Levodopa

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von L-Dopa)
Strukturformel
Strukturformel von Levodopa
Allgemeines
Freiname Levodopa
Andere Namen
  • L-DOPA
  • L-3,4-Dihydroxyphenylalanin
  • (S)-2-Amino-3-(3,4-dihydroxyphenyl)propansäure
  • (S)-2-Amino-3-(3,4-dihydroxyphenyl)propionsäure
Summenformel C9H11NO4
Kurzbeschreibung
  • weißer Feststoff[1]
  • weißes oder fast weißes kristallines Pulver[2]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 59-92-7
EG-Nummer 200-445-2
ECHA-InfoCard 100.000.405
PubChem 6047
ChemSpider 5824
DrugBank DB01235
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N04BA01

Wirkstoffklasse

Parkinsonmittel

Wirkmechanismus

Dopamin-Vorstufe

Eigenschaften
Molare Masse 197,19 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

276–278 °C oder 284–285 °C[3]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338 [1]
Toxikologische Daten

1780 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Levodopa, auch L-DOPA, ist die Abkürzung für L-3,4-Dihydroxyphenylalanin, eine nicht-proteinogene α-Aminosäure, die im Körper aus Tyrosin mit Hilfe des Enzyms Tyrosinhydroxylase gebildet wird.

Biologische Bedeutung

L-DOPA ist eine Vorstufe in der Biosynthese der Botenstoffe (Neurotransmitter) Adrenalin, Noradrenalin, der Betalaine und Dopamin sowie der Melanine und der Isochinolinalkaloide.

Bei Miesmuscheln bildet L-DOPA die Hauptkomponente des Klebstoffes, mit dem sich Miesmuscheln auf festen Oberflächen anheften. Die Funktion von L-DOPA ist hierbei, dass es, eingebaut in die Proteinkette des Klebstoffes, durch seine Hydroxygruppen die Hydrophilie steigert. Dies ist wichtig, damit der in das umgebende Meerwasser abgegebene Klebstoff eine bessere Adhäsionswirkung mit der Oberfläche des Untergrundes erzielt.[5]

Verwendung als Arzneistoff

Als Arzneistoff wird L-DOPA in der Regel mit seinem Freinamen Levodopa bezeichnet. In vielen europäischen Ländern, darunter in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist Levodopa verschreibungspflichtig.

Pharmakologie

Da Levodopa im Gegensatz zu den genannten Transmittern Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin die Blut-Hirn-Schranke zu passieren vermag, eignet es sich für die Behandlung von Krankheiten, die aus einem Mangel ebendieser resultieren, wie beispielsweise die Parkinson-Krankheit, die mit einem Mangel an Dopamin einhergeht. Um den vorzeitigen Abbau von Levodopa in der Körperperipherie (außerhalb des Liquorraumes) zu Dopamin zu verhindern, wird es entweder mit einem Decarboxylase-Hemmer (Carbidopa, Benserazid) oder einem Catechol-O-Methyltransferase-Hemmer (Entacapon, Tolcapon) kombiniert. Nach Passieren der Blut-Hirn-Schranke wird Levodopa dann im Gehirn zu Dopamin verstoffwechselt, welches die eigentliche gewünschte pharmakologische Wirksamkeit entfaltet. Somit handelt es sich bei Levodopa um ein Prodrug.

Anwendungsgebiete

Als Arzneistoff wurde Levodopa, dessen Wirkung 1957 von Arvid Carlsson[6] und seiner Forschergruppe beobachtet wurde,[7] unter dem Markennamen Madopar 1973 von Hoffmann-La Roche zur Behandlung der Parkinson-Krankheit auf den Markt gebracht. Die fixe Kombination Levodopa + Carbidopa wurde 1977 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen.[8] Aufgrund von Nebenwirkungen in der Langzeitanwendung bei Parkinson-Patienten versucht man aber heute besonders bei jüngeren Parkinson-Patienten, die Behandlung mit Levodopa hinauszuzögern und primär mit Dopaminagonisten zu therapieren.

Auch das Restless-Legs-Syndrom (RLS) wird häufig mit Levodopa behandelt.[9] Vermehrt kommt Levodopa auch bei der Therapie von Chorea Huntington zum Einsatz.[10] Außerdem kann L-DOPA off-label zur Therapie von Negativsymptomatiken der Schizophrenia simplex eingesetzt werden. Es konnte ein Nutzen bei emotionalem Rückzug, abgestumpften Affekt, Tendenzen zur sozialen Isolation sowie Apathie gezeigt werden.[11]

Nebenwirkungen

Als Nebenwirkungen treten möglicherweise Übelkeit, Schwindel und Kreislaufprobleme auf. Bei hohen Dosen bis hin zur Überdosierung können Nebenwirkungen wie Dyskinesien oder psychische Symptome wie Schlaflosigkeit und Halluzinationen auftreten. Bei plötzlichem Absetzen kann es zu einem Levodopa-Entzugssyndrom kommen.[12]

Chemische Eigenschaften

L-DOPA ist gut löslich in Wasser (3,3 g/l bei 25 °C), schlecht löslich in Ethanol und unlöslich in Diethylether.

Strukturabkömmlinge

Das am C-2 mit dem Fluorisotop 18F substituierte Derivat 18F-DOPA (Fluorodopa (18F)) wird in der Positronen-Emissions-Tomographie zur Diagnostik neuroendokriner Tumoren verwendet.[13]

Trivia

Der Film Awakenings (deutsch Zeit des Erwachens, mit Robert De Niro und Robin Williams, Regie: Penny Marshall, 1990) auf der Grundlage eines Buches von Oliver Sacks thematisiert die kurzzeitigen Therapieerfolge von Patienten der Europäischen Schlafkrankheit mit L-DOPA.

Handelsnamen

Kombinationspräparate
  • mit Benserazid: Levobens (A), Levodopa comp (D), Levopar (D), Madopar (D, A, CH), PK-Levo (D), Restex (D, A) und weitere Generika
  • mit Carbidopa: Duodopa (D, A, CH), Isicom (D), Sinemet (A, CH), Stalevo (D, A, CH), Striaton (D) und weitere Generika
  • mit Carbidopa und Entacapon: Stalevo (D, A, CH)

Literatur

  • Paul Foley: Beans, roots and leaves: A brief history of the pharmacological therapy of parkinsonism. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 22, 2003, S. 215–234, hier: S. 224–229.

Einzelnachweise

  1. a b c d Datenblatt 3,4-Dihydroxy-L-phenylalanine bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. April 2011 (PDF).
  2. a b European Pharmacopoeia, 9.0 (2017), S. 2892.
  3. The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006; S. 946–947, ISBN 978-0-911910-00-1.
  4. Datenblatt 3,4-Dihydroxy-L-phenylalanine bei AlfaAesar, abgerufen am 31. Juli 2010 (PDF) (JavaScript erforderlich).
  5. J. H. Waite, M. L. Tanzer: The bioadhesive of Mytilus byssus: a protein containing L-dopa. In: Biochemical and biophysical research communications. Band 96, Nummer 4, Oktober 1980, S. 1554–1561, PMID 7447941.
  6. Arvid Carlsson, Margit Lindqvist, Tor Magnusson: 3,4-Dihydroxyphenylalanine and 5-hydroxytryptophan as reserpine antagonists. In: Nature. Band 180, 1957, S. 1200.
  7. Paul Foley: Beans, roots and leaves: A brief history of the pharmacological therapy of parkinsonism. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 22, 2003, S. 215–234, hier: S. 224 f.
  8. WHO Model List of Essential Medicines. (PDF; 432 kB) abgerufen am 20. September 2012.
  9. H. Scholz, C. Trenkwalder u. a.: Levodopa for restless legs syndrome. In: Cochrane database of systematic reviews (Online). Nummer 2, 2011, S. CD005504, doi:10.1002/14651858.CD005504.pub2. PMID 21328278. (Review).
  10. J. I. Hoff, B. J. van Hilten, R. A. Roos: A review of the assessment of dyskinesias. In: Movement disorders. Band 14, Nummer 5, September 1999, S. 737–743, PMID 10495034.
  11. J. Gerlach, K. Lühdorf: The effect of L-dopa on young patients with simple schizophrenia, treated with neuroleptic drugs: a double-blind cross-over trial with Madopar and placebo. In: Psychopharmacologia. 44, Nr. 1, 1975, S. 105–10. doi:10.1007/bf00421193. PMID 706.
  12. Arzneiverordnungen. 22. Auflage. Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, 2009, MMI-Verlag.
  13. S. Kauhanen, M. Seppänen u. a.: Fluorine-18-L-dihydroxyphenylalanine (18F-DOPA) positron emission tomography as a tool to localize an insulinoma or beta-cell hyperplasia in adult patients. In: The Journal of clinical endocrinology and metabolism. Band 92, Nummer 4, April 2007, S. 1237–1244, doi:10.1210/jc.2006-1479. PMID 17227804.