Landsmannschaft Ostpreußen
Die Landsmannschaft Ostpreußen e. V. (kurz: LO) mit Sitz in Hamburg ist ein unabhängiger, überkonfessioneller und überparteilicher Vertriebenenverband. Sie wurde am 3. Oktober 1948 von heimatvertriebenen und geflüchteten Ostpreußen in Hamburg gegründet. Die LO ist Mitglied im Bund der Vertriebenen (BdV). Ihr Sprecher ist seit 2010 Stephan Grigat. Die LO ist als gemeinnützig anerkannt und wird nicht mit öffentlichen Geldern gefördert.
Aktivitäten
Die Landsmannschaft Ostpreußen ist vor allem in der grenzüberschreitenden Kultur- und Begegnungsarbeit sowie in der historischen und politischen Publizistik tätig. Zu den politischen Anliegen und Aktivitäten der Landsmannschaft in der jüngeren Vergangenheit gehörten die Schaffung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin, möglichst unter Mitwirkung der ehemaligen BdV-Präsidentin Erika Steinbach, die Durchführung deutsch-polnischer Kommunalpolitischer Kongresse sowie Deutsch-Russischer Foren, die Erhaltung und die Weiterentwicklung des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg und des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen. Im Jahre 2009 errichtete die Landsmannschaft außerdem aus ihren Rücklagen die Stiftung Zukunft für Ostpreußen mit Sitz in Hamburg.
In den Jahren nach der Wende und friedlichen Revolution in der DDR von 1989/90 hat die Landsmannschaft Ostpreußen, oft in Kooperation mit dem Lazarus Hilfswerk oder der Johanniter Unfallhilfe, 21 Sozialstationen mit Kleiderkammern und Apotheken im heute zu Polen gehörigen Teil Ostpreußens eingerichtet. Sie hat in dieser Zeit zahlreiche Hilfsgütertransporte für Krankenhäuser, Kinder- und Altersheime organisiert und finanziert, Wolfskinder, besonders in Litauen, unterstützt, ebenso wie Kindergärten und Schulen, unter anderem durch Schulspeisungen; diese Aktivitäten sind aber wegen der wirtschaftlichen Entwicklung Polens in den vergangenen Jahren in den Hintergrund getreten.
Die höchste Auszeichnung, die die LO vergibt, ist der Preußenschild.
Ziele
Laut ihrer geltenden Satzung vom November 2015 versteht sich die Landsmannschaft Ostpreußen als „Dachorganisation der heimatvertriebenen Ostpreußen, deren Nachkommen und aller, die sich Ostpreußen und seiner Geschichte besonders verbunden fühlen“. Zu den Satzungsmäßigen Zielen der Landsmannschaft gehören:
- die Wahrung des kulturellen Erbes Ostpreußens,
- die Fürsorge für die Vertriebenen und die Angehörigen der deutschen Volksgruppe in der ostpreußischen Heimat
- das Recht auf Selbstbestimmung „als ein jedem Volk unantastbares Recht“
- das „friedliche Zusammenleben der Völker auf dem Boden des Rechts, nicht der Gewalt“
- die europäische Einigung in Frieden und Freiheit sowie die
- umfassenden Volksgruppenschutz für alle ethnischen Minderheiten in Europa.
Die Satzung enthält an mehreren Stellen ein Bekenntnis zum Völkerrecht, aber keine (explizite) Forderung nach Eigentumsrückgabe oder Entschädigung. In der Satzung wird auch nicht die Rückgliederung ehemals ostpreußischen Gebietes an Deutschland gefordert.
Mitgliedschaft und Organe
Die Landsmannschaft Ostpreußen besteht aus:
- 38 Heimatkreisgemeinschaften, entsprechend den historischen Landkreisen Ostpreußens
- 16 Landesgruppen, entsprechend den 16 Ländern, mit insgesamt etwa 420 Orts- und Kreisgruppen und der
- Arbeitsgemeinschaft Bund Junges Ostpreußen (BJO).
Neben diesen korporativen Mitglieder kann die Landsmannschaft laut Satzung persönliche Mitglieder aufnehmen.
Die Landsmannschaft Ostpreußen hat zwei Organe, die Ostpreußische Landesvertretung (OLV) sowie den Bundesvorstand. Die OLV tagt üblicherweise einmal jährlich. Sie hat mit Ausschüssen und Präsidium eine parlamentsähnliche Struktur, im Sinne des Vereinsrechts ist sie die Mitgliederversammlung der LO. Ein weiteres Gremium der LO ist das Schiedsgericht.
Die LO gibt außerdem als Organ die rechtskonservative bis neurechte Wochenzeitung Preußische Allgemeine Zeitung (bis 2003: Das Ostpreußenblatt) heraus.
BJO
Im Februar 2000 wurde der Bund Junges Ostpreußen, die offizielle Jugendorganisation des Verbands, gegründet. Der früheren Jugendorganisation Junge Landsmannschaft Ostpreußen (heute: Junge Landsmannschaft Ostdeutschland) wurde dieser Status aufgrund ihrer rechtsextremen Ausrichtung aberkannt, woraufhin sie sich dem Witikobund anschloss.[1] Der Bund Junges Ostpreußen hat ca. 1000 Mitglieder. Bundesvorsitzender ist Tobias Link. Der BJO setzt sich unter anderem für die Völkerverständigung junger Menschen ein und ist sowohl in der Bundesrepublik als auch in Ostpreußen mit Seminaren, Freizeiten, Bildungsveranstaltungen und Begegnungen polnischer, russischer und deutscher junger Menschen aktiv. Auch die Kriegsgräberfürsorge in Ostpreußen – oft gemeinsam mit polnischen Jugendlichen – gehört zu den Tätigkeiten des BJO. Der Verband setzt sich für die Erinnerung an die deutsche Geschichte Ostpreußens und die Kontaktpflege zu seinen heutigen Bewohnern ein.[2]
Sprecher (Vorsitzende)
- 1948–1951: Ottomar Schreiber, ab 1951 Ehrenpräsident
- 1952–1966: Alfred Gille
- 1966–1971: Reinhold Rehs
- 1971–1974: Joachim Freiherr von Braun
- 1974–1979: Hans-Georg Bock
- 1979–1990: Ottfried Hennig (ab 1982 Staatssekretär beim Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen)
- 1990–1992: Harry Poley
- 1992–2010: Wilhelm von Gottberg
- seit 6. November 2010: Stephan Grigat
Bierut-Dekrete
Im Vorfeld der EU-Osterweiterung forderte die Landsmannschaft die Rücknahme der „Bierut-Dekrete“. Diese Dekrete stellten, ähnlich wie die Beneš-Dekrete in der ehemaligen Tschechoslowakei, die völkerrechtswidrigen Vertreibungen, Enteignungen und Misshandlungen der deutschen Bevölkerung in Ostpreußen, Schlesien, Pommern und Ost-Brandenburg unter Straffreiheit.
Siehe auch
Literatur
- Jürgen Danowski: Das Polenbild der „Landsmannschaft Ostpreussen“. Würzburg, Univ., Fachbereich Rechtswiss., Diss., 1978.
Weblinks
- Literatur von und über Landsmannschaft Ostpreußen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Landsmannschaft Ostpreußen
- Bund Junges Ostpreußen
Einzelnachweise
- ↑ Stephan Braun, Daniel Hörsch (Hg.): Rechte Netzwerke – eine Gefahr. VS, Wiesbaden 2004, ISBN 3-8100-4153-X, S. 40.
- ↑ „Geschichte nicht vergessen“. 18. Mai 2014, abgerufen am 5. Mai 2019.