Kotin der Ernährer und Platonida

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Nikolai Leskow im Jahr 1872

Kotin der Ernährer und Platonida (russisch Котин доилец и Платонида, Kotin doilez i Platonida) ist eine fragmentarische Erzählung des russischen Schriftstellers Nikolai Leskow, die im April 1867 in den Sankt Petersburger Otetschestwennye Sapiski erschien.

Inhalt

Axinja Matwejewna, die 18-jährige Nichte des Stargoroder Kaufmanns Semjon Dejew, wird von den Ihren ausgepeitscht und aus dem Hause gejagt. Die Waise Axinja hat Glück im Unglück. Der Küster Iona Pisonski nimmt sie in seinem Häuschen auf. Axinja wird die Frau Küsterin und bringt Konstantin zur Welt. Iona stirbt, als Konstantin ein Jahr alt ist. Axinja verkleidet den Jungen als Mädchen. Die beiden kommen in einem Frauenkloster unter. Als Zwölfjähriger tritt Konstantin Pisonski, endlich als Junge gekleidet, in die geistliche Gemeindeschule ein. Einer Schreibschwäche wegen nennt er sich Kotin. Als Soldat dient er drei Jahre in einer Regimentskirche. Die Mutter braucht einen Ernährer. Als Kotin schließlich auf ihren Antrag hin entlassen wird, ist sie bereits gestorben. Kotin besinnt sich seiner Verwandtschaft und geht zu den Dejews nach Stargorod. Diese verhöhnen ihn. Auf der Suche nach einem Obdach entsinnt sich Kotin einer Nichte seiner Mutter und geht hin. Diese ist verstorben und hat zwei Mädchen hinterlassen. Kotin nimmt die beiden Waisen, eine Zwei- und eine Fünfjährige, mit und wagt sich wieder zurück nach Stargorod zu den Dejews. Dort trifft er auf Semjon Dejews Schwiegertochter, die 21-jährige Platonida Andrewna. Die kinderlose Frau kann lediglich mit einem Bündel abgetragener Erwachsenenkleidung helfen.

Die bejahrte Kurpfuscherin und Hebamme Fewronja Rochowna nimmt Kotin und die kleinen Mädchen auf. Kotin produziert und verkauft Stiefelwichse. Der handwerklich Geschickte gewinnt mit der Zeit die Achtung der Stargoroder. Die Stadtverordneten überlassen ihm die wüste Insel unter der Brücke im Fluss. Innerhalb von vier Jahren macht der neue Robinson Kotin den Flecken urbar; erbaut eine Hütte. Nebenbei kümmert er sich um die beiden Mädchen.

Platonidas reichlich zwanzig Jahre älterer Ehemann, der hartherzige Marko Dejew, stirbt. Platonida fühlt sich auf einmal frei; aber nicht lange. Der grauhaarige Kaufmann Semjon Dejew will bei der jungen Schwiegertochter die Stelle seines verstorbenen Sohnes Marko einnehmen und macht einen Vergewaltigungsversuch. Vergeblich. Platonida wehrt sich mit dem Beil, trifft aber nicht richtig, weil Markos jüngerer Bruder Awenir Dejew, der Platonida liebt, dazwischengeht. Der alte Dejew rächt sich. Vor Gericht glaubt man seine Anschuldigung – Platonida und Awenir hätten ihn berauben und morden wollen. Awenir kommt ins Gefängnis. Die Behörde geht ferner dem Gerücht nach, Platonida, die seit der Gewalttat verschwunden ist, habe auf Kotins Insel Unterschlupf gefunden. Die Durchsuchung der Hütte auf der Insel bleibt ohne Ergebnis. Auch Kotin kommt ins Gefängnis. Die Behörde und die Stargoroder meinen, wenn einer Platonidas Aufenthaltsort weiß, dann Kotin. Letzterer schweigt.

Kotin wird aus dem Gefängnis entlassen. Awenir darf im Kaukasus dienen und macht militärisch Karriere.

Rezeption

  • 1959: Setschkareff beobachtet, wie Leskow mit Nebendingen Spannung erzeugt und erwähnt in dem Zusammenhang „die düstere, von unheimlicher Erotik geladene Szene“, in der Platonida beinahe vergewaltigt wird.[1]
  • 1967: Reißner moniert, Leskow habe das Fragment „abrupt und ohne befriedigende Lösung zum Abschluß“ gebracht.[2]
  • 1988 Dieckmann schreibt über diese „moderne Robinsonade“, Leskow entlasse „seine Helden fast ins Dunkel der Legende“.[3]

Literatur

Deutschsprachige Ausgaben

  • Kotin der Ernährer und Platonida. Deutsch von Günter Dalitz. S. 437–486 in Eberhard Reißner (Hrsg.): Nikolai Leskow: Gesammelte Werke in Einzelbänden. Liebe in Bastschuhen. Mit einer Nachbemerkung des Herausgebers. 747 Seiten. Rütten & Loening, Berlin 1967 (1. Aufl.)

Verwendete Ausgabe:

  • Kotin der Ernährer und Platonida. Deutsch von Günter Dalitz. S. 444–491 in Eberhard Dieckmann (Hrsg.): Nikolai Leskow: Gesammelte Werke in Einzelbänden. Bd. 1: Die Lady Macbeth aus dem Landkreis Mzensk. Erzählungen. 632 Seiten. Rütten & Loening, Berlin 1988 (1. Aufl.), ISBN 3-352-00252-5

Sekundärliteratur

  • Vsevolod Setschkareff: N. S. Leskov. Sein Leben und sein Werk. 170 Seiten. Verlag Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1959

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Setschkareff, S. 68, 1. Z.v.u.
  2. Reißner in der Nachbemerkung der Ausgabe 1967, S. 730, 1. Z.v.o.
  3. Dieckmann in der Nachbemerkung der verwendeten Ausgabe, S. 616, 14. Z.v.u.