Kraftwerk Scholven

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Kraftwerk Scholven
Kraftwerk Scholven
Lage
Kraftwerk Scholven (Nordrhein-Westfalen)
Koordinaten 51° 36′ 10″ N, 7° 0′ 34″ OKoordinaten: 51° 36′ 10″ N, 7° 0′ 34″ O
Land Deutschland
Daten
Typ Dampfkraftwerk
Primärenergie Fossile Energie
Brennstoff Steinkohle
Leistung 760 Megawatt
Eigentümer Uniper Kraftwerke GmbH
Betreiber Uniper Kraftwerke GmbH
Schornsteinhöhe 302 m
Kraftwerk Scholven von Südwesten
Kühltürme von Norden
Datei:Power plant Gelsenkirchen-Scholven2.jpg
Kraftwerk Scholven von Nordwesten
Am Schornstein befestigte Hochspannungsleitungen

Das Kraftwerk Scholven ist ein Kraftwerk der Uniper Kraftwerke GmbH im Stadtteil Scholven der Stadt Gelsenkirchen.

Es besitzt heute noch eine installierte elektrische Leistung von 760 MW. Zwei am Standort befindliche Kraftwerksblöcke wurden mit Heizöl befeuert. Im Vollbetrieb war das Kraftwerk mit einer Gesamtleistung von 3.406 MW neben dem Kraftwerk Boxberg das leistungsstärkste deutsche Kraftwerk und galt als eines der leistungsstärksten Steinkohlekraftwerke Europas. Die Anlagen produzierten 2016 4,1 Millionen Tonnen CO2.

Die verbliebenen Blöcke B und C, das Fernwärmekraftwerk Buer (FWK) und das Dampfwerk Scholven (DWS) liefern Dampf an benachbarte Chemiebetriebe und Fernwärme an einige umliegende Städte. Die bereitgestellte elektrische Energie wird in benachbarte Betriebe sowie ins Netz von Amprion eingespeist.

Zukünftig soll das Kraftwerk von Kohle auf Erdgas umgestellt werden, wobei als erstes ein in Kraft-Wärme-Kopplung betriebener GuD-Kraftwerksblock gebaut werden soll.[1]

Kraftwerkssilhouette

Die 302 Meter hohen Schornsteine, welche zu den höchsten in Deutschland gehören, bilden zusammen mit den noch fünf existierenden Kühltürmen eine beeindruckende Industriekulisse. Daher wurde das Kraftwerksgelände und die benachbarte Halde Oberscholven Schauplatz im Tatort Die Kugel im Leib von 1979.

Früher verfügte das Kraftwerk über insgesamt fünf Schornsteine, davon einer baugleich zum südlichen Schornstein; ein weiterer, von geringerer Höhe als die noch existierenden drei, war allein dem Block F zugeordnet. Diese wurden 1992/93 aufgrund der Umstrukturierung der Rauchgasentschwefelungsanlagen zurückgebaut und die Turmstümpfe, die auf aktuellen Luftbildern noch erkennbar sind, umgenutzt.

Die zwei nördlich stehenden Kühltürme wurden am 10. August 2008 gesprengt, da sie nach der Außerdienststellung der ölgefeuerten Blöcke G und H nicht weiter genutzt werden konnten.

Das 67 m hohe und 43 m breite Kesselhaus im Block G wurde am 17. Januar 2010 gesprengt.[2] Damit ist der Rückbau der Blöcke G und H weitgehend abgeschlossen.

Eine Besonderheit ist, dass der nördlichere der beiden Schornsteine auch als Hochspannungsmast dient.

Geschichte

Hervorgegangen ist das Kraftwerk aus einem Betrieb zur Deckung des Eigenbedarfes an Strom und Dampf der Zeche Scholven. Daraus entwickelte sich ein leistungsstarkes Großkraftwerk. In den Jahren 1968 bis 1971 gingen die nahezu baugleichen Steinkohlekraftwerk-Blöcke B–E in Betrieb, 1974 und 1975 folgten die baugleichen Ölkraftwerk-Blöcke G und H (50 % Anteil RWE Power), 1979 der Block F und Ende 1985 das Fernwärmekraftwerk Buer (FWK). Der Block G wurde im Sommer 2001, der Block H im Sommer 2003 endgültig stillgelegt. Der Rückbau der beiden Blöcke hatte Ende 2007 begonnen. Die Sprengung der beiden Kühltürme fand am 10. August 2008 um 12:17 Uhr statt.

Die Blöcke D bis F wurden Ende Dezember 2014 stillgelegt; die verbliebenen drei Blöcke laufen noch bis Ende 2022.[3] Ende Oktober 2022 wird Block C stillgelegt nach dem er bei der dritten Auktion nach dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz den Zuschlag erhielt.[4]

Technische Daten

Brennstoff Steinkohle
  Öl-Blöcke: Schweröl
  Dampfwerk Scholven: Heizöl EL
  Dampfwerk Zweckel: HSR, HS
Bruttoleistung Block B – E je 380 MW
  Block F 740 MW
  Block G – H je 672 MW
Nettoleistung Block B – E je 345 MW
  Block F 676 MW
  Block G – H je 640 MW
  FWK 138 MW äquivalent, davon 70 MW el.
Inbetriebnahme Block B 1968
  Block C 1969
  Block D 1970
  Block E 1971
  Block F 1979
  Block FWK 1985
  Block G 1974
  Block H 1975
  DWS 1973
  DWZ 1971
Stillgelegt
Brennstoff Steinkohle
Nettoleistung Block D und E je 345 MW
  Block F 676 MW
Betriebszeit Block D • 1970–2014
  Block E • 1971–2014
  Block F • 1979–2014
stillgelegt und zurückgebaut
Brennstoff Öl
Nettoleistung Block G und H je 640 MW
Betriebszeit Block G • 1974–2001
  Block H • 1975–2003

Netzanschluss

Der Anschluss ans Übertragungsnetz von Amprion erfolgt bei den Blöcken B–E auf der 220-kV-Höchstspannungsebene, wobei der Kamin Scholven B als Träger der vom Block D abgehenden Leitung dient und beim Block F auf der 380-kV-Ebene.[5]

Emission von Schadstoffen und Treibhausgasen

Kritiker bemängeln am Kraftwerk Scholven die hohen Emissionen an Stickstoffoxiden, Schwefeloxiden, Quecksilber und Feinstaub, an dem Krebs erzeugende Substanzen (Blei, Cadmium, Nickel, PAK, Dioxine und Furane) haften können.[6] Eine von Greenpeace bei der Universität Stuttgart in Auftrag gegebene Studie kommt 2013 zu dem Ergebnis, dass die 2010 vom Kraftwerk Scholven ausgestoßenen Feinstäube und die aus Schwefeldioxid-, Stickoxid- und NMVOC-Emissionen gebildeten sekundären Feinstäube statistisch zu 1.378 verlorenen Lebensjahren führen.[7] Auf der Liste der „gesundheitsschädlichsten Kohlekraftwerke Deutschlands“ rangiert das Kraftwerk Scholven daher auf Platz 8.[8]

Außerdem stehen angesichts des Klimawandels die CO2-Emissionen des Kraftwerkes in der Kritik von Umweltverbänden.[9][10]

Das Kraftwerk Scholven meldete folgende Emissionen im europäischen Schadstoffregister PRTR:

Emissionen des Kraftwerks Scholven[11]
Luftschadstoff Emissionsmenge PRTR 2007 Emissionsmenge PRTR 2008 Emissionsmenge PRTR 2009 Emissionsmenge PRTR 2010 Emissionsmenge PRTR 2011 Emissionsmenge PRTR 2012
Kohlenstoffdioxid (CO2) 12.600.000.000 kg 10.500.000.000 kg 9.730.000.000 kg 9.390.000.000 kg 9.140.000.000 kg 9.340.000.000 kg *
Stickstoffoxide (NOx/NO2) 9.260.000 kg 8.250.000 kg 4.460.000 kg 7.090.000 kg 6.820.000 kg 6.650.000 kg
Schwefeldioxide (als SOx/SO2) 6.780.000 kg 4.570.000 kg 2.580.000 kg 4.330.000 kg 4.230.000 kg 4.070.000 kg
Kohlenmonoxid (CO) 501.000 kg 632.000 kg keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben
Feinstaub (PM10) 326.000 kg 276.000 kg 140.000 kg 244.000 kg 227.000 kg 213.000 kg
Quecksilber und Verbindungen (als Hg) 471 kg 461 kg 111 kg 135 kg 134 kg 144 kg
Nickel und Verbindungen (als Ni) 304 kg 298 kg 75 kg 86 kg 88 kg 110 kg
Arsen und Verbindungen (als As) 151 kg 133 kg 35 kg 51 kg 56 kg 47 kg
Kupfer und Verbindungen (als Cu) 124 kg 123 kg keine Angaben keine Angaben keine Angaben 183 kg
Chrom und Verbindungen (als Cr) 128 kg 111 kg keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben
Cadmium und Verbindungen (als Cd) 24 kg 31 kg 19 kg 31 kg 30 kg 37 kg
* im PRTR fehlt in der Originalangabe „934.000.000 kg CO2“ für 2012 offensichtlich eine Null (Zugriff am 21. April 2014)

Weitere typische Schadstoffemissionen wurden nicht berichtet, da sie im PRTR erst ab einer jährlichen Mindestmenge meldepflichtig sind, z. B. Dioxine und Furane ab 0,0001 kg, Kupfer sowie Chrom ab 100 kg, Blei sowie Zink ab 200 kg, Ammoniak und Lachgas (N2O) ab 10.000 kg, flüchtige organische Verbindungen außer Methan (NMVOC) ab 100.000 kg und Kohlenmonoxid ab 500.000 kg.[12]

Die Europäische Umweltagentur hat die Kosten der Umwelt- und Gesundheitsschäden der 28.000 größten Industrieanlagen in der Europa anhand der im PRTR gemeldeten Emissionsdaten mit den wissenschaftlichen Methoden der Europäischen Kommission abgeschätzt.[13] Danach liegt das Kraftwerk Scholven auf Rang 56 der Schadenskosten aller europäischen Industrieanlagen.[14]

Umwelt- und Gesundheitsschäden[14]
Verursacher Schadenskosten Einheit Anteil
Kraftwerk Scholven 272 – 411 Millionen Euro 0,3 – 0,4 %
Summe 28.000 Anlagen 102 – 169 Milliarden Euro 100 %

Siehe auch

Weblinks

Commons: Kraftwerk Scholven – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Uniper plant neue KWK-Anlage am Standort Gelsenkirchen-Scholven und gibt Projekt in Marl auf. In: Euwid Neue Energie, 20. Mai 2019. Abgerufen am 20. Mai 2019.
  2. Sabrina Steiling: Kessel gesprengt. WAZ-Mediengruppe, 17. Januar 2010, archiviert vom Original am 24. Mai 2016; abgerufen am 14. November 2020.
  3. WAZ: Uniper legt Kohlekraftwerk Scholven in zwei Jahren still
  4. StackPath. Abgerufen am 16. Juli 2021.
  5. Kraftwerksliste Bundesnetzagentur (bundesweit; alle Netz- und Umspannebenen) Stand 16. Oktober 2013 (Memento vom 11. Dezember 2013 im Internet Archive), abgerufen am 18. November 2013.
  6. Feinstaub-Quellen und verursachte Schäden, Umweltbundesamt (Dessau)
  7. Assessment of Health Impacts of Coal Fired Power Stations in Germany – by Applying EcoSenseWeb (Englisch, PDF 1,2 MB) Philipp Preis/Joachim Roos/Prof. Rainer Friedrich, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, Universität Stuttgart, 28. März 2013
  8. Greenpeace: Die zehn gesundheitsschädlichsten Kohlekraftwerke Deutschlands (PDF 129 kB) (Memento des Originals vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.greenpeace.de
  9. Kohlestrom hat keine Zukunft – Klimaschutz jetzt! Internetinformation zur Stromgewinnung aus Kohlekraftwerken, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Zugriff am 21. April 2014
  10. Energiepolitik – Die Zeit drängt Internetinformation zur Energiewende in Deutschland, WWF, Zugriff am 21. April 2014
  11. PRTR – Europäisches Emissionsregister
  12. PRTR-Verordnung 166/2006/EG über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters und zur Änderung der Richtlinien 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates
  13. Kosten-Nutzen-Analyse zur Luftreinhaltepolitik, Clean Air for Europe (CAFE) Programm, Europäische Kommission
  14. a b Revealing the costs of air pollution from industrial facilities in Europe (Offenlegung der Kosten der Luftverschmutzung aus Industrieanlagen in Europa), Europäische Umweltagentur, Kopenhagen, 2011