromorne 8′
15. Voix humaine 8′
16. Hautbois 8′
17. Trompette 8′
18. Clairon 4′
Tremblant
II Grand Orgue C–g3
19. Montre 16′
20. Bourdon 16′
21. Montre 8′
22. Bourdon 8′
23. Viole de gambe 8′
24. Prestant 4′
25. Flûte 4′
26. Grosse Tierce 315
27. Nazard 223
28. Doublette 2′
29. Quarte 2′
30. Tierce 135
31. Flageolet 1′
32. Grande Fourniture II
33. Fourniture IV
34. Cymbale V
35. Grand Cornet V
36. Bombarde 16′
37. Trompette 8′
38. Clairon 4′
III Récit expressif C–g3
39. Gambe 8′
40. Flûte harmonique 8′
41. Voix céleste 8′
42. Bourdon 8′
43. Flûte octaviante 4′
44. Octavin 2′
45. Cornet V
46. Basson-Hautbois 8′
47. Voix humaine 8′
48. Trompette 8′
49. Clairon 4′
Trémolo
Pédale C–f1
50. Soubasse 32′
51. Flûte 16′
52. Flûte 8′
53. Flûte 4′
54. Bombarde 16′
55. Trompette 8′
56. Clairon 4′

Glocken

Im Südturm hängen 4 historische Glocken.

Nr.
 
Name
 
Gießer
 
Gussjahr
 
Durchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
Bemerkungen
1 Christus N. Mutel & N. Baret 1749 2850 c1 Ursprünglich in der Abtei Saint-Paul de Cormery
2 Maurice Bollée père et fils 1864 1750 d1 -1
3 Gatien Bollée père et fils 1864 1310 e1 +5
4 Martin unbekannt 14. Jhd. a1
I Uhrenglocke 1769 fis1

Siehe auch

Literatur

  • Marianne Mehling (Hrsg.): Tal der Loire. Knaurs Kulturführer in Farbe. S. 221–224, München 1983.

Einzelnachweise

  1. Umfassende Informationen zur Geschichte der Orgel

Weblinks

Commons: Kathedrale Saint-Gatien in Tours – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 47° 23′ 44,16″ N, 0° 41′ 40,47″ O