Lills Methode

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Lills Methode (nach Eduard Lill) ist ein graphisches Verfahren zur Bestimmung der Nullstellen eines Polynoms.

Zu einem gegebenen Polynom werden von einem gemeinsamen Punkt ausgehend zwei Polygonzüge mit und Streckenabschnitten konstruiert, enden diese in einem gemeinsamen Punkt, so ist der negative Tangens ihres Schnittwinkels am gemeinsamen Ausgangspunkt eine Nullstelle des Polynoms.

Polynom und die zugehörigen Polygonzüge mit gefundener Nullstelle
Polygonzüge und Nullstellen für das Polynom
Man beachte, dass, wenn eine Gerade des zweiten Polygonzugs die zugehörige Gerade einer Strecke aus dem ersten Polygonzugs genau in deren Endpunkt schneidet, der zweite Polygonzug dann nicht in einem rechten winkel abbiegt, sondern weiter geradeaus verläuft. Dies liegt daran, dass die hier zu konstruierende Senkrechte die nächsten Strecke im selben Punkt schneidet und die dort zu errichtende Senkrechte damit einer Verlängerung der ursprünglichen Geraden wird.

Der Polygonzug mit Strecken wird zuerst konstruiert und ergibt sich aus den Koeffizienten des Polynoms . Zunächst sei vorausgesetzt, dass alle Koeffizienten positiv sind. Von einem beliebigen Anfangspunkt ausgehend verläuft der erste Streckenabschnitt um Längeneinheiten nach rechts, der nächste biegt dann im rechten Winkel links ab und ist Längeneinheiten lang. An seinem Ende biegt der nächste Streckenabschnitt erneut links ab und man setzt dies Verfahren für alle Koeffizienten fort. Man erhält so einen Viererzyklus von rechts, aufwärts, links, abwärts, der jedem Koeffizienten eine dieser vier Richtungen zuordnet. Ist ein Koeffizient nun negativ, so bewegt man sich entgegen der dem Koeffizienten durch den Zyklus zugeordneten Richtung.

Polynom und die zugehörigen Polygonzüge ohne gefundene Nullstelle

Der zweite Polygonzug wird basierend auf einem Ausgangswinkel und dem ersten Polygonzug konstruiert. Man wählt eine Gerade so, dass sie mit dem ersten Streckenabschnitt des ersten Polygons den vorgegebenen Ausgangwinkel bildet. Dann schneidet man diese Gerade mit der Geraden, auf der der zweite Streckenabschnitt des ersten Polygonzugs liegt. Dieser Schnittpunkt bildet mit dem Ausgangspunkt den ersten Streckenabschnitt des zweiten Polygonzugs. In diesem Schnittpunkt errichtet man nun die Senkrechte und berechnet deren Schnittpunkt mit der Geraden, auf der der dritte Streckenabschnitt des ersten Polygonzugs liegt und hat damit den zweiten Streckenabschnitt des zweiten Polygonzugs erhalten. Man fährt nun so fort, bis man beim letzten Streckenabschnitt des ersten Polygonzugs angelangt ist. Trifft man dort genau auf dessen Endpunkt, das heißt, der Schnittpunkt der letzten Senkrechten des zweiten Polygonzugs schneidet die Gerade, auf der der letzte Streckenabschnitt des ersten Polygonzugs liegt, genau in dessen Endpunkt, so hat man eine Nullstelle gefunden und ihr Wert entspricht dem negativen Tangens des Winkels am Ausgangspunkt. Trifft man nicht auf den Endpunkt des letzten Streckenzuges des ersten Polygonzugs, so hat man keine Nullstelle gefunden und man konstruiert daher einen neuen zweiten Polygonzug mit einem anderen Ausgangswinkel. Durch geschickte Variation des Ausgangswinkels lassen sich so theoretisch alle Nullstellen ermitteln.

Wendet man Lills Methode in einer leicht modifizierten Form auf eine normierte quadratische Funktion an, so erhält man eine Herleitung des Carlyle-Kreises (siehe dort).

Literatur

  • Dan Kalman: Uncommon Mathematical Excursions: Polynomia and Related Realms. AMS, 2009, ISBN 978-0-88385-341-2, S. 13–22
  • Rainer Kaenders (Hrsg.), Reinhard Schmidt (Hrsg.): Mit GeoGebra mehr Mathematik verstehen. Springer Spektrum, 2. Auflage, 2014, ISBN 9783658042226, S. 71–75
  • Thomas C. Hull: Solving Cubics With Creases: The Work of Beloch and Lill. American Mathematical Monthly, April 2011, S. 307–315 (Online-Kopie)
  • Eduard Lill: Résolution graphique des équations numériques de tous les degrés à une seule inconnue, et description d’un instrument inventé dans ce but. Nouvelles Annales de mathématiques (2), Vol. 6, 1867, S. 359–362 (Online-Kopie)
  • Eduard Lill: Résolution graphique des équations algébriques qui ont des racines imaginaires. Nouvelles Annales de mathématiques (2), Vol. 7, 1868, pp. 363–367 (Online-Kopie)

Weblinks

Commons: Lill's method – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien