Kemmelkaserne

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ehemaliges Kasernengelände nach der Konversion

Die Kemmelkaserne war eine Kaserne in Trier, die in den Jahren 1936/37 im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht erbaut wurde. Benannt wurde sie nach der im Ersten Weltkrieg völlig zerstörten Ortschaft Kemmel in Flandern, am Höhenzug Kemmelberg, der bei der Schlacht von Armentieres schwer umkämpft war.[1] Sie liegt im Stadtteil Trier-Kürenz auf dem Petrisberg, in Verlängerung der Sickingenstrasse. Während des Krieges lag neben der Kaserne ab Februar 1941 das Stammlager Stalag XII D. Der bekannteste Insasse war der französische Philosoph und Schriftsteller Jean-Paul Sartre. Nach dem Krieg wurde sie von der französischen Armee, bis zu ihrem Abzug 1999, genutzt. Danach wurde die Kaserne Konversionsgelände.

Geschichte

Das Artillerie-Regiment 34 der 72. Infanterie-Division (Trier) lag dort von 1937 bis 1945 in Garnison. Anlässlich der Kapitulation Frankreichs wurde Jean-Paul Sartre am 21. Juni 1940 als Soldat des 70. Artillerie-Regimentes in Lothringen gefangen genommen und in Trier auf dem Petrisberg im Stalag XII D von August 1940 bis März 1941 interniert.[2] Die relativ humanen Zustände im Trierer Lager beschreibt er in „Matthieus Tagebuch“. Zudem verfasst er in Trier sein erstes Theaterstück „Bariona oder der Sohn des Donners“. Das mit Stacheldraht umzäunte Gelände besaß zwei Bereiche. Im ersteren waren in der Anfangszeit Franzosen, Belgier und Niederländer interniert. Ab Sommer 1941 kamen Russen dazu, das mit einem unter Strom stehenden Zaun geteilt wurde. Während im französischen Teil eine „angenehme“ Situation herrschte, es gab dank der Hilfspakete der Angehörigen der Soldaten genügend Lebensmittel, herrschte im russischen Lager Unterernährung und Krankheiten, zumal das Lager hoffnungslos überfüllt war. Es war den Russen verboten, die ärztlichen Einrichtungen, Kapelle und Bibliothek zu benutzen. Bis zu Evakuierung des Lagers, im Oktober 1944, waren die größten Gruppen: Franzosen, gefolgt von Jugoslawen, Russen, Polen und Belgiern. Ab 1943 kamen Italiener, Engländer und Amerikaner hinzu.[3][4]

Nach dem Krieg wurde aus der Kemmelkaserne das „Quartier Belvedère“ (Schöne Aussicht). Über 40 Jahre, durch die französische Armee bis 1998 genutzt und um das Militärhospital „André Genet“ ergänzt, waren dort französische Soldaten ein tägliches Bild. Nach Abzug der französischen Truppen stand die Fläche nun der Stadt Trier zur Nachnutzung zur Verfügung und die Planungen für einen Wissenschaftspark und Wohnbauflächen in Verbindung mit einer Landesgartenschau, im Jahr 2004, konnten auf diesem Areal konkretisiert werden. Zur Umsetzung dieser Konzepte wurde die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg mbH (EGP mbH) gegründet. Im ehemaligen Militärhospital befindet sich heute der Campus II der Universität Trier mit den Fachbereichen Geographie, Informatik und Wirtschaftsinformatik. Im Zuge der Konversion wurde ein großer Teil der ehemaligen Kasernengebäude abgebrochen, die größeren Bauten blieben jedoch erhalten und wurden zu Büro- und Wohngebäuden umgebaut. Durch Anbauten, farbige Fassung und weitere Änderungen gestaltete man sie neu, die ursprüngliche Form ist jedoch noch erkennbar.

Stationierte französische Einheiten

Langtext Abkürzung am Standort sonstiges[5]
90° Bataillon du Génie 90° BG 16. November 1945 bis 18. April 1946 Quartier Pétrisberg
Groupe de Transports 529 – Reserve Générale GT 529 16. Januar 1949 bis 1. November 1951
Groupe de Transports 500 du 2° Corps d'Armée GT 500 1. November 1951 bis 1. März 1960
481° Groupement Anti aérien Léger 481° GAAL 4. Oktober 1951 bis 23. Februar 1953 Quartier Belvédère
311° Compagnie du Train Amphibie CTA 311 1. Februar 1957 bis 28. Mai 1957
Brigade Cynophile 1. Januar 1959 bis 31. Dezember 1960
51° Compagnie Médicale Divisionnaire 51° CMD 16. August 1960 bis 30. Juni 1973
1° Compagnie d'Eclairage de Brigade CEB1 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1972
81° Compagnie Médicale Divisionnaire CMD 81 1. Juli 1973 bis 30. Juni 1978
403° Bataillon de Commandement et de Soutien 403° BCS 6. Februar 1974 bis 24. Februar 1977
Bureau Postal Frontière "P" BPF/P 1. Juni 1978 bis 30. Juni 1994
Compagnie Anti Char CAC/1 1. Juli 1982 bis 31. Dezember 1992
Commissariat de l'Armée de Terre Zône Nord adapté à la 1° Division Blindée CATA 1° DB 4. September 1985 bis 25. November 1987
Hôpital Complémentaire d'Armée André Genet CHA André Genet 1. Januar 1949 bis 1. Juli 1963 Hospital der Barmherzigkeit
Hôpital d'Evacuation Lourde 413 HEL 413 28. Januar 1946 bis 28. Mai 1947
157° Compagnie Médicale CM 157 16. Mai 1947 bis 28. Februar 1947
Hôpital d'Evacuation André Genet HE André Genet 29. Mai 1947 bis 1. Juli 1963
Hôpital des Armées André Genet CHA André Genet 1. Juli 1963 bis 30. Juni 1992 Armeehospital André Genet
Maternité CHA André Genet 1. Juli 1963 bis 1. August 1982
Pharmacie de Cession CHA André Genet 1. Januar 1965 bis 30. Juni 1992
Dispensaire Familial CHA André Genet 1. Januar 1975 bis 30. Juni 1992
1° Bataillon du 7° Régiment de Tirailleurs Algériens 7° RTA/1 20. November 1947 bis 31. August 1951 Quartier Belvédère
481° Groupement Anti aérien Léger 481° GAAL 4. Oktober 1951 bis 23. Februar 1953
Direction des Travaux du Génie de Trèves 10. Oktober 1951 bis 25. November 1987
2° Bataillon du 7° Régiment de Tirailleurs Algériens 7° RTA/2 14. Juni 1947 bis 30. August 1951
1° Régiment de Spahis Marocains 1° RSM 15. September 1951 bis 10. Oktober 1955
Escadron Haffner (Instruction) du 1° Régiment de Spahis Marocains 1° RSM 15. September 1951 bis 10. Oktober 1955
3° Régiment de Cuirassiers 3° CUIR 20. Juni 1952 bis 31. Dezember 1955
503° Bataillon de Commandement et des Services 503° BCS 1. Januar 1952
81° Bataillon Médical BM 81 1. Januar 1952 bis 31. Dezember 1959
Groupe 3/68 Honest-John HJ 3/68 1. Januar 1960 bis 31. Dezember 1973
68° Régiment d'Artillerie Lourde Divisionnaire 68° RALD 16. August 1960 bis 30. Juni 1974
1° Compagnie Légère de Réparation du Matériel 1° CLRM 1. Mai 1962 bis 1. Juli 1968
9 ° Régiment d'Artillerie de Marine 9° RAMA 1. Oktober 1974 bis 31. Dezember 1992
5° Section Mobile de Réparation du 1° GRDB 5° SMR 1. Juli 1978
Compagnie Anti Char de la 1° Division Blindée CAC/1°DB 1. Juli 1982 bis 3. Oktober 1991
61° Régiment d'Artillerie 61° RA 1. August 1992 bis 31. Mai 1999
Bureau Opérations Instruction du 61° Régiment d'Artillerie 61° RA/BO 1. August 1992 bis 31. Mai 1999
Section réparation de la 7° Compagnie du 6° Régiment du Matériel 6° RMAT 1. Januar 1996
Service du Génie des Cités Cadres Antenne Belvédaire 13° RG Frankenstrasse 4 Trier
Bureau Administratif Local BAL
51° Bataillon Médical BM 51
Centre de Transmissions de la Garnison CT

Literatur

  • Adolf Welter: Trier in der Besatzungszeit 1918–1939. Petermännchen-Verlag der Trierer Münzfreunde, Trier 1992, ISBN 3-923575-11-4.
  • Adolf Welter: Trier-Petrisberg 1940–1945, Das Kriegsgefangenenlager Stalag XII D. Petermännchen-Verlag der Trierer Münzfreunde, Trier 2007, ISBN 978-3-923575-26-8.
  • Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz: Kriegsgefangenenlager 1939–1950 Kriegsgefangenschaft als Thema der Gedenkarbeit. Mainz/ Osthofen 2012, ISBN 978-3-89289-025-6.
  • Elisabeth Dühr, Frank G. Hirschmann, Christl Lehnert-Leven: Trierer Garnisonsbuch. Stadtmuseum Simeonstift Trier, Trier 2007, ISBN 978-3-930866-22-9.
  • Baudezernat der Stadt Trier: Der Petrisberg in Trier. Vom Römerlager zum Wissenschaftspark. 2. Auflage. Weyand, April 2004, ISBN 3-935281-29-3.
  • Andrea Springler: Mit Sartre im deutschen Kriegsgefangenenlager. – Mathieus Tagebuch. Ein Fragment. Bariona oder Der Sohn des Donners. Ein Weihnachtsspiel. Marius Perrin, Jean-Paul Sartre. Rowohlt, 1983, ISBN 3-499-15267-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Eroberung des Kemmelberg abgerufen bei stahlgewitter.com
  2. Soldaten hinter Stacheldraht Rathauszeitung vom 13. März 2007.
  3. Adolf Welter: Trier-Petrisberg 1940–1945, Das Kriegsgefangenenlager Stalag XII D. Petermännchen-Verlag der Trierer Münzfreunde, Trier 2007, ISBN 978-3-923575-26-8.
  4. Halb Tot kamen wir im Lager an NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz abgerufen bei ns-dokuzentrum-rlp.de
  5. Übersicht stationierten französischen Einheiten in Trier (Memento vom 14. Mai 2013 im Internet Archive) (PDF; 157 kB) Veteranenverband stationierte Militärangehörige in Deutschland (französisch).

Koordinaten: 49° 45′ 23,7″ N, 6° 40′ 8,9″ O