Kragenflasche

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Kragenflasche, Regionalmuseum Fritzlar

Die Kragenflasche (dänisch Dysseflaske oder Kraveflaske; präziser als schwedisch Kraghalsflaska bezeichnet) ist für den späteren Zeithorizont der Trichterbecherkultur (TBK – 3900–2800 v. Chr.) typisch. Man spricht von einem Kragenflaschenhorizont. Jażdżewski (1908–1985) wies allerdings darauf hin, dass die Umlaufzeit der Kragenflasche kürzer ist als die des Trichterbechers.[1] Kragenflaschen kommen in Siedlungen und Gräbern vor. Einzelne dickwandige, grobe und unverzierte Flaschen wurden in dänischen Mooren gefunden.

Verbreitung

Das Zentrum der Verbreitung liegt im westlichen Ostseegebiet, auf den dänischen Inseln, und im Weser-Ems-Gebiet. Die Kragenflaschen verschmähen laut Knöll die Nordseeküste und das Gezeitenareal der Vlaardingen-Kultur im Rheinmündungsgebiet.[2] Kragenflaschen finden sich in folgenden Kulturen und Regionen:

Form

Kleines, kugelig-flaschenartiges, oft dünnwandiges Gefäß mit flachem Boden, schmalem Hals und ringartiger Halskrause. Die Höhe liegt zwischen 8 und 12 cm. Der bauchige Körper kann rund oder doppelkonisch geformt sein, eventuell auch durch einen Schulterumbruch gegliedert werden. Der enge Hals wird etwa in der Mitte seiner Länge durch einen Ring unterbrochen, der von außen angesetzt oder von innen aus dem Hals herausgedrückt wurde. Dieser „Kragen“ gab dem Gefäß seinen Namen. Vorbild für die Kragenflaschen könnten in Ton umgesetzte bereits zuvor versteifte Behältnisse aus Tierblasen sein, wie mitunter Rippen oder Ritzlinien auf dem Rundkörper deutlich machen.[4] Der Bauch ist häufig mit Strichen, Fransen, Punkten, Kreuzen, Leiterbändern oder Schnurabdrücken verziert. Die Auskragung kann ebenfalls bemustert sein, desgleichen kommen Randkerben am Gefäß vor. Im Südosten des Verbreitungsgebietes schmücken sich Randgruppen dieser Spezies auch mit Henkeln oder Füßen. Eine Kragenflasche mit Doppeltülle wurde im Großsteingrab Tannenhausen in Ostfriesland gefunden. Kragenflaschen sind aus Ringwülsten aufgebaut.[5]

Nutzung

Kragenflaschen gehören, zusammen mit einhenkligen Krügen und Amphoren, zu der typischen Grabkeramik der Trichterbecherkultur.[6] Diese Grabgefäße sind oft sehr sorglos hergestellt, asymmetrisch, wenig bis gar nicht gemagert und schlecht gebrannt.[7]

Eine mit Schwefel gefüllten Kragenflasche aus der Siedlung Gellenerdeich (Oldenburg, Niedersachsen) weist auf eine Verwendung als Medizinfläschchen hin. Der ehemals flüssige Inhalt anderer Kragenflaschen bestand aus pflanzlichen Ölen. Mit einem Stöpsel verschlossen, konnten die Kragenflaschen zur Aufbewahrung kostbarer Flüssigkeiten dienen.[8]

Dolmen und Erdgräber mit Einzelbestattungen enthielten meist nur eine Kragenflasche. Mehrfach genutzte Gräber können mehrere Kragenflaschen enthalten, z. B. wurden in Dötlingen in Oldenburg in verschiedenen Verfüllungsschichten die Reste von 27 Kragenflaschen entdeckt. Kragenflaschen (vermutlich gefüllt) gehörten zum Grabinventar und stellen oft die einzige erhaltene Beigabe dar. Ein Erdgrab von Laschendorf, Malchow im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, wo der Hocker entgegen der allgemeinen Regel auf der linken Seite lag, enthielt neben einer Kragenflasche eine gerippte Pfeife, Schlag- und Klanginstrumente, und einen Belemnit, der zum großen Teil geschliffen war.[9]

Genese

Andrew Sherratt nimmt an, dass die Kragenflasche in Mitteleuropa entstand und sich von da aus nach Dänemark verbreitete.[10] Gordon Childe suchte den Ursprung der Kragenflasche in der Maikop-Kultur bzw. dem Kurgan von Maikop[11] nahm diese Ansicht aber später zurück.[12]

Literatur

  • Jan Albert Bakker: The TRB West Group. Studies in the Chronology and Geography of the Makers of Hunebeds and Tiefstich Pottery (= Cingula. Band 5). Universiteit van Amsterdam, Amsterdam 1979, ISBN 978-90-70319-05-2 (Online).
  • Heinz Knöll: Kragenflaschen. Ihre Verbreitung und ihre Zeitstellung im Europäischen Neolithikum (= Untersuchungen aus dem Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte in Schleswig, dem Landesamt für Vor- und Frühgeschichte von Schleswig-Holstein in Schleswig und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Kiel. Band 41). Wachholtz, Neumünster 1981, ISBN 3-529-01147-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Konrad Jażdżewski, Zusammenfassender Überblick über die Trichterbecherkultur. Prähistorische Zeitschrift 23, S. 78. ISSN 1613-0804
  2. Heinz Knöll, Kragenflaschen, ihre Verbreitung und ihre Zeitstellung im europäischen Neolithikum. Offa Bücher 41, Neumünster 1981, S. 11
  3. Jozef Zurowski, Neue Ergebnisse der neolithischen Forschung im südwestpolnischen Lößgebiet. Prähistorische Zeitschrift 21, Heft 1–2, 13, ISSN (Online) 1613-0804, doi:10.1515/prhz.1930.21.1-2.3
  4. Konrad Jażdżewski, Zusammenfassender Überblick über die Trichterbecherkultur. Prähistorische Zeitschrift 21, S. 86. doi:10.1515/prhz.1930.21.1-2.3
  5. Robert B. K. Stevenson, Prehistoric Pot-Building in Europe. Man 53, 1953, 65. doi:10.2307/2794346
  6. Tomasz J. Chmielewski, Cmentarzysko. Aranżacja przestrzeni grzebalnej i obrazadek pogrzebowy. In: Tomasz J. Chmielewski/Edmund Mitris (Hrsg.), Pliszczyn, stanowisko 9. Eneolityczny kompleks osadniczy na Lubelszczyźnie. Ocalone dziedziczwo Archeologicne 5, Pękowice-Wroclaw 2015, S. 147. ISBN 978-83-940949-1-1
  7. Tomasz J. Chmielewski, Cmentarzysko. Aranżacja przestrzeni grzebalnej i obrazadek pogrzebowy. In: Tomasz J. Chmielewski/Edmund Mitris (Hrsg.), Pliszczyn, stanowisko 9. Eneolityczny kompleks osadniczy na Lubelszczyźnie. Ocalone dziedziczwo Archeologicne 5, Pękowice-Wroclaw 2015, S. 148. ISBN 978-83-940949-1-1
  8. Johannes Pätzold: Gedanken zur Zweckbestimmung von Kragenflaschen. In: Germania: Anzeiger der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 35, Nr. 1/2, 1957, S. 110–113, doi:10.11588/ger.1957.1-2.
  9. http://www.landesarchaeologen.de/fileadmin/Dokumente/Dokumente_Kommissionen/Dokumente_Grabungstechniker/Grabungstechnikerhandbuch/11_2_Nord-_und_Mitteldeutschland_Version_1998.pdf, 11.2
  10. Andrew Sherratt, The Genesis of Megaliths: Monumentality, Ethnicity and Social Complexity in Neolithic North-West Europe. World Archaeology 22/2 (Monuments and the Monumental) 1990, 162. JSTOR 124873
  11. V. Gordon Childe, The dawn of European civilization. London 1925, 232
  12. V. Gordon Childe, The Forest Cultures of Northern Europe: A Study in Evolution and Diffusion. Journal of the Royal Anthropological Institute of Great Britain and Ireland 61, 1931, 340. JSTOR 2843923