Kitan
Die Kitan, selten auch Khitan, Qidan (chinesisch
, Pinyin
, Jyutping
), waren ein nordostasiatisches, möglicherweise mongolisches Volk[1] auf dem Gebiet der heutigen Mandschurei, das im 6. Jahrhundert existierte. Sie waren in Kämpfe mit den Köktürken und Tang-China verwickelt; 947 errichteten sie das Liao-Reich.
Ihre ethnische Herkunft ist unbekannt und ihre Sprache ist ausgestorben. Das Kitanische zeigt Ähnlichkeiten mit den mongolischen Sprachen und wird wissenschaftlich auch als para-mongolische Sprache beschrieben.[1][2] Weiterhin enthält Kitanisch Lehnwörter aus alt-uigurischen Sprachen[3] und alt-koreanischen Sprachen.[2]
Geschichte
Die Kitan sind spätestens im 5. Jahrhundert in chinesischen Quellen belegt. Sie führten verschiedene Kämpfe mit den Köktürken und Tang-China (um 560, 696/697, 733/735).
Nach dem Niedergang des Uigurischen Kaganats und der Tang-Dynastie konnten sie das Machtvakuum ausnutzen und sehr schnell ein großes Reich errichten.[4]
,
, auch Apaoka Khan, gestorben 926), Häuptling des Yilastammes, Großkhan der Kita und ab 916 Kaiser, startete 924 eine Offensive nach Westen, besiegte dabei die Kirgisen in der Mongolei, schwenkte dann nach Gansu, um Uiguren, Tanguten und Tuyuhun zu unterwerfen. 926 wurde der recht zivilisierte koreanische Staat Balhae (Parhae) im heutigen Nordostchina und Nordkorea beseitigt. Schließlich proklamierte Abaojis Sohn und Nachfolger Yelü Deguang (
,
) 947 in Nordchina die Liao-Dynastie. Unter der Liao- und der nachfolgenden Jin-Herrschaft wurden in der Mandschurei Städte bis hin zum Amur-Fluss gegründet, mit 60–70 Hektar Fläche und bis zu zehn Meter hohen Mauern. Man betrieb dort Ackerbau, züchtete Pferde, besaß Eisengießereien und Webereien. Die Kitan benutzten vom 10. bis 12. Jahrhundert zwei von der chinesischen Schrift beeinflusste Kitan-Schriften: die hauptsächlich aus Logogrammen bestehende sogenannte Großschrift und die später entwickelte sogenannte Kleinschrift. Letztere enthält auch Phonogramme und ist deshalb für die Sprachwissenschaft als früheste überlieferte Form der Kitan-Sprache von großer Bedeutung. Beide Schriften beeinflussten später auch die Entwicklung der beiden ebenfalls als Groß- und Kleinschrift bezeichneten eigenen Schriften der tungusischen Jurchen, der Vorläufer der Mandschus und Xibe.
In der Zeit von etwa 1116 (Einnahme von Liaoyang) bis 1125 (Gefangennahme des Kaisers) wurde das Liao-Reich von seinen früheren Vasallen, den ebenfalls aus der Mandschurei stammenden Jurchen (Jin-Dynastie), übernommen.
Ein Teil der Kitan floh westwärts (zum Teil durch Südsibirien) und gründete um 1130 als Kara Kitai unter dem Khan Yelü Dashi (
,
) ein neues Reich. Dieses Reich behauptete 1141 seine Existenz durch einen Sieg über Sandschar, den Sultan der Seldschuken, in der Katwan-Steppe/Samarkand. Es bestand bis zur Mongoleninvasion 1217/18. Die russische (
, russisch Кита́й), mongolische (Qitad, mongolisch ᠬᠢᠲᠠᠳ bzw. Xyatad mongolisch Хятад) und uigurische Bezeichnung (uigurisch خئتاي /
/
) für „China“ geht auf die Kitan zurück, siehe auch Cathay.
Literatur
- Patricia Buckley Ebrey: The Cambridge Illustrated History of China. CUP, Cambridge 1996, ISBN 0-521-66991-X.
- Frederick M. Mote: Imperial China. 900–1800. Harvard University Press, London 1999, ISBN 0-674-01212-7, S. 31–71.
- Jürgen Paul: Zentralasien. Frankfurt am Main 2012 (= Neue Fischer Weltgeschichte, Band 10).
- Denis Twitchett, Klaus-Peter Tietze: The Liao. In: Herbert Franke, Denis Twitchett (Hrsg.): The Cambridge History of China. Alien Regimes and Border States, 907–1368. CUP, Cambridge 1994, ISBN 0-521-24331-9, S. 43–153.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Juha Janhunen: Mongolian. Amsterdam 2014, S. 4, ISBN 978-90-272-3825-2.
- ↑ a b Alexander Vovin: Koreanic loanwords in Khitan and their importance in the decipherment of the latter. In: Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae. Band 70, Nr. 2, Juni 2017, ISSN 0001-6446, S. 207–215, doi:10.1556/062.2017.70.2.4 (Online [abgerufen am 11. Juni 2018]).
- ↑ Mote, Frederick W. (2003). Imperial China 900-1800. Harvard University Press. ISBN 978-0-674-01212-7.
- ↑ J. Paul: Zentralasien, S. 156