Kaufmännischer Verband Zürich

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Der Kaufmännische Verband Zürich ist der grösste Berufsverband für Angestellte aus dem kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Umfeld sowie des Detailhandels in der Stadt Zürich. Der Verband wurde am 7. März 1861 gegründet und hat rund 15'000 Mitglieder. Dies macht den Kaufmännischen Verband Zürich zum wichtigsten Sozial- und Vertragspartner der Unternehmen, die in der Region Zürich tätig sind. Als grösste Sektion und Gründungsmitglied ist er zudem Teil des Kaufmännischen Verbandes Schweiz.[1] Er ist Vertragspartei in zahlreichen Gesamtarbeitsverträgen auf regionaler und kantonaler Ebene, die regelmässig neu verhandelt und aktualisiert werden.

Der Kaufmännische Verband Zürich ist das grösste privat organisierte Bildungsunternehmen der Schweiz. Im Grossraum Zürich ist er Träger der grössten und ältesten kaufmännischen Berufsschule der Schweiz, der Wirtschaftsschule KV Zürich. 2018 wurde die gesamte betriebswirtschaftliche Weiterbildung verselbständigt und als KV Zürich Business School in eine Aktiengesellschaft überführt. Seit 2000 verfügt der Kaufmännische Verband Zürich zudem über eine Mehrheitsbeteiligung an der Controller Akademie AG.

Der Kaufmännische Verband Zürich ist Eigentümer des Berufsschulhauses Limmatstrasse der Wirtschaftsschule KV Zürich, das 1974 bezogen werden konnte, sowie des Verbandshauses zur Kaufleuten an der Pelikanstrasse in der Zürcher City.

Verbandsziele

Die Mission des Kaufmännischen Verbandes Zürich ist die Interessenswahrung seiner Mitglieder und die Förderung von menschen- und umweltfreundlichen Arbeits- und Lebensbedingungen. Als Interessensvertreter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und als Sozialpartner setzt sich der Verband für eine Arbeitswelt ein, in der Chancengleichheit, Erfolgsbeteiligung, Mitbestimmung und Schaffensfreude gilt. Auf der individuellen Ebene unterstützt der Verband Berufstätige mit Beratung, Vernetzung und Schulung, damit sie ihr berufliches und persönliches Potential nutzen und ausleben können. Fachberatungen zur Laufbahn, Karriere, Weiterbildung, Arbeitsrecht und Sozialversicherungen sowie zu fairen Löhnen gehören ebenso wie Seminare, Events und Publikationen zum Leistungsangebot des Verbandes. Der Verband versteht sich als eigenständige gesellschaftliche Kraft, ist konfessionell neutral und keiner politischen Partei verpflichtet.

Organisation

Das oberste Organ des Kaufmännischen Verbandes Zürich ist die jährliche Generalversammlung. Für die Strategie ist der Vorstand verantwortlich, der sieben bis elf Personen umfasst. Der Verband wird von zwei Frauen geführt. Andrea Kuhn-Senn präsidiert den Vorstand seit 2018 und Amalia Zurkirchen steht der Geschäftsleitung seit 2019 vor. Auf der Geschäftsstelle arbeitet ein interdisziplinäres Team von zwei Dutzend Fachleuten, das die Dienstleistungen des Verbands erbringt.

Schulen

KV Zürich – Die Wirtschaftsschule

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Der Kaufmännische Verband Zürich ist Träger der Wirtschaftsschule KV Zürich. Sie wurde 1887 als Handelsschule des Kaufmännischen Vereins gegründet und ist heute mit rund 4'200 Schülerinnen und Schülern die grösste kaufmännische Berufsschule der Schweiz. Sie zählt landesweit zu den grössten Unternehmen des Bildungswesens. Von 1915 bis 1974 befand sich die Handelsschule im Verbandshaus «Kaufleuten». Das enorme Wachstum erforderte einen Umzug in das neue Hauptgebäude der Wirtschaftsschule an die Limmatstrasse 310 beim Escher-Wyss-Platz im Zürcher Industrie-Quartier. Eigentümer des Gebäudes der Wirtschaftsschule KV Zürich und verantwortlich für Betrieb und Infrastruktur ist der Kaufmännische Verband Zürich.

Die Strategie der Schule wird durch den Schulrat festgelegt; Rektor der Schule ist Christian Wölfle.

KV Business School Zürich

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Die Business School Zürich gehört zu den grössten Weiterbildungsinstituten der Schweiz im betriebswirtschaftlichen Bereich. Ihre Anfänge reichen bis auf das Jahr 1887 zurück, als die «Handelsschule des Kaufmännischen Vereins» gegründet wurde. Heute bilden sich hier jährlich über 6'000 Personen weiter und bereiten sich auf höhere Berufsdiplome oder eidgenössische Fachausweise vor. Urs Ackermann steht als CEO der KV Business School AG einer siebenköpfigen Geschäftsleitung und etwa hundert ständigen Mitarbeitenden vor. Der Verwaltungsrat wird präsidiert von Andrea Kuhn-Senn.

Die KV Business School Zürich besetzt zwei Etagen des Bildungszentrums Sihlpost, eines historischen Gebäudes. Die Sihlpost befindet sich direkt am Zürcher Hauptbahnhof.

Das Angebot umfasst rund 420 Einzelkurse, Module und Bildungsgänge in verschiedenen Fachgebieten, darunter auch Studiengänge, die zu Eidgenössischen Diplomen führen, die Höhere Fachschule für Wirtschaft (HFW), General Management sowie Deutsch- und Fremdsprachkurse mit anschliessendem Sprachdiplom. Zudem werden über 120 praxisorientierte Seminare angeboten.

Controller Akademie

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Die Controller Akademie wurde im Jahr 2000 vom Verband der diplomierten Experten in Rechnungslegung und Controlling (VEB) und vom Kaufmännischen Verband Zürich als Aktiengesellschaft gegründet. Der VEB ist der grösste Schweizer Verband für Controlling, Rechnungslegung und Rechnungswesen und wurde 1936 gegründet. Die Controller Akademie wurde aufgrund der stark gestiegenen Anforderungen gegründet, die an die Ausbildung zur diplomierten Expertin oder zum diplomierten Experten in Rechnungslegung und Controlling gestellt werden. Sie ist heute eine der wichtigsten Anbieterinnen von Rechnungslegungs- und Controlling-Studiengängen auf höchster Ebene.

Die Controller Akademie wird von CEO Monika Lehmann geleitet. Der Verwaltungsrat wird von Andrea Kuhn-Senn präsidiert. Vizepräsident ist Herbert Mattle, Präsident des VEB. Weitere VR-Mitglieder sind Dieter Pfaff, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich, und Claudia Schuler, Unternehmerin im Bereich Treuhand- und Steuerberatung.

Geschichte

Der Kaufmännische Verband Zürich wurde am 7. März 1861 von 13 ambitionierten jungen Kaufleuten unter dem Motto «Bildung, Fortschritt, Freundschaft» gegründet. Ihre Ziele waren die Förderung des Erfahrungsaustauschs und die berufliche Weiterbildung. Von 1872 an erschien das monatliche Vereinsorgan «Der Fortschritt», das heute unter dem Namen «[Wir Kaufleute]» erscheint.

Der Schweizerische Kaufmännische Verein, heute Kaufmännischer Verband Schweiz, wurde 1873 als «Bildungsverein für Männer» und Dachorganisation der regionalen und lokalen kaufmännischen Vereine gegründet. Frauen wurden in kaufmännischen Berufen während langer Zeit als missliebige Konkurrenz betrachtet und vom Beruf ausgeschlossen. Erst mit dem kantonalen Lehrlingsgesetz von 1906 wurden sie zur kaufmännischen Lehre zugelassen. Auch verbandspolitisch wurden Frauen lange marginalisiert und erst seit 1918 als Vereinsmitglieder akzeptiert. Heute stellen Frauen weit mehr als die Hälfte aller Mitglieder.

1883 übernahm der Kaufmännische Verband Zürich die Führung des offiziellen Verkaufsbüros der ersten Schweizerischen Landesausstellung in Zürich. Der erzielte Reingewinn bildete den Grundstock zum Erwerb des ersten eigenen Vereinshauses «Zum alten Seidenhof» an der Uraniastrasse, wo 1887 die «Handelsschule des Kaufmännischen Vereins» eröffnet wurde. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler nahm besonders nach der Einführung der obligatorischen Lehrlingsschule sowie der Lehrabschlussprüfungen 1906 auf über 1'000 zu und stieg bis 1913 auf über 1'500 an. Der Raum wurde knapp, weshalb ein Neubau am Pelikanplatz ins Auge gefasst wurde. Der Spatenstich erfolgte 1913 und schon 1915 konnte das Verbandshaus «Zur Kaufleuten» eröffnet werden. 1974 bezog die Berufsschule bei weiter steigenden Schülerzahlen einen grösseren Neubau an der Limmatstrasse beim Escher-Wyss-Platz.

Politisch verfolgte der Kaufmännische Verband einen gemässigten Kurs, der an den wirtschaftlichen und sozialen Anliegen seiner Mitglieder orientiert war. 1918 war der Schweizerische Kaufmännische Verein an der Gründung der Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände beteiligt, womit er Distanz zur Arbeiterbewegung und zum Schweizerischen Gewerkschaftsbund markierte. An der Streikbewegung von 1918 beteiligten sich seine Mitglieder nicht.

Seit 1920 setzt der Kaufmännische Verband Zürich auf Gesamtarbeitsverträge, die wesentliche Verbesserungen für die Angestellten mit sich brachten und damit den Ausbau der sozialen Marktwirtschaft vorantrieben, so mit dem Verband Zürcher Handelsfirmen (VZH, 1920) neu als Arbeitgeber Zürich/VZH firmierend, mit der Helvetas (Schweizer Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit), der Shop-Ville-Vereinigung im HB Zürich. Auf regionaler Ebene früher mit dem Lebensmittelverein Zürich (heute Coop, 1930), der Migros Genossenschaft (1933) sowie kleineren Arbeitgebern, wie der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich (ABZ), der Krankenkasse Helvetia und dem Apothekerverband Zürich. Erst die Krisenjahre führten im Rahmen der Kriseninitiative von 1934 zu einem Bündnis mit den Gewerkschaften.

Mit der Gründung der Controller-Akademie AG im Jahr 2000 und der Verselbständigung der KV Business School AG 2018 hat sich der Kaufmännische Verband Zürich neu positioniert. Verbandspolitisch will er auch weiterhin die Transformation hin zu einer auf Wissen und Innovation basierten, nachhaltigen Wirtschaft (Smart Economy) und einer liberalen und offenen Gesellschaft mitgestalten.

Literatur

  • 50 Jahre VEB Vereinigung eidgenössisch diplomierter Buchhalter im Schweiz. Kaufmännischen Verband 1936–1986, Vereinigung eidg. dipl. Buchhalter, Zürich 1986
  • Werner Catrina: Kämpfen, lernen, feiern – 150 Jahre Kaufmännischer Verband Zürich KVZ, 1861–2011, Zürich 2011
  • Kaufmännischer Verein Zürich (Hrsg.): Denkschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes von Verein und Schule 1861–1911, Zürich 1912
  • Kaufmännischer Verein Zürich (Hrsg.): Festschrift zur Erweiterung des Schul- und Vereinshauses zur Kaufleuten in Zürich 1929, Zürich 1929
  • Kaufmännischer Verein Zürich (Hrsg.): 100 Jahre, Zürich 1961
  • Kaufmännischer Verein Zürich (Hrsg.): Festschrift zum 125-Jahr-Jubiläum des Kaufmännischen Verbandes Zürich (KVZ) 1861–1986, Zürich 1986.
  • Mario König: Schweizerischer Kaufmännischer Verband. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Walter Winkler: Werden und Wachsen des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins, Genf 1969

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kaufmännischer Verband Schweiz. Abgerufen am 6. Januar 2021 (Schweizer Hochdeutsch).