Kościan

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Kościan
Wappen von Kościan
Kościan (Polen)
Kościan
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Großpolen
Powiat: Kościan
Fläche: 8,80 km²
Geographische Lage: 52° 5′ N, 16° 39′ OKoordinaten: 52° 5′ 0″ N, 16° 39′ 0″ O
Höhe: 75 m n.p.m.
Einwohner: 23.716
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 64-000 bis 64-009
Telefonvorwahl: (+48) 65
Kfz-Kennzeichen: PKS
Wirtschaft und Verkehr
Straße: PosenBreslau
Eisenbahn: Posen–Breslau
Nächster int. Flughafen: Posen
Gmina
Gminatyp: Stadtgemeinde
Fläche: 8,8 km²
Einwohner: 23.716
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 2695 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 3011011
Verwaltung (Stand: 2007)
Bürgermeister: Michał Jurga
Adresse: al. Kościuszki 22
64-000 Kościan
Webpräsenz: www.koscian.pl



Kościan [ˈkɔɕʨan] (deutsch Kosten) ist eine Stadt in der polnischen Woiwodschaft Großpolen.

Geographie

Lage

Kościan aus der Vogelperspektive

Die Stadt liegt an der Obra, etwa 45 Kilometer südlich der Stadt Posen.

Geologie

Im Umland der Stadt befinden sich Braunkohleflöze. Deren Entstehung ist darauf zurückzuführen, dass während der Kreidezeit ein Meer die Fläche des Ortes bedeckte und sich im Tertiär in der Gegend viele Seen befanden.

Geschichte

Kosten an der Obra südwestlich der Stadt Posen und nordöstlich der Stadt Fraustadt auf einer Landkarte der Provinz Posen von 1905 (gelb markierte Flächen kennzeichnen Gebiete mit seinerzeit mehrheitlich polnischsprachiger Bevölkerung)
Heilig-Geist-Kirche
Rathaus und Regionalmuseum

In alten Urkunden heißt der Ort 1242 Costan, 1289 Costhan, 1425 Costen und 1472, 1487 sowie 1520 Kosten, später auch Costenum.[2] Der Geschichtsschreibung zufolge hatte hier im 12. Jahrhundert der böhmische Herzog Soběslav I. ein Schloss erbauen lassen, um von hier aus die Schlesier besser im Zaume halten zu können; er starb jedoch im Jahr 1140 vor dessen Vollendung. Hundert Jahre später soll Heinrich I., Herzog von Schlesien, Polen und Krakau, der Geistlichkeit Kostens mehrfach Rechte zugestanden haben; das dafür angegebene Jahr 1238 ist jedoch sein Todesjahr, er starb am 19. März 1238 in Crossen.[2]

Im 13. Jahrhundert war die Siedlung ein Marktflecken. Seit 1296 stand Kosten unter schlesischen Herzögen, bei der Erbteilung 1312 erscheint es als Hauptort eines Kreises. 1332 wurde es von den Polen belagert, unter Anführung Kasimirs, des jüngsten Sohns des polnischen Königs Władysław I. Ellenlang. Eine deutsche Besatzung hielt Kosten, bis die Einwohner in die Übergabe einlenkten. Danach wurden die Verteidiger niedergemacht, und Kosten kam fortan unter polnische Hoheit.[2]

Das Stadtrecht, das die Ortschaft vermutlich in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts erhalten hatte, wurde 1400 von König Władysław II. Jagiełło bestätigt. Während dieser Zeit war der Ort die zweite Stadt in Großpolen. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadt Sitz eines großen Landkreises, der 24 Städte, u. a. Babimost (Bomst), Wolsztyn (Wollstein) und Książ, sowie 574 Dörfer und 118 Pfarreien umfasste. Der Ort war auch ein wichtiges Zentrum des Handwerks. Der Ort und seine Umgebung bildeten eine kleine deutsche Sprachinsel.[3]

Ein schwerer Schlag für die Entwicklung des Ortes war der zweite Schwedisch-Polnische Krieg. 1655 bis 1656 wurde der Ort von den Schweden zerstört und niedergebrannt. Auch in nachfolgenden Kriegen wurde der Ort mehrfach zerstört. Nach der zweiten polnischen Teilung wurde der Ort 1794 Teil Preußens. 1807 wurde die Stadt Teil des neu gegründeten Großherzogtums Warschau, fiel 1815 aufgrund der Beschlüsse auf dem Wiener Kongress aber wieder an Preußen zurück und wurde Sitz des Kreises Kosten.

1856 erhielt der Ort Anschluss an das Eisenbahn­netz mit Verbindungen nach Breslau und Posen. Wirtschaftlich von Bedeutung waren für die Stadt in der Zeit die Tabak- und Zuckerrüben­verarbeitung. Die seit 1881 bestehende Zuckerfabrik lag direkt am Bahnhof, zur Anlieferung der Zuckerrüben gab es von 1906 bis ca. 1945 ein Netz von Feldbahnen in Richtung Westen zu den Gütern Kobelnik, Kokorzyn und Szczodrowo[4]. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Kosten eine evangelische und zwei katholische Kirchen, eine Synagoge, eine Niederlassung der Benediktinerinnen mit Krankenanstalt, eine Reichsbanknebenstelle und war Sitz eines Amtsgerichts.[5]

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs kam Kosten im Dezember 1918 im Rahmen des Großpolnischen Aufstands unter die Kontrolle bewaffneter polnischer Rebellen. Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrag musste die Stadt 1920 offiziell an die Zweite Polnische Republik abgetreten werden. Die Wirtschaft entwickelte sich anschließend gut.

1939 wurde die Stadt beim Überfall auf Polen von der deutschen Wehrmacht besetzt. Anschließend wurde sie völkerrechtswidrig dem Deutschen Reich einverleibt. Während der Besetzung durch die Nationalsozialisten kam es in der Stadt zu Hinrichtungen, Vertreibungen und Deportationen in Konzentrationslager. Aus der Pflegeanstalt Kosten/Warthegau im ehemaligen Bernhardinerkloster wurden 3334 psychisch kranke Menschen ermordet, davon waren 2750 am 9. Februar 1940 aus dem Altreich dorthin gebracht worden.[6]

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte im Januar 1945 die Rote Armee die Stadt. In der Folgezeit wurden deutsche Bewohner von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben.

1975 verlor die Stadt ihren Sitz als Hauptstadt eines Powiat und wurde Teil der neu geschaffenen Woiwodschaft Leszno. Bei einer erneuten Verwaltungsreform 1999 wurde die Woiwodschaft aufgelöst und die Stadt wurde wieder Sitz des Powiat Kościański.

Demographie

Bevölkerungsentwicklung bis 1921
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1799 1704 davon ein Dittel Polen, sechs Juden[7]
1803 1202 [7]
1815 1450 nach anderen Angaben 1662 Einwohner (nach dem Wiener Kongress, als die Stadt zum zweiten Mal preußisch wurde)[7]
1816 1608 [8] nach anderen Angaben 1509 Einwohner, davon 188 Evangelische, 1255 Katholiken, 66 Juden[7]
1821 1620 [7]
1826 1700 in 212 Häusern[9]
1837 2044 [10]
1843 2605 [10]
1858 3321 [10]
1861 3491 [10]
1867 3716 am 3. Dezember[11]
1871 3593 davon 840 Evangelische, 2520 Katholiken und 230 Juden (2200 Polen);[12] nach anderen Angaben 3595 Einwohner (am 1. Dezember), davon 770 Evangelische, 2553 Katholiken, ein sonstiger Christ, 271 Juden[11]
1875 3951 [13]
1880 4442 [13]
1890 4701 davon 957 Evangelische, 3546 Katholiken, 196 Juden[13]
1900 5785 meist Katholiken[5]
1910 7809 am 1. Dezember[14]
Anzahl Einwohner nach dem Zweiten Weltkrieg
Jahr Einwohner Anmerkungen
1950 10.800
2000 24.425
2004 24.085 am 31. Dezember
Herr-Jesu-Kirche

Gmina

Kościan ist Sitz der Landgemeinde Kościan, zu der die Stadt Kościan selbst nicht gehört.

Verkehr

Der Fernverkehrsbahnhof Kościan liegt an der Posen–Breslau. Früher begann im Bahnhof die Bahnstrecke Kościan–Opalenica und endete die Gostyner Kreisbahn.

Söhne und Töchter der Stadt

Literatur

  • Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 338–341.

Weblinks

Commons: Kościan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. a b c Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 338–341.
  3. Walter Kuhn: Geschichte der deutschen Ostsiedlung in der Neuzeit. Band 1, S. 49.
  4. Reinhard Richter: Die Feldbahn zur Zuckerfabrk Kosten. In: Feldbahnen im Dienste der Landwirtschaft. Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin 2005, ISBN 3-933254-65-5, S. 249–250
  5. a b Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 11, Leipzig/Wien 1907, S. 534.
  6. Koscian und die Euthanasie in Polen, deathcamp.org, abgerufen 10. Oktober 2015
  7. a b c d e Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 312–319, Ziffer 334.
  8. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Band 2, G–Ko, Halle 1821, S. 392, Ziffer 4415.
  9. Leopold von Zedlitz-Neukirch: Die Staatskräfte der preußischen Monarchie unter Friedrich Wilhelm III.. Band 2, Teil 1, Berlin 1828, S. 96–97, Ziffer 1.
  10. a b c d Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 338–341.
  11. a b Königliches Statistisches Büro: Die Gemeinden und Gutsbezirke des preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Teil IV: Die Provinz Posen, Berlin 1874, S. 40–41, Ziffer 2 (Digitalisat, S.47–48).
  12. Gustav Neumann: Das Deutsche Reich in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung. Band 2, G. F. O. Müller, Berlin 1874, S. 147–148, Ziffer 7.
  13. a b c M. Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. (Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006)
  14. gemeindeverzeichnis.de