Lachkonserve
Als Lachkonserve, Lachorgel, Lachmaschine, Lachspur oder Plastiklacher (engl. laugh track, canned laughter oder laugh machine), bezeichnet man ein auf Tonband aufgenommenes Lachen, das insbesondere bei Sitcoms im Anschluss an eine Pointe eingespielt wird.
Geschichte und Besonderheiten
Erstmals wurde eine Lachkonserve in der Hank McCune Show im September 1950 verwendet.[1][2] Der Einsatz erfolgte aus der Annahme, dass Menschen, die allein fernsehen, nicht lachen würden und durch eine Lacheinspielung dazu animiert werden müssten.
Lachen kann ansteckend sein.[3] Dadurch wird die gesehene Sendung als lustig empfunden, was die Seherbindung an das Programm erhöht, die Einschaltquote verbessert und die Zapping-Quote verkleinert.[4] All das beeinflusst Werbeeinnahmen positiv.
Um das Lachen authentischer und individueller erscheinen zu lassen, werden viele Sitcoms vor Publikum aufgezeichnet. In die Tonspur gelangen so auch Applaus, Zwischenrufe und Ausdruck der Überraschung, des Erstaunens oder Enttäuschung, wie zum Beispiel Stöhnen. Die Reaktionen eines anwesenden Publikums soll für den Fernsehzuschauer den gleichen Zweck erfüllen wie Konserven.
Gleichzeitig erfüllt das Live-Publikum aber auch eine wichtige Funktion insbesondere bei der Produktion so genannter Multi-camera-Sitcoms, die nach dem Vorbild einer Broadway-Show gestaltet sind. So arbeiten die Schauspieler direkt mit der Reaktion des Publikums, um Pointen möglichst effektiv zu platzieren. Auch bei der Erstellung der Schnittfassung wird berücksichtigt, welche Szenen beim Publikum besonders gut ankamen. Mitunter werden Szenen auch direkt auf der Studiobühne umgeschrieben, wenn das Publikum anders reagiert als erwartet[5].
Bei der Synchronisation solcher Aufzeichnungen muss häufig auf Lachkonserven zurückgegriffen werden, da es durch die Übersetzung oft zu anderen Längen der Dialoge kommt und somit das Lachen des Studiopublikums im Original zeitlich nicht mehr passt. Mit Applaus, Zwischenrufen und dergleichen wird ebenso verfahren.
Eingespieltes Lachen wird als Beispiel für Interpassivität geführt.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigte, dass eingespielte Lacher Filmmaterial tatsächlich lustiger erscheinen lassen. Dies funktioniert sogar, wenn der gezeigte Inhalt eigentlich eine andere Valenz hat (z. B. als beängstigend erlebt wird). Dagegen führt das Einspielen von anderen Emotionen zu keiner erlebten Steigerung der entsprechenden Emotion (z. B. führen eingespielte Angstschreie nicht zu mehr Angst bei den Zuschauern).[6]
Bei Studioaufnahmen oder Videoclips werden nicht nur Lacher eingespielt, sondern auch Applaus.[7]
Insbesondere auf YouTube kursieren Schnittversionen von bekannten Sitcoms, aus denen das Gelächter entfernt wurde. Hierbei handelt es sich aber meist nicht um die tatsächliche Darbietung der Schauspieler, sondern anstelle des Gelächters werden künstliche Pausen eingefügt, die das Timing der Szenen und damit die Wirkung der Szenen komplett verändern.[8]
Zur Jahrtausendwende wurden zwei markante Lachkonserven produziert, welche bis heute teilweise noch im Einsatz von US-Sitcoms sind.
Die erste Lachspur wurde für die amerikanische TV-Staffel 1999/2000 produziert und anschließend auch eingeführt. Diese enthält überwiegend stetige Lacher, vereinzelt kann aber in manchen Lachspuren ein auffallendes Lachen von einer vermutlich männlichen und jugendlichen Person wahrgenommen werden. Diese Lachkonserven werden aufgrund ihrer relativ geringen "Flexibilität" nur vereinzelt in US-Sitcoms eingespielt, jedoch gibt es auch Serien, welche nur diese Lacher verwenden z. B. die Sitcom The Big Bang Theory.
Die zweite und auch am häufigsten verwendete Lachkonserve in US-Sitcoms wurde für die amerikanische TV-Staffel 2000/2001 produziert. Aufgrund ihrer Flexibilität (kurze Lacher, lange Lacher) galt diese Lachspur als die meisteingespielte in US-Sitcoms. Da einige dieser Lacher deutlich hervorstechen bei genauerem Hinhören, gilt diese Lachkonserve als eine der bekanntesten überhaupt. Auf YouTube existieren dutzende Ausschnitte dieser Lachkonserve. Dadurch, dass aber die Lachkonserven auf YouTube zum Jahreswechsel 2013/14 veröffentlicht wurden, werden diese seit ca. 2014 oder 2015 nicht mehr in US-Sitcoms genutzt. Seitdem greift man wieder auf die o. g. Lachkonserve aus dem Zeitraum 1999/2000 zurück.
Beispiele
Einige bekanntere Sitcoms mit Lachkonserven in der deutschen Synchronisation:
Bei einigen wenigen in Deutschland bekannten Sitcoms wurden im Originalton Lachkonserven benutzt:
- Alf
- Eine schrecklich nette Familie (bis Folge 1.12)
Besonders in den 1960er und 1970er Jahren wurden in den Vereinigten Staaten häufig Lachkonserven eingesetzt, allerdings wurden diese nur selten in Deutschland ausgestrahlt.
Synchronisation ohne Lachspuren
Bei manchen Sitcoms, bei denen im Originalton Lachspuren verwendet worden waren, wurde bei der deutschen Synchronisation auf Lachkonserve verzichtet. Beispiele sind:
- Bezaubernde Jeannie
- Die Bill Cosby Show (von 1987 bis 1989, als die Serie im ZDF als Bill Cosbys Familienbande lief)
- Die Dinos (Lachspuren wurden durch Popularitätswuchs auch in den USA herausgenommen, was noch vor der deutschen Erstausstrahlung war)
- Männerwirtschaft
- M*A*S*H
- Mein Vater ist ein Außerirdischer
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Uwe Kreisel: KulturSchlüssel USA. (Andere Länder entdecken & verstehen). Hueber, Ismaning 2003, ISBN 3-19-006000-2, S. 110.
- ↑ Billy Ingram: TVparty! Television's Untold Tales. Bonus Books Inc, Chicago IL 2002, ISBN 1-56625-184-2, S. 17.
- ↑ Veronika Opletalová: Komik und Intentionalität im Bild. Vydavatelství Filozofické fakulty Univerzity Palackého v Olomouci, 2015, ISBN 978-80-87895-37-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Stefan Fuchs: Spielfilme im Fernsehen. BoD – Books on Demand, 2010, ISBN 978-3-89936-909-0, S. 20 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Emily Todd VanDerWerff: Do sitcoms taped before a studio audience have a future? Abgerufen am 11. Juli 2019 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Baranowski, A. M., Teichmann, R., & Hecht, H. (2017). Canned Emotions. Effects of Genre and Audience Reaction on Emotions. Art & Perception 5, 312-336.
- ↑ Carsten Heinze: Populäre Musikkulturen im Film. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-658-10896-0, S. 207 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Jason Hellerman: In Defense of the Laugh Track. In: No Film School. 27. Februar 2019, abgerufen am 11. Juli 2019 (englisch).