Kompositionssatz von Hurwitz
Der Kompositionssatz von Hurwitz oder der Kompositionssatz von quadratischen Formen[1] von Adolf Hurwitz[2] besagt in der Mathematik, dass nur für oder das Produkt zweier Summen von quadrierten reellen Zahlen in eine Summe von ebenfalls Quadraten von Zahlen zerfallen kann, die Bilinearformen von ersteren sind.
Mit dieser Aussage lässt sich der Quadrate-Satz beweisen.
Aus dem Satz von Hurwitz folgt, dass es nur für Kompositionsalgebren gibt, die reellen Zahlen, die komplexen Zahlen, die Quaternionen und Oktonionen. Er fand damit eine neue Charakterisierung der besonderen Stellung dieser Algebren. Dabei sind Kompositionsalgebren Algebren über den reellen Zahlen mit euklidischer Norm (wobei die Algebra als Vektorraum über den reellen Zahlen aufgefasst wird), für die gilt.[3] Beno Eckmann gab 1943 einen gruppentheoretischen Beweis des Kompositionssatzes von Hurwitz.
Aussage
Nur für oder kann es Bilinearformen
für geben, so dass für alle reellen Zahlen , gilt:
Beweisskizze
Der Fall erfüllt wegen die Aussage. Für werden die im Satz vorkommenden Gleichungen in Matrizengleichungen überführt. Die Untersuchung der Matrizen zeigt zunächst, dass gerade sein muss. Ferner lassen sich linear unabhängige Matrizen finden, von denen es aber nur gibt. Daher ist . Der Fall kann ausgeschlossen werden, weil es dann 16 linear unabhängige schiefsymmetrische Matrizen geben müsste, was nicht sein kann. Also ist oder .
Beweis | ||||
Überführung in eine Matrizengleichung | ||||
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Die Zahlen xi, yi und zi werden in Spaltenvektoren der Dimension n eingetragen. Dann können die Bilinearformen als Matrizengleichung geschrieben werden, in der G eine n × n Matrix ist, deren Koeffizienten homogene lineare Funktionen des Vektors sind. Dann ist Das hochgestellte T bezeichnet die transponierte Matrix. Weil keine gemischten Terme yi yk mit i ≠ k auftreten, ist GTG eine Diagonalmatrix, und weil alle Vorfaktoren der identisch sind, ist GTG sogar Vielfaches der Einheitsmatrix En. | ||||
Konstruktion der schiefsymmetrischen n × n Matrizen Bi | ||||
Die G-Matrix wird mittels in Matrizen Aj mit den konstanten Koeffizienten (Aj)ik=γijk aufgeteilt. Dann ergibt sich: Vergleich der zwei Terme mit zeigt: . Multiplikation obiger Gleichung von links mit und von rechts mit ergibt: mit den Matrizen und Bn=En. Koeffizientenvergleich in der letzten Gleichung zeigt für i, j < n: mit der Nullmatrix On. Das ist gleichbedeutend mit
für und . Nun erlaubt aufgrund des Determinantenproduktsatzes die Analyse auf gerade n zu beschränken. | ||||
Konstruktion von 2n-1 Transformationen | ||||
Durch Kombination von eins bis n – 1 Matrizen (*) und der Einheitsmatrix entstehen Transformationen
in denen die natürlichen Indizes in allen Produkten gemäß 0 < i1 < i2 < ... < n aufsteigend sein sollen. Die Transformationen (Δ) werden im Folgenden Δ-Transformationen genannt. Jede der Δ-Transformationen außer En entsteht durch „ziehen“ von k Matrizen (k=1, …, n-1) aus der Menge { B1, …, Bn-1 } ohne Zurücklegen, Sortierung der gezogenen Matrizen nach aufsteigenden Indizes und Bildung des Matrizenprodukts. Der Binomialkoeffizient nennt die Anzahl der Varianten bei gegebenem k und die Anzahl aller Δ-Transformationen inklusive En ist wegen der Summenformel der Binomialkoeffizienten 2n-1. | ||||
Symmetrie der Transformationen | ||||
Die Δ-Transformationen lassen sich auf Symmetrie prüfen: wegen BiT = -Bi (*). Um im Produkt die Faktoren nach aufsteigenden Indizes zu sortieren, muss der letzte Faktor (r – 1)-mal mit seinem Vorgänger vertauscht werden, wobei das Produkt gemäß Bi Bj = -Bj Bi (*) das Vorzeichen (r – 1)-mal wechselt. Der nunmehr letzte Faktor muss (r – 2)-mal mit seinem Vorgänger vertauscht werden, wobei das Produkt (r – 2)-mal das Vorzeichen wechselt usw. Insgesamt hat das Produkt nach dem Sortieren das Vorzeichen Symmetrie liegt bei geradem Exponenten vor, also bei durch vier teilbarem r (r + 1), weshalb r dann bei Division durch vier den Rest null oder drei lassen muss. In den anderen Fällen, Rest eins oder zwei bei Division von r durch vier, ist die Transformation schiefsymmetrisch. | ||||
Linearkombinationen der Transformationen | ||||
Seien R, R1, R2... Linearkombinationen der Δ-Transformationen. Dann zeigt eine Relation R = On eine lineare Abhängigkeit der Δ-Transformationen, die mit einem Koeffizienten ungleich null eingehen. Diese mögen als an der Relation beteiligt heißen. Sind nun R1 = On und R2 = On zwei Relationen, dann sollen sie einander fremd heißen, wenn es keine Δ-Transformation gibt, die an beiden Relationen beteiligt ist. Eine reduzible Relation sei eine, die sich als Summe zweier einander fremder Relationen gemäß R = R1 + R2 mit R1 = R2 = On darstellen lässt. Die irreduziblen sind nicht reduzibel. Im Folgenden werden nur die irreduziblen Relationen betrachtet, denn die reduziblen setzen sich aus ihnen zusammen. | ||||
Linear unabhängige Transformationen | ||||
Eine Linearkombination der Δ-Transformationen, die symmetrische und schiefsymmetrische Transformationen enthält, ist reduzibel. Denn weil die Null-Matrix die einzige sowohl symmetrische als auch schiefsymmetrische Matrix ist, addieren sich sowohl die symmetrischen als auch die schiefsymmetrischen Transformationen zur Null-Matrix. Umgekehrt enthält jede irreduzible Relation nur symmetrische oder nur schiefsymmetrische Transformationen. Eine irreduzible Relation bleibt irreduzibel, wenn sie mit einer Δ-Transformation multipliziert wird. Durch eine solche Multiplikation, beispielsweise mit dem ersten beteiligten Summanden, kann erreicht werden, dass auch En beteiligt ist. Sei äquivalent zu einer irreduziblen Relation. Auf der linken Seite steht eine symmetrische Matrix und deshalb sind alle beteiligten Summanden auf der rechten Seite symmetrisch. Die Anzahl der Faktormatrizen in einem Summanden muss daher den Rest null oder drei bei Division durch vier lassen. Somit verschwinden alle ci und cij. Durch Multiplikation beider Seiten mit beliebigem Bi entsteht: wo nun auf der linken wie somit auch auf der rechten Seite eine schiefsymmetrische Matrix steht und wegen Irreduzibilität alle Summanden schiefsymmetrisch sind. Die Anzahl der Faktormatrizen in einem Summanden muss daher den Rest eins oder zwei bei Division durch vier lassen. Es muss daher sein, wenn sich i nicht unter den Indizes i1, i2 oder i3 befindet. Weil i beliebig wählbar ist, verschwinden alle bei n > 4. Analog lässt sich zeigen, dass alle Koeffizienten in den Summen verschwinden und nur
übrig bleibt – auch bei n ≤ 4. Zusätzlich kommt heraus, dass auf der rechten Seite eine symmetrische Matrix steht, weswegen das gerade n auch noch durch vier teilbar sein muss, damit eine Relation (□) existieren kann. | ||||
Der Fall der sechs Bilinearformen | ||||
Weil sechs nicht durch vier teilbar ist, ist die Relation (□) ausgeschlossen und sollten alle Δ-Transformationen linear unabhängig sein. Von denen sind die fünf mit einer Faktormatrix, die zehn mit zwei Faktormatrizen und die eine mit fünf Faktormatrizen, also insgesamt 16 schiefsymmetrisch. Von diesen 6 × 6 Matrizen können aber nur maximal 5+4+3+2+1=15 linear unabhängig sein. Deshalb kann eine Komposition mit n = 6 nicht existieren. | ||||
Schluss | ||||
Die 2n-1 Δ-Transformationen sind entweder linear unabhängig, oder aber es bestehen bei durch vier teilbarem n Relationen zwischen ihnen, die aus Gleichung (□) und Multiplikation mit einer der ersten 2n-2 Δ-Transformationen entstehen. Die ersten 2n-2 Δ-Transformationen sind also jedenfalls linear unabhängig. Nun sind aber mehr als n² n × n Matrizen immer linear abhängig, was nach sich zieht und somit n ≤ 8 sein muss. Der Fall n = 1 ist möglich, weil hier keine Matrizengleichungen entstehen. Ansonsten muss n gerade aber von sechs verschieden sein. | ||||
Quod erat demonstrandum. |
Literatur
- ↑
- ↑ Hurwitz: Über die Komposition der quadratischen Formen von beliebig vielen Variablen. In: Nachrichten von der k. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch-physikalische Klasse. 1898, S. 309–316 (Computer Science University of Toronto [PDF; abgerufen am 18. Juni 2017]).
- ↑ M. Koecher, R. Remmert, Kompositionsalgebren, Satz von Hurwitz, in: D. Ebbinghaus u. a., Zahlen, Springer 1983, Kapitel 9