Leibzoll

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Schaffhauser Dicken (aus der Sammlung des Jüdischen Museums der Schweiz) aus dem Jahr 1617.[1] Der Wert dieser Münze entspricht dem Leibzoll von 24 Kreuzern, den Juden ab 1676 zahlen mussten, um sich in Schaffhausen aufzuhalten.

Der Leibzoll, auch Leibmaut genannt[2] oder Judengeleit,[3] war eine im alten deutschen Reich erhobene Geleitsabgabe, die reisende Juden beim Überschreiten einer territorialen Zollgrenze für ihren persönlichen Schutz und damit für ihre körperliche Unversehrtheit zu entrichten hatten.

Geschichte

Die Bezeichnung „Leibzoll“ wurde auch für die Zollpflichtigkeit von Vieh verwendet. Auch deshalb wurde die Abgabe häufig als unwürdig empfunden. Im Vest Recklinghausen betrug gemäß dem Zolltarif von 1786 der Leibzoll 3 Stüber.[4] Auf dem Druck des Erlasses von Kurfürst Maximilian Franz von Österreich, mit dem der vestische Zolltarif von 1786 bekanntgemacht wurde, war die Zeile zum Leibzoll („Ein Jude zahlt 3 Stbr.“) zwischen den Zeilen des Zolltarifs für ein Rind (1 Stüber) und ein Ohm Wein (7 Stüber) eingefügt.

Formal war der Leibzoll ein Ausfluss des Geleitrechts, das als Regal (Judenregal) an die Landesherren übergegangen war. Der Leibzoll zog also eine Gegenleistung, nämlich den Schutz durchreisender bzw. nicht ansässiger Juden nach sich. Er ist in dieser Form vom Juden-Schutzgeld zu unterscheiden, das von ansässigen Juden entrichtet werden musste.

Wolf Breidenbach war ein deutscher Bankier und Hoffaktor und gilt als der Urheber der Ablösung des Leibzolles.[5] Der Leibzoll wurde – je nach Ort – bis 1806/1823 erhoben.

Literatur

  • Michael Silberstein: Wolf Breidenbach und die Aufhebung des Leibzolls in Deutschland, mit besonderer Rücksicht auf Nassau, zumeist nach archivalische Urkunden. In: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Jg. 5 (1892), Heft. 2, S. 126–145 (online).
  • Michael Silberstein: Zur Aufhebung des Leibzolls in Nassau. Ein Nachtrag. In: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Jg. 5 (1892) Heft 3, S. 335–347 (online).
  • Siegfried Silberstein: Mecklenburg voran in Abschaffung des Judenleibzolls. In: Im deutschen Reich. Zeitschrift des Centralvereins Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens, Jg. 24 (1918), Heft 10, S. 392–396.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Augusta Weldler-Steinberg: Geschichte der Juden in der Schweiz. Vom 16. Jahrhundert bis nach der Emanzipation. Hrsg.: Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund. Band 1, 1966, S. 71.
  2. Deutsches Rechtswörterbuch: Art. Leibmaut, abgerufen am 9. Juli 2022.
  3. Richard Gottheil, Gotthard Deutsch, Herman Rosenthal: LEIBZOLL or JUDENGELEIT in der Jewish Encyclopedia, abgerufen am 11. Juli 2022.
  4. Werner Koppe: Das vestische Zollwesen gegen Ende des 18. Jahrhunderts. In: Vestischer Kalender, Jg. 55 (1984), S. 54–57, hier S. 55.
  5. Michael Silberstein: Wolf Breidenbach und die Aufhebung des Leibzolls in Deutschland. In: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Jg. 5 (1892), Heft. 2, S. 126–145.