Kultur- und Wissenschaftsförderung nach § 96 BVFG

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Der § 96 des Bundesvertriebenengesetzes aus dem Jahr 1953 verpflichtet Bund und Länder, aufgrund der durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit, das Kulturgut der Vertreibungsgebiete zu erhalten. Dabei bezieht sich § 96 auf die Gebiete des östlichen Europa, in denen Deutsche lebten oder noch immer leben.

Geschichte und Inhalt

Seit der Urfassung von 1953 regelt das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge die rechtlichen Rahmenbedingungen der Wiedereingliederung von deutschen Flüchtlingen, Vertriebenen und Aussiedlern in die Bundesrepublik Deutschland. Die Deutschen der ehemaligen Ostgebiete sollten dementsprechend integriert, „aber eben nicht in einer Form assimiliert werden, dass sie als eigenständige Opfergruppe nicht mehr erkennbar gewesen wären, bedurfte es einer Förderung ihrer Kulturpflege“.[1] Der § 96 des BVFG, auch „Kulturparagraph“ genannt, bildet ebendiese Grundlage für die Fördermaßnahmen des Bundes und der Länder in den Bereichen Kultur und Wissenschaft. Die Förderung erfolgt nach dem Grundsatz der Subsidiarität. Die Urfassung vom 19. Mai 1953 wurde durch eine am 27. Juli 1957 in Kraft getretene, erweiterte Neufassung ersetzt, in der das Ausland als weiterer Adressat aufgenommen und zusätzliche Bereiche in die Förderung einbezogen wurden. In dieser bis heute gültigen Fassung hat der § 96 folgenden Wortlaut:[2]

„Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern. Sie haben Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Vertreibung und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge ergeben, sowie die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern. Die Bundesregierung berichtet jährlich dem Bundestag über das von ihr Veranlasste.“

§ 96 Bundesvertriebenengesetz

Regionen und Partner

Durch die massenhaften Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa und die damit einhergehende politische Relevanz, bezog sich die erste Fassung des § 96 nur auf deutsche Vertriebene und Aussiedler, folglich auch auf die Erhaltung deutscher Kultur. Durch die vier Jahre später verabschiedete Erweiterung „in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutsche Volkes und des Auslandes“ und die bereits existierende Formulierung des „Kulturgut der Vertreibungsgebiete“, wurde die Grundlage der Kultur- und Wissenschaftsförderung in einem weiteren Rahmen gefasst und ermöglicht noch heute eine enge Kooperation mit folgenden Regionen:

In den ehemaligen preußischen Provinzen,

sowie in den heutigen Staaten:

Förderung von Bund und Ländern

In der jungen Bundesrepublik wurde die kulturelle und wissenschaftliche Förderung der Vertriebenen und Vertreibungsgebiete durch das Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (BMVt) getragen. Nach Eingliederung des BMVt in das Bundesministerium des Innern (BMI) übernahm dieses die Aufgaben der Förderung. Schließlich fiel der Aufgabenbereich an den unter Bundeskanzler Gerhard Schröder neu geschaffenen „Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien“. Dieser rief im Lauf der 2000er Jahre zahlreiche Einrichtungen ins Leben, die spezifischer und flexibler auf Kooperationen, Projekte und wissenschaftlichen Austausch reagieren konnten. Mittlerweile werden auf Basis des § 96 zahlreiche Institutionen, Museen und Vereine gefördert. Im Gegensatz zu den 50er und 60er Jahren, in denen die Förderung des Kulturgutes der ehemaligen deutschen Ostgebiete im Fokus der Arbeit lagen, wird heute mit allen östlichen Gebieten, in denen Deutsche lebten und leben, zusammengearbeitet.

Bibliotheken

Kulturelle Bildung

Museen

Wissenschaft

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dr. Joachim Mähnert, Museumsdirektor des Ostpreußischen Landesmuseums, anlässlich des 60. Jubiläums des BVFG (Vortrag). In: Blog des Ostpreußischen Landesmuseums, 19. März 2013
  2. Online-Lexikon der Universität Oldenburg, ein Projekt der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg