Lincolnsiedlung (Darmstadt)

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Die Lincolnsiedlung in Darmstadt ist ein am südlichen Stadtrand gelegenes Quartier und gehört zu dem Stadtteil Bessungen. Eine besondere Rolle spielen hierbei die ehemals von der US-Army genutzten Areale, die mit der Konversion eine neue Bedeutung bekommen. Mit dem Abzug der US-Streitkräfte im Jahr 2008 verwaiste die Siedlung. Im Jahr 2014 hat die Konversion begonnen und dauert weiter an. Zum Teil wird auf dem Gebiet neu gebaut. Andere Teile bleiben erhalten und werden saniert. Am Ende soll ein modernes urbanes und verkehrsberuhigtes Quartier mit Platz für 5000 Menschen entstehen.[1]

Geschichte

1954 wurde mit dem Bau der „Lincoln Family Housing“ begonnen. Es entstanden Wohngebäude und soziale Einrichtungen für US-Soldaten und ihre Angehörigen: 33 Gebäudezeilen mit 588 Wohnungen, Schulen, Turnhallen und Kindergärten.

Seit 2008 stehen die Gebäude leer und es wird über neue Nutzungsmöglichkeiten nachgedacht. An Entwicklungskonzepten mangelt es nicht, schließlich verfügt die Siedlung über ein unglaubliches Potenzial und die Nachfrage nach Wohnraum in Darmstadt ist groß.

2014 war es dann so weit: Nach langen Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wurde die Lincoln-Siedlung wiederbelebt. Die BVD New Living GmbH & Co. KG, eine 100-prozentige Tochter der Bauverein AG, nahm die kommunale Erstzugriffsoption der Stadt wahr und erwarb das Quartier von der BImA. Der Vertrag wurde am 29. Juli 2014 unterzeichnet. Die Konversion konnte beginnen.[2]

Planungskonzept

Das Konzept der Lincolnsiedlung soll für mehr Aufenthalts- und Lebensqualität sorgen. Dazu gehören die nach kurzem Fußmarsch erreichbare Straßenbahnhaltestelle sowie ein geplanter Quartierspark. Dort sollen zukünftig Industriegebäude und Büros entstehen. Im Jahr 2014 sind Bestandsgebäude von 1954 teilrenoviert worden und in Sozialwohnungen für Studenten umgewandelt worden.

Insgesamt gibt es 8 Baufelder. Drei Baufelder davon wurden bereits teilrenoviert. Auf den restlichen Baufelder sollen Neubauten, sozial geförderte Miet- und Eigentumswohnungen, entstehen. Die Siedlung kann teilweise durch ein eigenes Heizkraftwerk mit Wärme versorgt werden.[3]

Um den "Verzicht" auf das Auto so einfach wie möglich zu gestalten, wurde ein Mobilitätskonzept entwickelt. Für die multimodale und nachhaltige Mobilität gewann die Siedlung den Deutschen Verkehrsplanungspreis 2018.[4][5]

Folgende Maßnahmen wurden geplant, um einen Umstieg zu erleichtern:

  • Die Radverkehrsanlagen entlang der Heidelberger Straße werden ausgebaut,
  • sichere Übergänge an der Karlsruher Straße sind vorgesehen,
  • seue Straßenbahnhaltestelle am Quartiersplatz mit den Linien 1, 7 und 8,
  • vereinzelte Straßen sind als Tempo-30-Zone ausgebaut,
  • E-Car-Sharing-Angebote werden kostenpflichtig zur Verfügung gestellt,
  • an einer Straße werden zwei Ladesäulen für Elektrofahrzeuge kostenpflichtig zu Verfügung gestellt.

Die geplanten Maßnahmen, wie die Baumaßnahmen für die Straßenbahn, sollen über die Mieten teilfinanziert werden. Zur Finanzierung dient auch die Bewirtschaftung von 17 Parkmöglichkeiten in der Franklinstraße.

Ebenfalls sind pro Wohneinheit einige Fahrradstellplätze im Freien geplant. Der Stellplatzschlüssel von Autos wurde auf 0,65 Plätz je Wohneinheit reduziert. Die Autostellplätze werden in Sammelgaragen für zwei- bis dreistellige, monatliche Mietpreise ausgewählten Mietern begrenzt zur Verfügung gestellt.[6] Aufgrund der drastischen Reduzierung der zur Verfügung gestellten Parkmöglichkeiten fand eine Vergabe der 17 Stellplätze statt. Besucher- und Kurzparkplätze wurden nicht angelegt. Innerhalb eines Abschnittes der Franklinstraße wurden für geplante 5000 Bewohner der Lincolnsiedlung 17 kostenpflichtige Parkmöglichkeiten geschaffen. Im gesamten Siedlungsgebiet wurden Park- bzw. Halteverbotsschilder aufgestellt, um ein Halten oder Parken an nicht gebührenpflichtigen Stellen zu unterbinden. Seitenstreifen, welche als Parkbuchten im Jahre 2016 gebaut und von Anwohnern und Besuchern genutzt werden konnten, werden nun durch Polder und Schikanen versperrt.

Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Nachverfolgung des Baufortschrittes wurden sechs Kameras innerhalb der Siedlung angebracht. Die Überwachung mittels Webcam konnten zeitweise auf der Internetseite der Lincoln-Siedlung eingesehen werden.[7]

Der Zeitbedarf zu ausgewählten Orten innerhalb der Stadt:

Lincoln Wall

Am westlichen Rand der Siedlung befindet sich die Lincoln Wall, die sich über eine Länge von 600 Metern durch die gesamte Linconsiedlung zieht. Die Graffitiwand soll Jugendliche zum kreativen Besprühen einladen. Die Nähe der Sprayer zu den Kinderspielplätzen sowie die Bemalung von Straßen und Hauswänden stellt für viele Bewohner ein häufiges Ärgernis dar. Jedes Jahr wird an der Lincoln Wall die sogenannte Lincoln Wall Jam gefeiert. Diese lautstarken Events werden von der Lincoln Wall Orga in Zusammenarbeit mit dem Jugendforum Darmstadt organisiert. Hierbei kommen mehrere hundert Graffiti-Künstler aus ganz Deutschland in der Lincolnsiedlung zusammen. Die Graffiti der lokalen sowie teils überregionalen und auch internationalen Sprayerszene entstehen hierbei im Siedlungsgebiet.

Parksituation

Die herbeigeführte Verknappung der Parkmöglichkeiten führt häufig zu Streitigkeiten unter den Bewohnern, da aufgrund der fehlenden Alternativen auf bereits vermieteten Flächen illegalerweise geparkt oder Autos eingeparkt werden. Die ursprünglich im Jahre 2016 geschaffenen Parkmöglichkeiten wurden später als Feuerwehreinfahrten gekennzeichnet, sodass die Anwohner auf die entfernteren, neuen Parkplätze ausweichen mussten. Im Jahre 2019 wurden dort breitflächig Parkscheinautomaten aufgestellt und obwohl diese Parkmöglichkeiten explizit für die Anwohner geschaffen wurden, können keine Anwohnerparkausweise ausgestellt werden. Die Anwohner waren folglich gezwungen, auf Grünflächen, am Waldrand oder in kleinen Lücken zwischen Gebäuden, Müllhäusern oder zwischen Fahrradständern Platz zu suchen. Auch diese Orte wurden folglich mit neu installierten Parkverhinderungsmaßnahmen wie Pfosten oder Steinen unterbunden, was keine Parkmöglichkeiten im Umkreis von mehreren hunderten Metern mehr zuließ. Anwohner, die nicht auf ein Auto verzichten können, sind seither also gezwungen, aus der Siedlung wegzuziehen, ihr Auto abzuschaffen, täglich neue Parkscheine zu ziehen oder tägliche Strafzettel in Kauf zu nehmen, da die Bauverein AG damit werben möchte, dass die Lincolnsiedlung als "autoarm" bezeichnet wird, wenn die eigentlich mehr als ausreichenden Parkmöglichkeiten für den neutralen Beobachter anscheinend nicht benötigt werden, obwohl das Gegenteil der Fall ist.

Die Bereitstellung von 17 bewirtschafteten Parkmöglichkeiten auf geplante mehr als 5.000 Bewohner kann zukünftig zu weiteren Spannungen führen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lincoln-Siedlung: Lincoln-Siedlung. Abgerufen am 6. Juni 2019.
  2. Lincoln-Siedlung: Historie. Abgerufen am 6. Juni 2019.
  3. Lincoln-Siedlung: Baufelder. Abgerufen am 6. Juni 2019.
  4. Darmstadt gewinnt Deutschen Verkehrsplanungspreis. In: Darmstädter Echo. 8. Mai 2018, abgerufen am 22. September 2022.
  5. Darmstadt gewinnt mit dem Projekt Lincoln-Siedlung. (PDF) Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL), 7. Mai 2018, abgerufen am 22. September 2022.
  6. Lincoln-Siedlung: Mobilitätskonzept. Abgerufen am 6. Juni 2019.
  7. Lincoln-Siedlung: Webcams in der Lincoln Siedlung. Abgerufen am 7. Oktober 2020.

Koordinaten: 49° 50′ 50″ N, 8° 38′ 37″ O