Hass (Film)

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Film
Deutscher Titel Hass
Originaltitel La Haine
Produktionsland Frankreich
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 1995
Länge 96 Minuten
Altersfreigabe FSK 12[1]
Stab
Regie Mathieu Kassovitz
Drehbuch Mathieu Kassovitz
Produktion Christophe Rossignon
Musik Assassin
Kamera Pierre Aïm
Schnitt Mathieu Kassovitz,
Scott Stevenson
Besetzung

Hass (frz. Originaltitel La Haine [la ɛn]) ist ein französischer Spielfilm von Mathieu Kassovitz aus dem Jahr 1995. Der Film, der das trostlose Leben in den Banlieues Frankreichs schildert, ist in Schwarz-Weiß gedreht. Er zeigt 24 Stunden im Leben der drei jugendlichen Hauptfiguren, deren Welt von Gewalt, Diskriminierung, Rassismus, Perspektivlosigkeit, Drogen und Schikanen durch die Polizei geprägt ist.

Handlung

Der Film beginnt mit folgenden Worten: „Dies ist die Geschichte von einem Mann, der aus dem 50. Stock von ’nem Hochhaus fällt. Während er fällt, wiederholt er, um sich zu beruhigen, immer wieder: ‚Bis hierher lief’s noch ganz gut, bis hierher lief’s noch ganz gut, bis hierher lief’s noch ganz gut…‘. Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung!“

Der Film erzählt 24 Stunden im tristen, perspektivlosen Leben des Arabers Saïd, des Juden Vinz und des Schwarzen Hubert, drei befreundete Jugendliche, welche in der Pariser Banlieue Chanteloup-les-Vignes leben und jeweils eine der benachteiligen Minderheiten der französischen Gesellschaft repräsentieren. Der Film setzt zu einem Zeitpunkt in das Geschehen ein, als es in dem von Armut, Einwanderung und Kriminalität geprägten Viertel nur ein Thema gibt: die Krawalle zwischen Einwohnern des Viertels und der Polizei in der letzten Nacht. Ausgelöst wurden diese, nachdem während einer Routinekontrolle der Polizei Abdel, „ein Junge aus ihrem Viertel“, lebensgefährlich verletzt wurde und nun im Koma liegt. Vinz findet während der Krawalle den verlorengegangenen Revolver eines Polizisten und nimmt sich vor, einen Beamten zu töten, sollte Abdel sterben. Die Tatsache, dass ein Beamter seine Waffe verloren hat, spricht sich im Viertel und den Medien schnell herum, nur wer der Finder ist, bleibt Geheimnis der drei Hauptfiguren.

Vinz trägt die Waffe, nachdem er sie anfänglich versteckt hatte, fortan immer bei sich, was zu mehreren gefährlichen Situationen sowohl zwischen den dreien und der Polizei als auch mit anderen Personen führt. Dieser Umstand führt zu einem Konflikt in der Gruppe, welcher vor allem zwischen Hubert und Vinz durch mehrere Diskussionen und zeitweilige Trennungen ausgetragen wird. Hubert zeigt sich noch als der Reflektierteste, Vernünftigste der drei und betont, dass er das Leben in der Banlieue satt hat und die Vorstadt verlassen will. Bei einem gemeinsamen Besuch in Paris werden Saïd und Hubert von der Polizei wegen Ruhestörung festgenommen, Vinz kann flüchten. Die Beamten misshandeln und schikanieren Saïd und Hubert und sorgen dafür, dass sie ihren letzten Zug in ihr Viertel verpassen. Im Bahnhof treffen sie auch Vinz wieder, der auf sie gewartet hat.

Sie gehen dann gemeinsam auf Entdeckungstour durch die Stadt, stören eine Vernissage, versuchen ein Auto zu knacken, was ihnen nach Anlaufschwierigkeiten auch gelingt – um dann allerdings festzustellen, dass keiner von ihnen fahren kann. Im Forum des Halles erfahren sie dann, dass Abdel im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen ist. Vinz’ Rachegelüste führen daraufhin zu einem Streit über die Waffe. Hubert und Saïd trennen sich fürs Erste von Vinz. Später treffen sie auf eine Gruppe Neonazis und werden nur durch den Einsatz von Vinz’ Waffe gerettet. Die Situation spitzt sich damit weiter zu.

Am Morgen kommen die drei zurück in ihr Viertel und verabschieden sich von Hubert, dabei übergibt Vinz die Waffe an diesen. Hubert entfernt sich in entgegengesetzter Richtung von Vinz und Saïd. Vor den beiden hält ein Polizeiauto und Vinz wird von einem Polizisten, der schon mehrmals vorher im Film als kompromisslos und provozierend in Erscheinung trat, mit einer Waffe bedroht. Der Polizist hält die Waffe an Vinz’ Kopf und beschimpft ihn, dass er ohne seine Gang, seine Kollegen, nichts sei. Unbeabsichtigt drückt der Polizist den Abzug seiner Waffe: Vinz wird durch einen Kopfschuss getötet. Hubert, der Träger der Waffe, war schon beim Anhalten des Polizeiautos misstrauisch geworden und zurück in ihre Richtung gelaufen. Entsetzt beobachtet er den Tathergang und hält dem Polizisten, nach einiger Zeit des Begreifens, die Waffe an den Kopf. Der Polizist richtet die Waffe auch auf Hubert. Die Kamera zoomt auf Saïd, der auf der anderen Seite des Streifenwagens steht und die Augen schließt. Man hört einen Schuss. Wer geschossen hat, erfährt der Zuschauer nicht.

Kritiken

  • Lexikon des internationalen Films: „Eine bedrängende Exkursion in das Leben der „Banlieue“ Vorstädte, in denen die Jugendlichen einer hoffnungslosen Zukunft entgegengehen. Die präzise Inszenierung analysiert schonungslos die soziale Zeitbombe und verdichtet dabei ihre zentralen Themen von Gewalt und ihren Folgen, Solidarität und Ohnmacht in eindringlichen Bildern.“[2]
  • epd Film: „Kassovitz beherrscht die Mittel eines Spike Lee und notfalls die Clip-Ästhetik, um eindringlich auf Verhältnisse hinzuweisen, die sich als Zeitbombe erweisen könnten,“ 11, 1995, zit. nach: Leokino Cinematograph, 205, Dezember 1995

Auszeichnungen

Hass gilt als Meilenstein des französischen Kinos der 1990er und gewann unter anderem beim Filmfestival in Cannes 1995 die Auszeichnung für den besten Regisseur.[3]

Konzeption

Der Film wurde in Anlehnung an ein reales Ereignis gedreht. 1993 wurde während eines Verhörs auf einem Polizeirevier in einer der Banlieues ein sechzehnjähriger Zairer namens Makomé Bowole von einem Polizisten durch einen Schuss in die Schläfe getötet. Bowole war zu diesem Zeitpunkt mit Handschellen an einen Heizkörper gefesselt. Die Ausschnitte am Anfang des Filmes sind echte Videos der Krawalle, die sich in Folge ereigneten.

Der Film des damals 28-jährigen Regisseurs Mathieu Kassovitz erinnert an Filme wie Z oder Boyz n the Hood. Hass wurde durchgehend in schwarz-weiß gedreht.

Er zeigt die Spirale aus Gewalt – ausgehend von beiden Seiten und sich unkontrollierbar durch Taten, Gerüchte und Worte steigernd. Der Hass beider Seiten aufeinander war und ist so unüberwindbar groß, dass es zwangsläufig zur Explosion in Form von Gewalttaten kommen musste.

Der Soundtrack wird von französischen und afrikanischen Rap-Bands gestaltet, deren Musik die bedrohliche und dunkle Stimmung der Bilder noch verstärkt. Ein Nebeneffekt der Veröffentlichung war, dass durch den internationalen Erfolg des Filmes die französische Hip-Hop-Szene auch über die Landesgrenzen hinaus einen höheren Bekanntheitsgrad erlangte. Der französische Rapper Joey Starr ist in seiner ersten Filmrolle zu sehen.

In einer Szene wird die berühmte Taxi-Driver-Spiegelszene adaptiert – Vinz steht mit freiem Oberkörper im Bad und liefert sich ein Rede-„Duell“ mit seinem Spiegelbild.

Regisseur Mathieu Kassovitz hat selbst einen kleinen Auftritt. Er verkörpert im Film einen der Skinheads.

Nachfolger

1997 erschien Brennender Asphalt (franz. orig. Ma 6-T va crack-er) von Jean-François Richet. Der Film erzählt die Vorgeschichte von Hass, lief aber nur wenige Tage in den Kinos von Paris, weil befürchtet wurde, dass der Streifen zu Randale anstifte.[4]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Hass. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, August 2006 (PDF; abgerufen am 24. Dezember 2017).
  2. Hass. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.
  3. Festival de Cannes: La haine. In: festival-cannes.com. Archiviert vom Original am 7. Juli 2011; abgerufen am 4. September 2009.
  4. Brennender Asphalt. In: cinema. Abgerufen am 12. August 2016.