Kloster Söflingen
Das Reichsstift Söflingen (Söflingen ist heute ein Stadtteil von Ulm) war ein Klarissen-Nonnenkloster, das 1258 durch den Grafen von Dillingen gestiftet und 1803 von Bayern, an das es infolge des Reichsdeputationshauptschlusses gefallen war, aufgehoben wurde. Es war das älteste und wohl auch bedeutendste Kloster der Klarissen in Deutschland.
Geschichte
Höchstwahrscheinlich war das Kloster Nachfolger des Nonnenklosters St. Damian in Ulm (Elisabetherinnen auf dem Gries), das schon im Jahre 1229 von Papst Gregor IX. in päpstlichen Schutz genommen worden war. Neben einem Ulmer Bürger namens Krafft, genannt von Naw, trugen viele Adelige mit erheblichen Schenkungen zum wirtschaftlichen Aufschwung des Klosters bei. Eine ansehnliche Stiftung des Grafen Hartmann III. von Dillingen im Ort „Sevelingen“ vom Jahre 1258 führte dazu, dass der Sitz des Klosters dorthin verlegt wurde. 1270 kam die „Veste Sevelingen“ durch Kauf an das Kloster, bald befand sich der gesamte Ort in dessen Besitz. 1359 empfahl Kaiser Karl IV. das Kloster dem Schutz der Reichsstadt Ulm, bestätigte ihm andererseits 1368 viele Freiheiten („Unvogtbarkeit“). Spätestens mit der Reformation wurde das Kloster dieser Schutzherrschaft überdrüssig und bemühte sich lange, von ihr loszukommen (siehe weiter oben).
Söflingen war immer wieder Einquartierungen und Brandschatzungen ausgesetzt. 1552 hatten die Bundesfürsten dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen, 1628, 1643 und 1647 hausten dort die schwedischen Truppen, so dass die Nonnen Schutz in Ulm suchen mussten; 1702 /1703 bezog der bayerische Kurfürst Maximilian II. Emanuel, 1704 der englische Herzog von Marlborough, 1805 der französische Marschall Ney dort sein Hauptquartier.
Zum Kloster Söflingen gehörten die Dörfer Söflingen, Harthausen (mit Ehrenstein) und Schaffelkingen, Anteile an Bettingen, Burlafingen und Eckingen sowie Gefälle und Güter in vielen anderen, meist zur Reichsstadt Ulm gehörigen Orten, mit zusammen etwa viertausend Einwohnern. In einem Vergleich von 1773 hatte das Kloster an Ulm seine Besitzrechte in Mähringen, Lehr, Jungingen, Breitingen, Holzkirch, Lonsee, Langenau, Weidenstetten, Söglingen und Bermaringen abgegeben und dafür die Entlassung aus der Schutz- und Schirmherrschaft sowie der Territorialherrschaft und Gerichtsbarkeit dieser in der Reformation protestantisch gewordenen Reichsstadt erwirken können. Damit wurde es unmittelbares Reichsstift und die Äbtissin bekam Sitz und Stimme in den Kreis- und Reichstagen.
Seine nicht unerheblichen Besitzungen wurden nach 1803 größtenteils in Privathand verkauft, die Klostergebäude teilweise abgebrochen bzw. zum Sitz eines Königlich Bayerischen Landgerichts bestimmt, die Klosterkirche bestand als Pfarrkirche der Gemeinde Söflingen weiter. 1810 kam auf Grund eines Grenzvertrages das Gebiet um Söflingen zusammen mit Ulm unter Königlich Württembergische Herrschaft.
Äbtissinnen
- 1319 Mia von Kemnat[1]
- 1342/1343 Mye von Westerstetten[2]
- um 1351 Ymag(ina), die am 1. Mai 1366 Schwester Ymagina Trühendinger (= Gräfin von Truhendingen) genannt wurde[3]
- 1366 Margret[4]
- um 1482 Cristina Strönlerin
- um 1567 Regina von Rorpach zu Edelstetten
- um 1597–1603? Anna Starin von Osternach
- 1716–1739 Anna-Maria Cleopha Hunger (1674–1739)
- 1768–1774 Johanna Miller
- 1801–1802 Bonaventura Seelinger (letzte Äbtissin; † 1807)[5]
Heutige Nutzung
Das um 1492 erbaute ehemalige Wohnhaus der Äbtissin dient seit 1810 der katholischen Kirchengemeinde Mariä Himmelfahrt als Pfarrhaus. In der Klostermühle betreibt die Musikschule der Stadt Ulm eine Außenstelle. Aus dem Bräuhaus der ehemaligen Klosterbrauerei wurde ein Mehrfamilienhaus. Die Klausur, also das eigentliche Klostergebäude, wurde 1818 abgerissen.[6][7][8]
Literatur
- Söflingen. In: Johann Daniel Georg von Memminger (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Ulm (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band 11). Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart / Tübingen 1836, S. 228–246 (Volltext [Wikisource]).
- Karl Suso Frank: Das Klarissenkloster Söflingen. Kohlhammer, Stuttgart 1980, ISBN 3-17-005129-6 (= Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm, 20).
- Karl Suso Frank: Das Klarissenkloster Söflingen bis zur Aufhebung 1803. In: H. E. Specker (Hrsg.): Kirchen und Klöster in Ulm. Süddeutsche Verlagsgesellschaft, Ulm 1979, S. 163–199.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Staatsarchiv Ludwigsburg B 509 U 228
- ↑ Staatsarchiv Ludwigsburg B 509 U 269, 270, 274
- ↑ Ulmisches Urkundenbuch, Band 2, Ulm 1898–1900, Teil 1, Nr. 375 und Teil 2, Nr. 718
- ↑ Ulmisches Urkundenbuch, Band 2, Ulm 1898–1900, Teil 2, Nr. 718
- ↑ Klarissenkloster St. Klara Söflingen - Geschichte. In: Klöster in Baden-Württemberg. Landesarchiv Baden-Württemberg, abgerufen am 24. Dezember 2021.
- ↑ Gebäude. In: mh-soeflingen.de. Katholische Kirchengemeinde Mariä Himmelfahrt, abgerufen am 24. Dezember 2021.
- ↑ musikschule.ulm.de (Memento vom 26. Mai 2013 im Internet Archive)
- ↑ Otto Schempp: Geschichte des Klarissenklosters. In: mh-soeflingen.de. Katholische Kirchengemeinde Mariä Himmelfahrt, abgerufen am 24. Dezember 2021.
Koordinaten: 48° 23′ 51,7″ N, 9° 57′ 12,2″ O