Kloster Niedernburg

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Die Türme der Klosterkirche
Innenraum der Klosterkirche
Das Grab der Seligen Gisela von Bayern

Das Kloster Niedernburg Passau ist eine ehemalige Abtei der Benediktinerinnen und ehemaliges Kloster der Englischen Fräulein (bis 2017[1]) in der Altstadt von Passau in Bayern im Bistum Passau.

Geschichte

Helmut de Boor meint, das Kloster Niedernburg könnte das im Nibelungenlied erwähnte Kloster sein:

„Der Dichter [vom ‚Nibelungenlied‘] weiß auch, dass in Passau am Zusammenfluss von Donau und Inn ein Kloster liegt; [...] Es ist das alte Benediktinerinnenkloster Niedernburg; man kann erwägen, ob der Dichter zu diesem Kloster in besonderer Beziehung gestanden hat.“[2]

Das Kloster wurde 739 durch die Agilolfinger (Herzog Odilo oder Tassilo III. von Bayern) gegründet. Niedernburg erhielt 1010 von Heinrich II. die Reichsunmittelbarkeit verliehen. Im 11. Jahrhundert entstand die romanische Pfeilerbasilika Heiligkreuz. Mitte des 11. Jahrhunderts wurde hier die Äbtissin Gisela von Bayern, Schwester Kaiser Heinrichs II. und Witwe des ungarischen Königs Stephan des Heiligen bestattet. Im 12. Jahrhundert wurde als zweiter Sakralbau eine Marienkirche errichtet.

Das Kloster Niedernburg wurde 1161 von Friedrich I. Barbarossa dem Passauer Fürstbischof Konrad I. von Babenberg geschenkt, wodurch es die Reichsunmittelbarkeit wieder verlor. Sein Nachfolger Wolfger von Erla erhielt von Kaiser Heinrich VI. im Jahr 1191 auch Königssteuer und Vogteirechte, sodass Niedernburg zum Eigenkloster der Passauer Bischöfe wurde und der weite Grundbesitz des Klosters den wirtschaftlichen Grundstock für das Hochstift Passau bilden konnte. Die Äbtissin wurde von Wolfger abgesetzt und die Leitung des Klosters an eine Dechantin übertragen.

Im 15. Jahrhundert wurde das Grab der als Seligen verehrten Gisela das Ziel zahlreicher ungarischer Pilger. Um 1500 wurde die damalige Dechantin Ursula von Schönstein von Papst Alexander VI. wieder in den Rang einer Äbtissin erhoben. 1583 öffnete Fürstbischof Urban von Trennbach den Konvent auch für Bürgertöchter. Die beiden verheerenden Passauer Stadtbrände von 1662 und 1680 zerstörten jeweils auch das Kloster. Heiligkreuz-Kirche und Konventgebäude wurden aber schnell wieder errichtet. 1780 wurde in Niedernburg eine Mädchenschule eingerichtet.

Das Kloster wurde 1806 im Zuge der Säkularisation aufgelöst. In der Klosteranlage wurde 1815 eine Besserungs- und Beschäftigungsanstalt der Polizei, 1822 eine Irrenanstalt und 1826 ein Taubstummenheim untergebracht. Bischof Karl Joseph von Riccabona konnte 1836 in Kloster Niedernburg Englische Fräulein ansiedeln, die hier das „Gisela-Gymnasium“, die „Gisela-Realschule“ und ein Schülerinnenheim einrichteten.

Das Grab der in Ungarn sehr verehrten seligen Äbtissin Gisela, Königin von Ungarn, wird von vielen Pilgern besucht.

Im Oktober 2013 verließen die Englischen Fräulein das Kloster, da sie für den laufenden Betrieb zu wenige und mittlerweile zu alt waren. Die Kirche ist seitdem nur noch sporadisch geöffnet. Einzige Nutzer der Gebäude sind nun die beiden Gisela-Schulen und das Schülerinnenheim. Nachdem der Freistaat Bayern zum Teil Eigentümer der Immobilie ist und zwischen den bisherigen Nutzern und dem Freistaat Bayern zusätzlich ein Erbbaurechtsvertrag besteht, werden zwischen der Diözese Passau und dem Freistaat Bayern Verhandlungen über den Verkauf der Anlage an die Diözese Passau geführt.[3][4]

Klosterkirche Zum Heiligen Kreuz

Die Klosterkirche Zum Heiligen Kreuz ist eine romanische Pfeilerbasilika aus dem 12. Jh. Die Vorhalle ist noch älteren Datums. Der spätgotische Chor wurde im 15. bis 16. Jahrhundert errichtet. Vom linken Seitenschiff getrennt ist die gotische Erasmuskapelle mit Taufstein, Wandfresko und Pietà-Gruppe von 1420. Das Hochaltarkreuz stammt aus dem Jahr 1508. Die barocken Gewölbe des Langhauses entstanden nach den Stadtbränden von 1662 und 1680. An den Langhauspfeilern sind gotische und barocke Figuren zu sehen. Im südlichen Querhaus befindet sich ein Monument der seligen Gisela sowie Grabdenkmäler des 14. bis 17. Jh.

An die Kirche schließt sich ein spätgotischer Kreuzgang an. Auf der Ostseite des Klosters steht die 1150 erbaute, aber nach dem Brand von 1662 Ruine gebliebene St.-Marien-Kirche.

Das Grab des Gregorius

Laut einer Legende starb am 23. September 1093 zur Mittagsstunde ein alter armenischer Erzbischof namens Gregorius während einer Sonnenfinsternis, welcher vor dem Hochaltar der niedernburger Klosterkirche bestattet wurde. Das Grab wurde bei Ausgrabungen 1978 gefunden. Auch konnte für das überlieferte Datum eine Sonnenfinsternis für ca. 11:00 Uhr nachgewiesen werden. Zwei im Grab gefundene Bleiplatten, welche die (auf Grund starker Korrosion der Platten lückenhafte) Lebensgeschichte des Gregorius überliefern, weisen ihn als natione Armenus aus.

Die im Grab aufgefundenen Bleiplatten, sowie die im Mittelmeerraum entstandene Gürtelschnalle und das Pektoralkreuz sind heute in Museum Kastell Boiotro ausgestellt. Die Gebeine Gregorius wurden 1982 nach armenischem Ritus wieder im Mittelgang der Kirche bestattet. Das Grab ist heute durch eine Grabplatte gekennzeichnet. Es wird vermutet, dass Gregorius im Zusammenhang mit den Byzantinisch-Seldschukischen Kriegen nach 1071 nach Passau kam.

In Passau wirkte Gregorius laut Überlieferung unter anderem als Lehrer des Seligen Englmar.

Literatur

  • Leidl August: 150 Jahre Institut der Maria-Ward-Schwestern in Passau-Niedernburg. In: Ostbairische Grenzmarken 29. 1987, S. 151–158.
  • Dehio Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bayern II: Niederbayern. München 1988, S. 526–531.
  • Alfons Grüneis: Die Königin und Äbtissin Gisela und ihr Grab in der Klosterkirche von Niedernburg. In: Jahresbericht Passau. 1953.
  • Birgit Hielscher: Gisela, Königin von Ungarn und Äbtissin von Passau-Niedernburg. In: Ostbairische Grenzmarken. Passauer Jahrbuch fur Geschichte, Kunst und Volkskunde. Nr. 10, Passau 1968, S. 265–289.
  • August Leidl: Die selige Gisela, Königin von Ungarn (um 985-um 1060). In: Bavaria Sancta III, 1973.
  • Franz Mader: Vergessene Kirchen. Profanierte oder abgebrochene Kirchen und Kapellen in Passau (= Der Passauer Wolf. Veröffentlichungen zur Kulturgeschichte Passaus. Band 14, Passau 2000, S. 24–31.)
  • Heidrun Stein-Kecks: Die romanischen Wandmalereien in der Vorhalle zur ehemaligen Marienkirche des Klosters Niedernburg. In: Möseneder Karl (Hrsg.): Kunst in Passau. Von der Romanik zur Gegenwart. Passau 1993, S. 30–59.
  • Kloster Niedernburg: Gisela und das Kloster Niedernburg. CD-ROM, Passau 2008.
  • Anton Schuberl: Der Wiederaufstieg des Klosters Niedernburg zur Abtei. Die Klosterreformen des 15. Jahrhunderts an einem Passauer Frauenkloster erforscht mit Hilfe des Urkundenportals monasterium.net. Oberhaching 2016, ISBN 978-3-946244-03-5.
  • Anton Schuberl: Das Kloster Niedernburg im Spätmittelalter. In: Passauer Jahrbuch. Jahrgang 56, 2014, S. 57–81.
  • Eva Weiler: Die religiöse Frauengemeinschaft Niedernburg in Passau. Rekonstruktion der Bautätigkeit im Hochmittelalter. Diplomarbeit, Wien 2012 (online auf univie.ac.at).

Weblinks

Commons: Kloster Niedernburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Englische Fräulein sagen Niedernburg „Adieu“. Abgerufen am 26. Juni 2021.
  2. Das Nibelungenlied. Nach der Ausgabe von Karl Bartsch. Herausgegeben von Helmut de Boor. 22. Auflage. F.A. Brockhaus, Mannheim 1988, S. VIII.
  3. Das schwere Erbe von Niedernburg. In: pnp.de. Passauer Neue Presse, 26. November 2013, abgerufen am 7. Februar 2021.
  4. Staat und Kirche verhandeln über Niedernburg. In: pnp.de. Passauer Neue Presse, 1. April 2014, abgerufen am 7. Februar 2021.

Koordinaten: 48° 34′ 27″ N, 13° 28′ 19″ O