Kirche zum Heilsbronnen

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Kirche zum Heilsbronnen

Die evangelische Kirche zum Heilsbronnen im Berliner Ortsteil Schöneberg wurde 1910–1913 nach Plänen des Architekten Ernst Deneke errichtet. Nach starken Brandschäden im Kriegsjahr 1943 konnte sie bis 1956 wieder aufgebaut und erneut eingeweiht werden. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.

Geschichte

Etwa zwischen 1890 und 1914 entstand als Wohngegend für gehobene Schichten das heutige Bayerische Viertel. Die kirchliche Versorgung durch die Dorfkirche Schöneberg allein reichte nicht mehr aus. Zunächst wurde die Zwölf-Apostel-Kirche gebaut, dann die Apostel-Paulus-Kirche und schließlich neben der Dorfkirche 1910 die Paul-Gerhardt-Kirche.

Nachdem die Königin-Luise-Gedächtniskirche auf dem Gustav-Müller-Platz vollendet war, errichtete Architekt Ernst Deneke nach einem gewonnenen Architektenwettbewerb die neugotische Kirche zum Heilsbronnen. Am 26. September 1911 erfolgte die Grundsteinlegung für Kirche und Gemeindehaus auf dem letzten freien Grundstück in der Heilbronner Straße 20, am 22. Dezember 1912 die Einweihung der Kirche.[1] 1913 wurde die Gemeinde durch die Abtrennung von Schöneberg selbstständig. Das für 160.000 Mark erworbene Grundstück wurde ausgewählt, weil es „zwecks kirchlicher Versorgung des großen und vornehmen Viertels zwischen der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und der Apostel-Paulus-Kirche näher dem Viktoria-Luise-Platz gelegen war“. Durch Probebohrungen wurde festgestellt, „dass sich der Boden zu Kirchbauzwecken sowie zur Aufführung von Neubauten gut eignet“. Weil sich auf dem Wiesenstück zuvor eine Quelle befunden haben soll, kann dies bei der Namensgebung für die neue Kirche eine Rolle gespielt haben. Die Baukosten für die Kirche und das Gemeindehaus sollten 360.000 Mark (heute: rund 2.046.000 Euro) betragen, sie wurden aber um 34 Prozent überschritten. Von 1915 bis 1925 versah Otto Dibelius eine Pfarrstelle an der Kirche, seine erste in Berlin. In der Nacht vom 22. zum 23. November 1943 brannte die Kirche bis auf die Grundmauern nieder. Am 21. Dezember 1956 wurde der neue Kirchraum durch Bischof Dibelius in Anwesenheit des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss wieder eingeweiht. Beim Wiederaufbau ist im Innern ein moderner Neubau entstanden.

Baubeschreibung

Die T-förmige neugotische Anlage besteht aus dem fünfgeschossigen Vorderhaus in geschlossener Bebauung mit Gemeinde- und Wohnräumen, in dessen Mittelteil sich das Portal mit der dahinterliegenden Eingangshalle zur Kirche befindet, worüber sich der 68 m hohe Turm[1] erhebt. Die Kirche und das Vorderhaus grenzen bis zum dritten Geschoss aneinander. Die Gebäudeteile beidseitig des Mitteltraktes haben an den Außenachsen Erker, die turmbekrönt sind. Das rückwärtige Quergebäude enthält die einschiffige Saalkirche mit rechteckigem Chor. Der Mauerwerksbau ist mit rotbraunen Ziegeln verkleidet. Die Fassade ist symmetrisch, die Portalzone mit darüber liegendem Kaffgesims ist in der Mitte vorgezogen. Die obere Turmfront hat zwei Pfeilervorlagen und ist mit Blenden gegliedert. Das hohe Satteldach des Turmes mit Giebel zur Straße trägt einen schlanken Dachreiter.

Das Glockengeläut besteht aus drei Gussstahlglocken, die vom Bochumer Verein 1911 gegossen wurden.

Glocke Schlag­ton Masse
(kg)
Durch­messer
(cm)
Höhe
(cm)
Inschrift
1. cis' 1570 157 146 SEHET, WELCH EINE LIEBE HAT UNS DER VATER ERZEIGET, DASS WIR SOLLEN GOTTES KINDER HEISSEN. 1. JOH. 3,1
2. e' 0940 139 123 WER DEN SOHN GOTTES HAT, DER HAT DAS LEBEN. 1. JOH. 5,12
3. g' 0520 117 103 DER GEIST IST’S, DER DA LEBENDIG MACHT. JOH. 6,63

Das Gemeindehaus war durch den Turm bis in das erste Stockwerk geteilt. Der rechte Torwegeingang bildete den Zugang über den Hof in das erste Geschoss zu den Gemeindesälen und zur Orgel. Da das Orgelwerk bis zur vorderen Hausfront reichte, gab es damals keinen Durchgang im ersten Stockwerk. Vom zweiten bis vierten Geschoss befanden sich Dienstwohnungen über die ganze Breite des Hauses. In der Mitte zwischen den Turmwänden gab es in jedem Stockwerk einen Saal von rund 60 m². Das Haus wurde mit einem Fahrstuhl ausgestattet.

Innenausstattung

Altar

Die Vorhalle der Kirche wird von wuchtigen Säulen geziert, in welcher sich ein Gemälde des Malers Peter Thienhaus mit der Darstellung des Abendmahls befand.[1] Ab 1922 ließ die Kirchengemeinde an der linken Seite das Denkmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen von Georges Morin aufstellen. Der Kirchenraum war relativ dunkel, nicht zuletzt wegen der Seitenemporen. Die ließen nur kleinere Fenster im oberen und unteren Teil zu. Auf dem Altar im Halbrund der Apsis standen ein Kruzifix und vier Leuchter. Die Kanzel befand sich an der rechten Seite neben der Sakristei.

Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde ab November 1955 die Kirche verändert wieder aufgebaut. Die ausgebrannten Emporen wurden abgerissen, sodass die bis dahin bestehende Aufteilung der Fenster durch die Emporen entfiel und zwölf große durchgehende gotisch-spitzbogige Fenster geschaffen wurden. Die farbigen Fensterszenen sind nach Entwurf von Hans-Joachim Burgert zwischen 1957 und 1960 angefertigt worden. Das Taufkreuz (1970) und die Malerei an der Kassettendecke des Kirchenvorraums (1975) stammen ebenfalls von Burgert.[2] Sie erzählt die Geschichte des Volkes Israel.

Der Altarraum mit reichem Marmorschmuck[1] in der Apsis blieb erhalten. Im ersten Geschoss wurde das Haus, das bis dahin zweigeteilt war, verändert. Um einen Durchgang zu den Gemeindesälen zu schaffen, wurde der Orgelbereich, der ursprünglich bis zur Straßenfront reichte, verkürzt. Dennoch gelang es, eine große Konzertorgel, einzubauen.[3] Die Gemeindesäle im ersten Geschoss sind mit dem Fahrstuhl erreichbar. Eine durch eine schmiedeeiserne Tür betretbare Taufkapelle entstand im Raum links neben dem Altar. Die rechte Seite wurde zur Sakristei umgestaltet.

Über dem Altar in Form eines Sarkophags schwebt eine aus Kupfer gehämmerte Christus-Figur an einem Kreuz aus messingbeschlagener Eiche. Die Kanzel am ersten nördlichen Pfeiler trägt ein aus Messing getriebenes Antependium von Waldemar Otto. Hans Joachim Burgert schuf des Weiteren ein Lesepult und Osterleuchter und stattete die Taufkapelle an der Nordseite des Altars aus, deren Wand von den Zwölf Aposteln geziert wird, in der Mitte Jesus Christus in einer Mandorla. 2004 erfolgte die Einrichtung des vom Vorraum abgehenden Kirchencafés.

Orgel

Bei der Orgel handelt es sich um ein Werk der Orgelbauwerkstatt Karl Schuke aus dem Jahr 1958. Sie ersetzte eine Vorgängerorgel von Furtwängler & Hammer, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Nach Erweiterungen in den Jahren 1961 und 1981 sowie diversen Wartungsarbeiten durch die Firma Schuke wurde die Orgel im Jahr 2020 von der Orgelbauwerkstatt Bente technisch und klanglich überarbeitet. Dabei wurden einige Register neu hinzugefügt.[4][5]

Schuke-Orgel
I Schwellwerk C–g3
01. Gedackt 08′
02. Flöte 08′
03. Gambe 08′
04. Schwebung 08′
05. Prinzipal 04′
06. Blockflöte 04′
07. Octavin 02′
08. Sesquialtera II
09. Nasat 0223
10. Scharff III–IV
11. Dulzian 16′
12. Oboe 08′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
13. Bordun 16′
14. Prinzipal 08′
15. Rohrflöte 08′
16. Oktave 04′
17. Spitzflöte 04′
18. Quinte 0223
19. Oktave 02′
20. Mixtur IV–V
21. Waldflöte 02′
22. Trompete 08′
III Brustwerk C–g3
23. Holzgedackt 08′
24. Rohrflöte 04′
25. Rohrnasat 0223
26. Prinzipal 02′
27. Oberton III
28. Flageolett 01′
29. Cymbel III
30. Vox humana 08′
Tremulant
Pedal C–f1
31. Prinzipal 16′
32. Subbaß 16′
33. Oktave 08′
34. Gedackt 08′
35. Oktave 04′
36. Rohrpommer 04′
37. Nachthorn 02′
38. Rauschpfeife II
39. Mixtur IV
40. Posaune 16′
41. Trompete 08′
42. Schalmei 04′
Tremulant
  • Koppeln: I/II, III/II, III/I (elektrisch), I/P, II/P, III/P (mechanisch)
  • Zimbelstern, Glockenspiel

Literatur

  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil VI., Sakralbauten. Berlin 1997.
  • Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978.
  • Klaus-Dieter Wille: Die Glocken von Berlin (West). Geschichte und Inventar. Berlin 1987.

Weblinks

Commons: Kirche zum Heilsbronnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Die neue Kirche zum Heilsbronnnen in Schöneberg in: Deutsche Bauzeitung, 1913, Heft 4, S. 18 der Zweiten Beilage.
  2. EINE DOKUMENTATION DES WERKS HANS-JOACHIM BURGERTS – insbesondere die Pressendrucke (Memento des Originals vom 11. September 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.forumbookart.net; ein studentisches Dokumentationsprojekt unter Verantwortung von Prof. Ernst Fischer, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich Buchwissenschaft, 2006.
  3. Informationen zur Orgel
  4. Die Schuke-Orgel im Heilsbronnen. Abgerufen am 7. August 2020.
  5. die-orgelseite.de: Berlin (Schöneberg) – Kirche zum Heilsbronnen.

Koordinaten: 52° 29′ 28,6″ N, 13° 20′ 27,2″ O