Lärad

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Darstellung des Lärad und der Ziege Heidrun (1895)

Lärad (altnordisch Læraðr) ist ein Baum der nordischen Mythologie nahe Walhall. Auf dem Dach Walhalls stehen der Hirsch Eikthyrnir und die metspendende Ziege Heidrun und nagen von den Zweigen des Baums. Unterhalb Lärads ist die Quelle Hvergelmir, denn vom Geweih des Hirschs fallen Tropfen in die Quelle, woraus alle Flüsse der Welt entstehen.[1]

Quellen

„Heidrun heißt die Ziege,
die auf der Halle Heervaters steht
und von Lärads Zweigen frisst;
die Kellen füllen soll sie mit reinem Met,
dieser Trank kann nicht versiegen.

Eikthrynir heißt der Hirsch,
der auf der Halle Heervaters steht
und von Lärads Zweigen frisst;
und von seinem Gehörn
tropft's nach Hwergelmir,
von dort nehmen alle Flüsse ihren Weg.“

„Übersetzung von Arnulf Krause“

Lieder-Edda: Grimnirlied, 25 f.

„Die Ziege mit dem Namen Heidrun steht oben auf Walhall und frißt Blätter von den Zweigen des Baumes, der sehr berühmt ist und Lärad heißt. Aber aus ihrem Euter fließt der Met, den sie jeden Tag in ein großes Gefäß füllt. Das ist so viel, daß alle Einherjer davon genug zu trinken haben. [...] Noch mehr Bedeutung hat der Hirsch Eikthyrnir, der auch auf Walhall steht und von den Zweigen des Baumes frißt. Von seinem Geweih tropft so viel, daß es nach Hwergelmir hinunterläuft. Und dort entströmen die Flüsse, [es folgt eine Auflistung von 25 Flussnamen].“

„Übersetzung von Arnulf Krause“

Prosa-Edda: Gylfaginning, 39

Rezeption

Der Name Lärad bedeutet vielleicht ‚Schaden-Bereiter‘ (altnordisch ‚Schaden‘ und *raðr von indogermanisch *redh- ‚bereiten‘[2]) und verweist möglicherweise auf den Göttervater Odin, vergleiche die Bedeutung von Yggdrasil ‚Ross des Schrecklichen‘ = Odins Pferd. Für die Nähe zu Odin spricht auch der Standort Walhall. Andere Deutungen, die aber sprachlich weiter entfernt sind, lauten ‚Schutzspender‘[3] oder ‚Feuchtigkeitsspender‘[4][5]

Der Baum wird mit dem Weltenbaum Yggdrasil gleichgesetzt, da Yggdrasil wie Walhall zum Zentrum der Welt gehört und auch Hvergelmir sich unter dem Weltenbaum befindet.

Bei Lärad könnte es sich insbesondere um eine Variante des Weltenbaums als Schutzbaum handeln. In Schweden wuchs oft neben dem Haus ein Schutzbaum, der sogenannte Vårträd, der mit dem Haus verbunden war. Starb der Schutzbaum, so ging man davon aus, dass auch die weitere Entwicklung des Hauses enden werde. Dazu passe, dass Lärad neben Odins Halle wachse und dass von des Hirschen Geweih Tropfen in Hvergelmir fallen.[6]

Da Lärad in der nordischen Mythologie lediglich im Grimnirlied genannt wird[7], hält man den Baum für ein mythologisches Schaubild der heidnischen Spätzeit.[8]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Grimnismál 25 f.; Gylfaginning 39
  2. Gerhard Köbler: Altnordisches Wörterbuch. 2. Auflage, 2003. Online (Memento des Originals vom 12. April 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/homepage.uibk.ac.at. Altnordisch ‚Schade, Schaden, Verlust, List, Betrug‘, altnordisch *raðr ‚beratend‘?, aus germanisch *redaz, aus indogermanisch *redh- ‚bereiten, zurechtmachen, geraten, überlegen‘
  3. Altnordisch *hléráðr. Vergleiche Gerhard Köbler: Altnordisches Wörterbuch. 2. Auflage, 2003. Online (Memento des Originals vom 12. April 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/homepage.uibk.ac.at. Altnordisch hlé ‚Schutz‘
  4. Vergleiche Gerhard Köbler: Altnordisches Wörterbuch. 2. Auflage, 2003. Online (Memento des Originals vom 12. April 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/homepage.uibk.ac.at. Altnordisch ‚Strandwasser, Meer‘
  5. Zur Etymologie insgesamt: siehe Simek (2006) S. 240.
  6. John Arnott MacCulloch: Eddic. In: Canon John Arnott MacCulloch (Hrsg.). The Mythology Of All Races, 13 Bd.e. New York 1964, Bd. 2 S. 333
  7. Die Textstelle in Gylfaginning, das zur Prosa-Edda gehört, in der der Baum ebenfalls erwähnt wird, scheint unmittelbar aus dem Grimnirlied zu schöpfen.
  8. Simek (2006) S. 240