Kryogen (Technik)

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Kryogen (griechisch κρυος kryos „Frost, Eis“; lateinisch generare „zeugen, erschaffen“) ist ein Begriff für Stoffe, Prozesse und Eigenschaften im Zusammenhang mit extrem niedrigen Temperaturen.

Kryogene

Flüssige Kryogene sind Helium (Siedepunkt (Sdp.) 4,222 K = −268,928 °C), Wasserstoff (Sdp. 20,268 K = −252,882 °C), Stickstoff (Sdp. 77,35 K = −195,80 °C), Argon (Sdp. 87,15 K = −185,8 °C), Sauerstoff (Sdp. 90,18 K = −182,97 °C). Ein festes Kryogen ist Trockeneis (gefrorenes Kohlenstoffdioxid, Sublimationspunkt 194,5 K = −78,5 °C).

Die Kryogene Wasserstoff und Sauerstoff dürfen im Laboratorium und Technikum wegen ihrer Gefährlichkeit nicht eingesetzt werden, und anstatt Argon wird zumeist kostengünstigerer Stickstoff als Kryogen eingesetzt.

Verwendungszwecke

Kryogene finden unter anderem Verwendung zum Einfrieren und Konservieren von Samenzellen oder bei der Kühlung von Supraleitern. Flüssiger Wasserstoff (LH2) und Sauerstoff (LOX) werden als Treibstoff bzw. Oxydator für Raketentriebwerke verwendet, so z. B. bei den Haupttriebwerken der Ariane-5-Rakete oder des Space Shuttles.

Ein weiterer Verwendungszweck ist das Entschichten von Oberflächen. Zunächst wird die abzutragende Schicht (z. B. Lack) tiefgefroren. Dadurch verliert diese ihre Elastizität und wird spröde. Danach kann die Schicht abgestrahlt werden. Das Tieffrieren und Abstrahlen kann mit Trockeneis auch in einem Arbeitsschritt erfolgen. Beide Verfahren sind umweltfreundlicher gegenüber dem Einsatz von organischen Lösungsmitteln.

Als Kryoflüssigkeiten werden kalte Flüssigkeiten bezeichnet, die benutzt werden, um die in technischen Anwendungen (zum Beispiel der Magnetresonanztomografie) oder wissenschaftlichen Experimenten notwendigen tiefen Temperaturen zur Verfügung zu stellen. In Kryostaten dienen sie dazu, eine kalte Umgebung bereitzustellen, von der aus mit geeigneten Methoden die gewünschten, eventuell noch tieferen Temperaturen erreicht werden können. Die Kryoflüssigkeiten werden von zentralen Einrichtungen oder kommerziellen Anbietern durch Verflüssigung der entsprechenden Gase erzeugt (für Luft/Stickstoff z. B. nach dem Linde-Verfahren) und mit besonderen Transportbehältern zur jeweiligen Anwendung gebracht. Meistens verwendet man dabei flüssigen Stickstoff und/oder flüssiges Helium.

Bei der Erforschung zukünftiger Fusionsreaktoren werden kryogene Wasserstoffpellets zur Brennstoffnachfuhr verwendet[1], welche meist mithilfe einer Zentrifuge auf bis zu 1000 m/s beschleunigt und daraufhin in das Plasma befördert werden.[2]

Kryotechnik in der Science-Fiction

In zahlreichen Filmen und Werken der Science-Fiction-Literatur wird fiktive Kryogen-Technik dazu verwendet, Menschen einzufrieren, um deren Lebensfunktionen drastisch herabzusetzen. Mit diesem auch Hyperschlaf genannten Verfahren könne nach dieser Vorstellung beispielsweise lang andauernde Raumflüge überbrückt werden, ohne dass das normale Altern bemerkbar wird.

Siehe auch

Literatur

  • Frank Pobell: Matter and Methods at Low Temperatures. Springer, 1996 ISBN 3-540-58572-9.

Einzelnachweise

  1. Elsevier Enhanced Reader. Abgerufen am 11. Dezember 2020 (englisch).
  2. C. Andelfinger, E. Buchelt, P. Cierpka, H. Kollotzek, P. T. Lang: A new centrifuge pellet injector for fusion experiments. In: Review of Scientific Instruments. Band 64, Nr. 4, 4. Juni 1998, ISSN 0034-6748, S. 983, doi:10.1063/1.1144101 (scitation.org [abgerufen am 11. Dezember 2020]).