Krone der rechten Wahrheit
Die Krone der rechten Wahrheit von 1426 ist eine Beliebung, in der Rechtsnormen für das friesische Dreilande aufgezeichnet sind.
Etymologie
Wie die im selben Jahr aufgezeichnete Siebenhardenbeliebung handelt es sich bei Krone der rechten Wahrheit – ohne eine ausdrückliche Nennung – ebenfalls um eine Beliebung, in der Rechtsnormen in niederdeutscher Sprache aufgezeichnet wurden. Das Wort ist eine Substantivierung des Verbes belieben, das im 16. Jahrhundert durch eine Präfixbildung aus dem Verb lieben entstand. Belieben hat die Bedeutung von Gefallen finden, mögen.[1]
Die Bezeichnung Krone der rechten Wahrheit ist zugleich ihr Programm: Das Wort Krone soll für das Höchste und das Beste stehen; das Adjektiv rechten meint das Echte und Gerechte einer Wahrheit.[2]
Geschichte
Die politische Ausgangslage war identisch mit der Situation in den Sieben Harden. Insbesondere die Entscheidung des deutschen Kaisers Sigismund vom 28. Juni 1424 gab den Anlass, mit Hilfe der Krone der rechten Wahrheit das friesische Recht zu sichern. Denn durch den kaiserlichen Schiedsspruch sollte das Herzogtum Schleswig einschließlich der Uthlande zum Königreich Dänemark gehören. Hieraus würde eine Gültigkeit des Jütischen Rechts für die Bewohner der Dreilande folgen. Die sogenannten Königsfriesen unterstanden jedoch nach den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Dänemark und der Holstein zum Zeitpunkt der Aufzeichnungen dem holsteinischen Grafen Heinrich IV. Die Herrschaftsansprüche der Dithmarscher machten die Ausgangslage noch komplizierter.[3]
Quellenlage
Karl von Richthofen hat eine Sammlung des friesischen Rechts erstellt, die 1840 in Berlin erschien und in der auch die Krone der rechten Wahrheit sowie ihre Ergänzungen abgedruckt sind.[4] Als seine Quellen benennt Richthofen:
- Carl Henrich Dreyers Sammlung vermischter Abhandlungen, Rostock und Wismar 1763;
- Niels Nikolaus Falcks Handbuch des schleswig-holsteinischen Privatrechts, Altona 1825–1848;
- Peter Sax’ Beschreibung des Landes Eiderstedt, die der schleswig-holsteinische Historiker 1637 verfasst hat.
In der Anmerkung weist Richthofen darauf hin, dass dem Autor Dreyer zwar die handschriftlichen Abschriften von Peter Sax vorlagen, die jedoch unvollständig waren. Die notwendigen Ergänzungen hat Dreyer wiederum aus weiteren handschriftlichen Originalen bezogen.[5]
Rechtsgebiet
Die Beliebung Krone der rechten Wahrheit zeichnete Rechtsnormen auf, die in einem sozialen System für eine bestimmte Region – hier die Dreilande – gelten sollten. Im Jahr 1426 umfasste das Territorium die Harden Utholm, Everschop und Eiderstede.[6] In der Präambel heißt es wörtlich:[5]
- Hir schaltu hören vnde sehen de krone der rechten warheit, als et ein recht wilkörtes recht is in Eidersted, Euerschop vnd Vtholm, vnd vnse voroldern hebben dith na beschreuen recht vns an beeruet van natiden an alse dat dith land erst gestifftet is (...)
Rechtscharakter
Weil für die Jahre vor der Aufzeichnung der Krone der rechten Wahrheit keine weiteren schriftliche Quellen vorliegen, kann der genaue Ursprung der Rechtsnormen im Nachhinein nicht erkannt werden. Jedenfalls liegt ein selbstgesetztes Recht vor, worin der Charakter eines Gewohnheitsrechtes erkennbar bleibt. Zum grundsätzlichen Rechtscharakter einer Beliebung schreibt Isabella Löw:[7]
- Allgemein werden Beliebungen zu den selbständigen Aufzeichnungen von Territorialrecht gezählt, welches sich in Regionen entwickelte, welche nur geringfügig von landesherrlicher Machtausübung gekennzeichnet waren wie etwa (West-)Friesland, Dithmarschen oder Nordfriesland, wobei die Beliebungen Rechtsaufzeichnungen und -satzungen darstellen, die im Wege der volkstümlichen Selbstgesetzgebung entstanden waren.
Nachdem die Krone der rechten Wahrheit im Jahr 1426 von den oldesten und klogesten lüde (ältesten und klügsten Leuten) der Dreilanden geschaffen war, folgten in den Jahren 1429, 1432, 1444, 1446 und 1466 jeweils Fortschreibungen und Ergänzungen. Meist wurden die Beliebungen auf der Dingstätte Hamygenhoren (Hemminghörn) in der Nähe der Ortschaft Katharinenheerd beschlossen.[7]
Rechtsnormen
Die Krone der rechten Wahrheit enthält in 25 Artikeln erbrechtliche Regelungen, deren Ziel es war, Erbstreitigkeiten zwischen Angehörigen der Sippen möglichst zu verhindern. Im Vergleich zur Siebenhardenbeliebung ging es in Eiderstedt ebenfalls um die Abwehr fremden Rechts. Des Weiteren folgen strafrechtliche und vermögensrechtliche Bestimmungen.[8]
Literatur
- Karl Jansen: Heinrich IV., Graf von Holstein. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 11, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 525 f.
- Isabella Löw: Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591. Rechtsgeschichte, Rechtswandel und Rechtsverwandtschaften. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2003
- Karl von Richthofen: Friesische Rechtsquellen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840
Siehe auch
Weblinks
- Krone der rechten Wahrheit. In: Richthofen: Friesische Rechtsquellen, S. 561–568. (PDF; 55,4 MB) Tresoar Fries Historisch en Letterkundig Centrum, abgerufen am 6. Juli 2011.
Einzelnachweise
- ↑ Duden: Das Herkunftswörterbuch. Lemma Belieben. Mannheim 2007.
- ↑ Isabella Löw: Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591. Rechtsgeschichte, Rechtswandel und Rechtsverwandtschaften. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2003, S. 3 u. 23.
- ↑ Isabella Löw: Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591. Rechtsgeschichte, Rechtswandel und Rechtsverwandtschaften. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2003, S. 17–19.
- ↑ Karl Freiherr von Richthofen: Friesische Rechtsquellen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, S. 561–568.
- ↑ a b Karl Freiherr von Richthofen: Friesische Rechtsquellen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, S. 561.
- ↑ Isabella Löw: Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591. Rechtsgeschichte, Rechtswandel und Rechtsverwandtschaften. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2003, S. 1.
- ↑ a b Isabella Löw: Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591. Rechtsgeschichte, Rechtswandel und Rechtsverwandtschaften. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2003, S. 25.
- ↑ Isabella Löw: Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591. Rechtsgeschichte, Rechtswandel und Rechtsverwandtschaften. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2003, S. 28–39.