Klangrede
Die Klangrede ist ein musikalisches Form- und Gestaltungsprinzip vor allem im 18. Jahrhundert. Geprägt wurde der Begriff durch Johann Mattheson in seinem Werk Der vollkommene Capellmeister.[1] Nicht selten wird die Klangrede mit einer anderen musikalischen Form kombiniert.[2]
Geschichte
Die Klangrede ist in ihrer Abfolge der antiken Rede nachempfunden. Mattheson schreibt: „Unsre musicalische Disposition ist von der rhetorischen Einrichtung einer bloßen Rede nur allein in dem Vorwurff, Gegenstande oder Object unterschieden; dannenhero hat sie eben diejenigen sechs Stücke zu beobachten, die einem Redner vorgeschrieben werden, […]“.[1] Als Beispiel analysiert er eine Arie von Benedetto Marcello.
Abfolge
Die Klangrede wird in folgende sechs Teile gegliedert:[3]
exordium | Eingang, in welchem Zweck und Absicht gezeigt werden |
narratio | der Bericht, also eine Art Lagebeschreibung |
propositio | der Antrag, der eigentliche Vortrag |
confirmatio | die Bekräftigung |
confutatio | die Auflösung bzw. Widerlegung |
conclusio bzw. peroratio | der Schluss |
Confutatio und confirmatio können dabei mehrmals abwechseln.
Beispiele
Der Form einer Klangrede entsprechen etwa:
Die Bildnis-Arie („Dies Bildnis ist bezaubernd schön“) sowie die Arie der Pamina („Ach, ich fühls“) aus der Oper Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart. Ach, ich fühl’s, es ist verschwundenDatei:TelefunkenE2688 01.oga
Auch Der Erlkönig von Franz Schubert kann als Klangrede gesehen werden.
Ebenso kann im Bereich der Instrumentalmusik, etwa bei Johann Sebastian Bachs Wohltemperiertem Klavier I (die Fuge in c-Moll oder die Fuge in b-Moll) von einer Klangrede gesprochen werden.[4]
Literatur
- Dietrich Bartel: Handbuch der musikalischen Figurenlehre. Laaber-Verlag, Laaber 1985, ISBN 3-89007-028-0
- Reinhard Amon, Gerold Gruber: Klangrede. In: Lexikon der musikalischen Form. Doblinger, Wien 2011, ISBN 978-3-902667-27-4, S. 182–184.
- Nikolaus Harnoncourt: Musik als Klangrede: Wege zu einem neuen Musikverständnis. Residenz, Salzburg 1982, ISBN 3-7017-1379-0. Taschenbuchausgabe: 7. Auflage. Bärenreiter, Kassel 2014, ISBN 978-3-7618-1098-9.
- Peter Paul Kaspar: Klangrede. Musik als Sprache. Styria, Wien etc. 2008, ISBN 978-3-222-13244-5.
- Manfred Peters: Johann Sebastian Bach. Was heißt „Klang=Rede“?. Edition Text&Kritik, München 2003, ISBN 3-88377-731-5.
- Manfred Peters: Johann Sebastian Bach als Klang-Redner. Die Dispositio der römischen Oratorie als Beitrag zum Formverständnis ausgewählter Instrumentalfugen. Pfau, Saarbrücken 2005, ISBN 3-89727-300-4.
- Manfred Peters: Johann Sebastian Bach als Klang-Redner (II). Die Instrumentalkonzerte. Pfau, Saarbrücken 2010, ISBN 978-3-89727-425-9.
- Manfred Peters: Johann Sebastian Bach als Klang-Redner (III). 14 + 1: Die Inventionen. Pfau, Saarbrücken 2013, ISBN 978-3-89727-489-1.
- Arnold Schmitz: Die Bildlichkeit der wortgebundenen Musik Johann Sebastian Bachs. Laaber-Verlag, Laaber 1976, ISBN 3-921518-01-3 (formal falsch) (Nachdruck der Ausgabe von Schott, Mainz 1950).
- Hans-Heinrich Unger: Die Beziehungen zwischen Musik und Rhetorik im 16.-18. Jahrhundert. Triltsch, Würzburg 1941, ISBN 3 487 02308 3
Einzelnachweise
- ↑ a b Johann Mattheson: Der vollkommene Capellmeister. Hamburg 1739, S. 235–244 (online; PDF).
- ↑ Reinhard Amon, Gerold Gruber: Klangrede. In: Lexikon der musikalischen Form. Doblinger, Wien 2011, ISBN 978-3-902667-27-4, S. 182.
- ↑ Reinhard Amon, Gerold Gruber: Klangrede. In: Lexikon der musikalischen Form. Doblinger, Wien 2011, ISBN 978-3-902667-27-4, S. 182–183.
- ↑ Reinhard Amon, Gerold Gruber: Klangrede. In: Lexikon der musikalischen Form. Doblinger, Wien 2011, ISBN 978-3-902667-27-4, S. 184.