Landgericht Straßburg
Das Landgericht Straßburg war 1871 bis 1918 eines von sechs deutschen Landgerichten im Reichsland Elsaß-Lothringen mit Sitz in Straßburg.
Geschichte
Reichsland Elsaß-Lothringen
Nach der Abtretung Elsass-Lothringens im Frieden von Frankfurt an das Deutsche Reich 1871 wurde die Gerichtsstruktur mit dem Gesetz, betreffend Abänderung der Gerichtsverfassung vom 14. Juli 1871 und der Ausführungsbestimmung hierzu vom gleichen Tag neu geregelt.[1][2] Die bestehenden Arrondissementsgerichte wurden aufgehoben und Landgerichte als Gerichte erster Instanz eingerichtet. Das Landgericht Straßburg war dem Oberlandesgericht Colmar nachgeordnet. Der Landgerichtsbezirk umfasste den Bezirk des Arrondissementsgerichts Weißenburg, den Bezirk des Arrondissementsgerichts Straßburg ohne die Kantone Molsheim und Wasselnheim, aus dem Bezirk des Arrondissementsgerichts Zabern den Kanton Hochfelden und aus dem Bezirk des Arrondissementsgerichtes Schlettstadt den Kanton Benfeld-Erstein.
Am Landgericht Straßburg wurde ein Schwurgericht eingerichtet, das für die Landgerichtsbezirke Straßburg und Zabern zuständig war.
Zum 1. Oktober 1879 traten die Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes in Kraft. Die Eingangsgerichte, die in Frankreich die Bezeichnung Friedensgericht getragen hatten, wurden nun einheitlich im Reich zu Amtsgerichten.
Dem Landgericht waren folgende Amtsgerichte nachgeordnet:
Quelle siehe [5]
Das Gericht hatte 1880 einen Präsidenten, zwei Direktoren und elf Richter und war für etwa 350.000 Einwohner zuständig.
Mit der Reannexion Elsass-Lothringens durch Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg 1918 wurde wieder die französische Gerichtsorganisation eingeführt.
Deutsche Besetzung 1940–1944
Nach Eroberung des Elsaß und Lothringens im Sommer 1940 wurde eine deutsche Zivilverwaltung unter CdZ Robert Wagner eingerichtet, wobei bei der Gerichtsstruktur im Wesentlichen auf die Strukturen von 1918 zurückgegriffen wurde. Die bisherigen Kantonsgerichte wurden in Amtsgerichte, die bisherigen Gerichte 1. Instanz in Landgerichte umgewandelt. Das Landgericht Straßburg war dem Oberlandesgericht Kolmar unterstellt.[6] Ab 1. November 1941 galten in Elsaß und Lothringen zudem das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozessordnung.
Die Gebiete, die einem CdZ unterstellt waren, wurden zwar wie Reichsgebiet behandelt, aber nicht annektiert und gehörten deswegen nicht zum Reich. Trotzdem wurde bereits zu Beginn des Jahres 1941 eine Strafkammer für politische Strafsachen und Kriegsstrafrecht am Landgericht Straßburg eingerichtet. Sie war der Vorläufer des Sondergerichts für das Elsaß, das Anfang 1942 in Straßburg eingerichtet wurde und zahlreiche Todesurteile gegen Regime-Gegner fällte. 1943 wurde allerdings auch der Kreisleiter von Rappoltsweiler (heute: Ribeauvillé) dafür vom Sondergericht Straßburg Walther Kirn als Volksschädling zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt.[7] Zum Ende des Jahres 1944 brach die deutsche Besatzung mit dem Vorrücken der Alliierten zusammen. Die alte Gerichtsorganisation wurde wieder hergestellt.
Literatur
- Carl Pfaffenroth: Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung, 1880, S. 417–418, online
Einzelnachweise
- ↑ Gesetz, betreffend Abänderung der Gerichtsverfassung vom 14. Juli 1871, Gesetzblatt für Elsass-Lothringen Nr. 5, 1871, S. 165 ff., online
- ↑ Verordnung zur Ausführung des Gesetzes, betreffend Abänderung der Gerichtsverfassung vom 14. Juli 1871, Gesetzblatt für Elsass-Lothringen Nr. 5, 1871, S. 169 ff.
- ↑ 1880
- ↑ Das Amtsgericht Erstein wurde erst durch Verordnung vom 1. September 1891 für den Bezirk des Kantons Erstein (ohne die Gemeinde Westhausen) mit Wirkung zum 1. Oktober 1891 errichtet.Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen 1891, Nr. 16, S. 104
- ↑ Michael Rademacher: Olg_colmar. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
- ↑ Heinz Boberach, Rolf Thommes, Hermann Weiß, Werner Röder, Christoph Weisz (Hrsg.): Ämter, Abkürzungen, Aktionen des NS-Staates. Handbuch für die Benutzung von Quellen der nationalsozialistischen Zeit. Amtsbezeichnungen, Ränge und Verwaltungsgliederungen, Abkürzungen und nichtmilitärische Tarnbezeichnungen. De Gruyter, 1997, S. 175. ISBN 978-3-598-11271-3.
- ↑ Herwig Schäfer: Juristische Lehre und Forschung an der Reichsuniversität Strassburg 1941-1944. Mohr Siebeck, 199, S. 25.