LGBT in Argentinien
Unter LGBT in Argentinien versteht sich die Lebenssituation und rechtliche Stellung von Personen in Argentinien, die von der Heteronormativität abweichen (so genannte queere Menschen). Das betrifft schwule, lesbische, bisexuelle, transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Personen (LGBT).
Antidiskriminierungsgesetze
Das 2006 verabschiedete Decreto 214 untersagt die Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund der sexuellen Orientierung.[1] Darüber hinaus regelt das Decreto 721/2020 (Jahr 2020) ein Diskriminierungsverbot zum Schutz von Trans-Personen (wörtlich: Transvestiten, Transsexuelle und Transgender) sowie eine Beschäftigungsquote von mindestens 1 % für diese Personengruppe im Bereich des öffentlichen Dienstes.[2][3]
Homosexualität in Argentinien
Homosexualität ist in Argentinien gesellschaftlich weitgehend akzeptiert, homosexuelle Handlungen sind in Argentinien legal; das Schutzalter liegt einheitlich bei 13 Jahren.[4] In der Hauptstadt Buenos Aires gibt es eine größere LGBT-Gemeinschaft.[5]
Bis in die 1980er Jahre wurden homosexuelle Menschen in Argentinien unterdrückt und waren Schikanen der Polizei ausgesetzt. Insbesondere zur Zeit der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 herrschte im ganzen Land ein Unterdrückungssystem des Militärs, das auch homosexuelle Menschen massiv verletzte. Seit dem Ende der Diktatur in Argentinien und der Demokratisierung des Landes verbesserte sich die Situation für homosexuelle Menschen stetig.
Seit 2003 konnten gleichgeschlechtliche Paare eine eingetragene Partnerschaft in der Autonomen Stadt Buenos Aires, in der Provinz Río Negro und in den Städten Villa Carlos Paz und Río Cuarto in der Provinz Córdoba eingehen. Diese Partnerschaften erhielten weitgehend die gleichen Rechte wie eine Ehe. Eine gemeinschaftliche Adoption hingegen war nicht möglich.[6] Landesweit wurden in einem Erlass ab Ende 2008 gleichgeschlechtliche Paare, die mindestens 5 Jahre zusammengelebt haben, in der Rentenversicherung anerkannt.[7]
Ende Dezember 2009 heiratete das erste homosexuelle Paar in Ushuaia. Das Paar ging als erstes Paar in Südamerika die gleichgeschlechtliche Ehe ein.[8][9]
Am 5. Mai 2010 befürwortete das argentinische Parlament die landesweite Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe.[10] Das Gesetz zur Eheöffnung wurde ebenso im argentinischen Senat von den Senatoren mehrheitlich angenommen. Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner unterzeichnete das Gesetz am 21. Juli 2010.[11][12][13]
Rechtliche Anerkennung einer dritten Geschlechtsoption
Seit 2012 ist das Gesetz zur Geschlechtsidentität in Kraft, das eine Änderung des Geschlechtseintrags ohne psychiatrische Begutachtung oder geschlechtsangleichende Operation erlaubt.[14]
Im Juli 2021 führte Argentinien als erstes Land in Lateinamerika eine Kennzeichnung für nichtbinäre Menschen in Ausweisdokumenten ein: Personalausweise und Reisepässe können als Geschlecht ein „X“ enthalten. Offizielle Dokumente wie Ausweise und Steuerformulare hatten eine dritte Option bis dahin nicht vorgesehen.[15] Präsident Alberto Fernández erklärte zu seinem Dekret: „Es gibt andere Identitäten als Mann und Frau, die respektiert werden müssen […] Wir hoffen jedoch, dass die Angabe Mann oder Frau oder was auch immer in Zukunft in keinem Ausweis mehr verlangt wird“.[15][16]
In Lateinamerika erkannte auch Kolumbien seit März 2022 eine dritte Geschlechtsoption an (X
),[17] Chile seit Anfang 2019[18] und Uruguay seit Ende 2018 (siehe Staaten mit Anerkennung einer dritten Geschlechtsoption).[19]
Siehe auch
Weblinks
- Jürgen Vogt: Argentinien führt Transquote ein. In: taz.de. 7. September 2020 („Ein Prozent aller Stellen im Staatsdienst soll in Argentinien künftig Transsexuellen und Transgender-Personen vorbehalten bleiben“).
Einzelnachweise
- ↑ Lucas Ramón Mendos, Kellyn Botha, Rafael Carrano Lelis, Enrique López de la Peña, Ilia Savelev, Daron Tan: Homofobia de Estado - Actualización del Panorama Global de la Legislación. Hrsg.: ILGA Mundo. Genf 2020, S. 233 (ilga.org [PDF]).
- ↑ Presidencia de la Nación: Decreto 721/2020. In: Boletín Oficial de la República Argentina. 2020, abgerufen am 13. Mai 2022.
- ↑ Meldung: Argentinien: Eine Quote für Transmenschen. In: Tagesschau.de. 21. August 2021, abgerufen am 13. Oktober 2021.
- ↑ Código penal, artículo 119
- ↑ Argentinien als Urlaubsziel homosexueller Touristen | tagesschau.de. 25. Juli 2010, abgerufen am 11. September 2021.
- ↑ Jennifer Vanasco: Argentine Congress considers same-sex marriage. (Memento vom 10. März 2010 im Internet Archive) In: 365gay.com. 29. Oktober 2009, abgerufen am 9. Oktober 2020 (englisch).
- ↑ queer.de: Argentinien: Staat erkennt Homo-Paare erstmals an, 20. August 2008
- ↑ Advocate: Argentine Couple Weds, 28. Dezember 2009
- ↑ Der Spiegel: Erste Homo-Ehe in Lateinamerika geschlossen, 29. Dezember 2009
- ↑ Julie Bolcer: Argentinas Lower House OKs Gay Marriage Bill in Advocate, 5. Mai 2010
- ↑ Advocate: Marriage Equality Bill signed in Buenos Aires, 21. Juli 2010
- ↑ Brisbane Times: Argentina legalizes gay marriage in LatAm first, 15. Juli 2010
- ↑ Buenos Aires Herald: Senate votes in same-sex marriage, 16. Juli 2010 (Abgerufen am 29. September 2012)
- ↑ Goethe-Institut Chile: Politiken des Ich: Identität und Geschlecht in Argentinien. In: Goethe.de. Juni 2015, abgerufen am 25. Juli 2021 (übersetzt von Inka Marter).
- ↑ a b Meldung (CNN): Argentinien führt nicht-binären Ausweis ein. In: Euronews. 22. Juli 2021, abgerufen am 25. Juli 2021 (argentinisches Dekret).
- ↑ Meldung: Neue Ausweise berücksichtigen nicht-binäre Geschlechtsidentität. In: Nachrichtenpool Lateinamerika. 23. Juli 2021, abgerufen am 25. Juli 2021.
- ↑ Sabine Hannakampf: Kolumbien wird divers. In: Maenner.Media. 7. März 2022, abgerufen am 25. März 2022 („Kolumbiens Verfassungsgericht hat die Aufnahme der Kategorie ‚nicht-binär‘ in kolumbianischen Ausweisdokumenten angeordnet“).
- ↑ Meldung: Durchbruch: Freie Geschlechtswahl in Chile. In: Queer.de. 13. September 2018, abgerufen am 26. Juli 2021.
- ↑ Uruguayischer Gesetzestext: Ley integral para personas trans. Uruguayisches Ministerium für soziale Entwicklung, 26. Oktober 2018 (spanisch; PDF: 4 MB, 10 Seiten auf presidencia.gub.uy).